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BLUTIGER FANG (German Edition)

BLUTIGER FANG (German Edition)

Titel: BLUTIGER FANG (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Pflock
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hervorragend. Sie hatten nur noch das Prinzip gemein mit jenen, die im Mittelalter verwendet wurden. Alles andere aber war heute das Resultat einer aufgeklärten Physik, neuer und viel besserer Materialien sowie einer filigranen Verarbeitung. Und darauf konnte man sich als Schütze verlassen.   
    Joel, der gleich nach dem Besuch im Tierpark auf den Schießstand gegangen war, packte seine Sachen zusammen. Er musste nach Hause. Doch überlegte er schon, was er vorschützen könnte, um nicht lange zu Hause bleiben zu müssen. Vielleicht hatte er ja Glück und Vater war gar nicht da.
     
    Zu Hause war alles still und von Vater nichts zu sehen.
    Joel duschte, weil er immer ein wenig muffig roch, wenn er lange bei den Löwen und anschließend auf dem Schießstand gewesen war. In der Dusche überlegte er, dass er in den Club gehen könnte. Denn erstens wollte er schnell wieder von hier weg und zweitens so lange wie möglich fortbleiben.
    Kurz darauf steckte er in Jeans, Turnschuhen und einem rotschwarzen Karomusterhemd, das er oben bis zum letzten Knopf zumachte. Er föhnte seine dunkelbraunen Haare und setzte die schwarz umrandete Brille auf.
    Dann verließ er das Zimmer.
    Plötzlich zuckte er zusammen. Wie aus dem Nichts aufgetaucht stand Vater im Flur. Joel erschrak über den Aufzug des Alten. Der trug die Uniform eines Wachmanns. Grau, mit schwarzen Doppelstreifen auf beiden Seiten sowohl der Hose als auch des Sakkos. Auf dem Kopf saß eine schwarze Dienstmütze mit einem Firmenwappen auf der Vorderseite. Die hohen Rohrstiefel ermöglichten mit ihren Gummisohlen ein fast geräuschloses Gehen. Das graue Hemd hatte auf beiden Seiten der Oberarme einen weißen Sticker, auf dem in handschriftartig geschwungenen Buchstaben zu lesen stand: Hannoversche Sicherheitsgesellschaft. Rechts an der Hose hing ein Halfter mit einer Pistole, links einer mit einem Schlagstock. Neben dem Schlagstock baumelten Handschellen, die beim Gehen leise klingelten. Was die Knarre und den Schlagstock anbelangte, hatte sich sein Arbeitgeber bei den zuständigen Behörden durchgesetzt. Sein Vater hatte seinerzeit ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen und die entsprechenden Prüfungen bestanden. Und jetzt durfte der Alte allen Ernstes eine Dienstwaffe führen. Etwas, worauf er viel Wert legte.
    Vater kam mit energischen Schritten auf ihn zu.
    Joel wich zwei Schritte zur Seite.
    „Wo willst du hin?“ Vaters männliche Stimme quoll wie das Knurren eines Wolfs durch den Flur. Sein Atem roch nach Alkohol.  
    „In … in den Club.“ Joel wich noch ein paar Schritte zurück.
    „Was? Zu diesen Rumtreibern?“
    „Vater ...“
    „Es ist zum Kotzen mit dir! Wofür zahle ich eigentlich Unterhalt? Wart bloß ab, Freundchen, wir unterhalten uns, wenn ich zurück bin.“    
    Joel ging in sein Zimmer, wobei er Vater nicht aus den Augen ließ, der ihm noch ein paar Schritte folgte, dann aber stehen blieb.
    Noch im Zimmer hörte Joel ihn draußen vor sich hin brummen, hörte, wie er seine Sachen und den Schlüsselbund aus dem Sicherheitsdepotkasten nahm. Dann fiel die Haustür ins Schloss und es war wieder Ruhe.
    Joel atmete durch.
    Er trat aus dem Zimmer und sah Mutter aus der Küche kommen. Sie hatte offenbar dort gestanden, den mies gelaunten Ton ihres Mannes gehört und es vorgezogen, so lange in Deckung zu bleiben, bis er weg war.
    Joel sah den jämmerlichen Ausdruck ihrer Augen, während er eine Jacke überzog.
    „Komm nicht zu spät. Dein Vater hat keine Nachtschicht im Kaufhaus. Die haben eine Besprechung in der Zentrale. Er wird bald zurück und ärgerlich sein, wenn du dann nicht da bist.“   
    Joel nickte, ging zur Haustür und sah noch einmal seine Mutter an. Dann verschwand er und machte sich mit dem Fahrrad auf den Weg in den Club. Dort bestand zwar die Gefahr von Begegnungen, die nicht weniger unangenehm waren als die zu Hause. Doch andererseits: Was hätte er denn jetzt noch anderes tun können? Außerdem gab es dort etwas, was ihn geradezu magisch anzog!

4
     
    Der Jugendclub von Gehrsdorf war in einem alten Gebäude am schon lange ausgedienten Bahnhof untergebracht. Die Stadt hatte sich dazu entschlossen, den Jugendlichen eine Begegnungsstätte einzurichten, wo sie unter sich sein konnten. Wie meistens am Abend war die ganze Gegend am alten Bahnhof längst menschenleer und wirkte überhaupt wie ausgestorben. Das Gebäude, das Joel schon von Weitem sehen konnte, als er in die Bahnhofstraße einbog, lag im dämmrigen

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