Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutige Vergeltung

Blutige Vergeltung

Titel: Blutige Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lilith Saintcrow
Vom Netzwerk:
auf einmal wurde mir klar, wie mies diese Bemerkung gewesen war. Immerhin hatte er für mich immer und immer wieder seinen Arsch riskiert, nur um mir zu helfen. „Tut mir 1 …“
    „Ach, halt die Klappe! Ins Hinterzimmer mit euch. Ich hab mir gerade erst einen neuen Rechner zugelegt, damit sind wir in null Komma nichts drin.“
    Er scheuchte uns mit eindeutigem Handwedeln nach hinten, wie eine Bauersfrau, die ihre Hühner zusammentreibt. „Na kommt, Kinder. Sehen wir mal, was Onkel Hutch so alles ausgraben kann.“
    Es ist schon ein Erlebnis, einen untergewichtigen, verklärten Bibliothekar dabei zu beobachten, wie er voll ausgebildete und bewaffnete Jäger wie eine Schar Federvieh vor sich herschubst und stupst. Wäre ich nicht so müde gewesen, hätte ich es lustig gefunden.
    Ungefähr eine Stunde später verließ uns Hutch. Ich hätte ihn zu Galina begleiten sollen, aber jede Sekunde war wertvoll.
    Die folgende halbe Stunde kroch nur so dahin, und wir beide, Leon und ich, lasen uns durch ganze Gebirge von Papier. Er hatte das Material über Argoth übernommen. Ich nahm mir Carps Aktenordner und Bernardinos Statistiken vor – und nebenbei den Stapel, den Hutch über den Flugplatz recherchiert hatte.
    „Die Sache sieht echt beschissen ernst aus“, sagte Leon leise.
    Ich blickte von Carps Ordner hoch. „Wie ernst?“
    Leon tippte auf den dicken, staubzerfressenen Lederwälzer, der vor ihm aufgeschlagen lag. „So ernst, dass mir angst und bange wird, Herzblatt.“ Das Kupfer in seinem Haar schepperte, und er genehmigte sich einen Schluck von der einzigen Sorte Bier, die Hutch auf Lager hatte – von einer Kleinbrauerei, über die Leon die Nase rümpfte. Trotzdem hatte er schon drei davon intus. „Hier steht, dass Argoth schon früher aufgetaucht ist, als Hutch meinte. Die ersten Aufzeichnungen gehen zurück bis 1918. Ein ganzer Posten verstörter Soldaten – dreihundert Mann! – wurde damals ins Krankenhaus eingeliefert, und zwar tot und halb aufgefressen.“
    „Wie liebreizend.“ Es hätte nicht viel gefehlt, und ich hätte mich vor Grauen geschüttelt. „Irgendwelche Augenzeugen?“
    „Ein britischer Jäger glaubt zumindest, dass Argoth es war. Dann taucht er das nächste Mal 1924 in Deutschland auf. Ein paar Jäger aus dem Elsass, die in München lebten, haben ihn identifiziert, während er mit einem Möchtegern-Volksverhetzer aus Österreich rumhing, der eine Weile später an die Macht kam.“
    Ich presste die Luft durch die Lippen und stieß ein lang gezogenes Pfeifen aus. Wow. Das ist heftig.
    „Ob er ein Talyn ist?“, überlegte ich. Es schien ziemlich wahrscheinlich. Wenn diese Typen frisch aus der Hölle kommen, dann sind sie hungrig. Und neurotische, verletzliche Menschen schienen genau die richtige Beute.
    „Schon möglich. Die Quellen sind leider nicht eindeutig genug. Er hat die Jäger in Deutschland während des Kriegs einen nach dem anderen aus dem Weg geräumt, wie ein Berserker. Die Alliierten mussten damals gemeinsam mit ihren Truppen eigene Jäger mitbringen, um sich gegen das Gesocks dort behaupten zu können.“ Leon verzog die Mundwinkel, als hätte er in eine Zitrone gebissen.
    Aus meiner eigenen Ausbildungszeit erinnerte ich mich vage daran, über diese Zeit etwas gelernt zu haben – es musste eine der langen Unterrichtsstunden gewesen sein, in der ich meinen Kopf an Michails Brust gelegt hatte, während seine Finger in meinem Haar ruhten und seine Stimme mir von der Geschichte erzählten, soweit wir sie kannten – und, noch wichtiger, was wir außerdem alles vermuteten. „Michail hat es mal erwähnt.“
    Es war überall eine schlimme Zeit gewesen. Hier in Santa Luz war es 1929 zum großen Ausbruch der Dämonen gekommen, und die wenigen Jäger, die nach dem Krieg noch für den Staat arbeiteten, schufteten sich beinahe zu Tode. Auch die Werwesen hatten zahlreiche Tote zu beklagen gehabt, und so ziemlich das Einzige, was verhinderte, dass die Situation eskalierte, waren die Bewahrer, die den Jägern ihre Häuser und Trainingsräume zur Verfügung stellten. Auf diese Weise bezogen sie klammheimlich Stellung, auch wenn sie eigentlich Neutralität wahren mussten.
    Nicht nur Normalos hängen an ihrer Heimat.
    Leon klopfte mit dem Finger auf die Seite, die er gerade las. „Hier heißt es, dass Jack Karma – der Zweite, dieser verrückte Bastard – ihn getötet haben soll, und zwar im Februar ’45, in Dresden. Mann, muss das ein Schauspiel gewesen sein.“
    „Jack Karma also,

Weitere Kostenlose Bücher