BLUTIGER FANG (German Edition)
Gewebesubstanzen hinterließ, schleimiger und ekliger als die Kriechspur einer Schnecke.
Ernsthafte Probleme gab es mit der Leiche des Dicken, der als Weihnachtsmann verkleidet hier eingedrungen war. Der Typ hatte das Gewicht von zweien und Joel brachte ihn kaum von der Stelle. Nur dem glatten Boden war es zu danken, dass er den blutigen Klumpen wie auf einem Ölfilm in die Schneise ziehen konnte, wobei er die Leiche an den Beinen packte und sich selbst zwischen sie zwängte wie ein Ackergaul ins Geschirr.
Dann war auch das geschafft.
Einen liegenden Barhocker räumte Joel ebenso zur Seite, weil er den Weg zur Terrasse verstellte und den Löwen hätte ablenken können. Zwei Stühle, die noch im Weg lagen, schob er mit dem Fuß fort, wobei er erschrak, weil er so viel Lärm machte. Irgendwie hatte er sich bei dieser Arbeit selbst vergessen und nicht mehr daran gedacht, in welcher Situation er hier eigentlich war. Schlagartig hielt er den Atem an, horchte und äugte nach draußen, während ein frischer Luftzug von der Terrasse hereinkam und seinen pochenden Hinterkopf angenehm kühlte.
Es blieb alles ruhig.
Joel sichtete den Gang nochmals ab. Jetzt schien alles so weit vorbereitet zu sein. Der Eingang des Restaurants war frei, der Durchgang Richtung Terrasse ebenso und der Ausgang auf die Terrasse war offen. In kürzester Zeit hatte er die Voraussetzungen für eine Lösung seines Problems geschaffen. Jetzt konnte es also losgehen.
Joel überlegte, wie er es anstellen sollte, in welcher Reihenfolge jetzt alles zu geschehen habe. Das Wichtigste würde sein, dass er selbst nicht im Restaurant wäre und trotzdem von draußen alles steuern könnte. Er nahm die Luftlinie von dort, wo er gerade stand, hinaus in die Kaufabteilung, drehte sich um die eigene Achse und lenkte seine Pupillen zum Terrassenausgang. Denselben Weg machte er zurück. Sein getrübter Blick stoppte bei den Ausläufern der Abteilung Weiße Ware. Dort wollte er sich verstecken. Zwischen Waschmaschinen und Kühlschränken liegend würde er gute Sicht haben, könnte die Fernbedienung steuern und auch feststellen, ob der Löwe tatsächlich ins Freie treten würde.
Ein Zittern bemächtigte sich seiner allerdings bei zwei Überlegungen. Erstens blieb ihm – wenn der Löwe erst einmal draußen war – nichts anderes übrig, als selbst ins Restaurant zu schleichen, um die Glastüren zu schließen. Und zweitens gab es ein Risiko, solange er draußen bei den Waschmaschinen lag. Denn wer garantierte, dass der Pascha nicht doch plötzlich hinter ihm aus der Dunkelheit direkt in ihn hineinsprang? Das ganze Vorhaben war hochgefährlich, lebensgefährlich. Das stand Joel klar vor Augen. Die Chancen? Er vermochte sie nicht zu überschlagen.
Während er zum Lichtkasten ging, um festzustellen, welche Knöpfe die Schließmechanik für die Glastüren auslösten, überlegte er. Wenn er dies alles wirklich so umsetzte, würde er sein Leben und das von Bronco gegen jenes des Löwen in die Waagschale werfen. Unterließ er das und versuchte, mit Bronco zu fliehen, würde der Pascha auf jeden Fall sterben. Machte er es, bestand die Gefahr, dass alle starben: erst er selbst, dann Bronco vielleicht heute Nacht noch an seinen Verletzungen und wohl spätestens am Montag der Pascha.
Joel betätigte die Knöpfe, die er für die Türschalter hielt.
Das Licht ging aus!
Ein innerer Kick sorgte dafür, dass er sofort die gleiche Knopfreihe erneut betätigte. An der Decke sprangen nach und nach die Neonröhren an, die mehrfach und mit einem leisen Surren aufflackerten, bevor sie wieder gleichmäßig Helle spendeten.
Dann probierte er es mit der unteren Reihe, die aus nur zwei Knöpfen bestand.
Jetzt funktionierte es.
Mit einem Zischen fuhren die Glastüren aus der seitlichen Mauerversenkung heraus und verschlossen den Ausgang.
Joel drückte erneut, und die Türen gingen auf.
Der Blick in den Kasten lenkte ihn angenehm von der Entscheidung ab, die vor ihm lag und die er eigentlich für schon gefällt gehalten hatte: Sollte er es wirklich machen?
Sagte er Ja zu dieser Entscheidung, in deren Vorbereitungen er sich längst befand, könnte es die letzte sein, die er in seinem Leben getroffen haben würde. Sagte er Nein, würde er jetzt einfach gehen und auch morgen noch unter Garantie leben. Doch, wer würde dann noch durch den Pascha sterben müssen, bevor auch der dran wäre? Und was war mit Bronco?
Joel lehnte am Ausgang an der Wand und schaute hinaus. Sein Blick verharrte
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