BLUTIGER FANG (German Edition)
Tumult, dass eigentlich Wetten abgeschlossen werden sollten. Es fand sich aber niemand, der bereit gewesen wäre, auf ihn zu setzen. Dann sah er Bronco zum Tisch stolzieren, und hörte Frank rufen: „Meine Damen und Herren! Der Titelverteidiger Bronco Paolo!“
Beifall.
Bronco zog die Jacke aus, sodass seine Oberarmmuskeln gut zu sehen waren, und setzte sich Joel gegenüber.
„Wer anfängt zu brü- zu brüllen, ha-hat verloren!“, rief Frank.
Nachdem alles hergerichtet war, setzte Bronco seinen Ellenbogen auf die Tischplatte.
Die Leute standen im Kreis um den Tisch herum und harrten gespannt aus.
Joels Arm zitterte, als er ihn zur Tischplatte führte.
Bronco beugte sich zu ihm und sagte leise: „Wenn du dich nicht anstrengst, hau ich dich nachher windelweich. Gibst du alles, lass ich dich ziehen.“
Frank gab einem der Mädchen an der Bar einen Wink, Musik laufen zu lassen. Wie immer bei diesen Events war es der Song: Eye of the Tiger .
Die Musik dröhnte los.
Joel hörte das alles kaum. Er fühlte sich wie in Trance. In Gedanken war er weit fort. Er hatte seltsamerweise eine völlig unpassende Erinnerung. Er dachte daran, wie er vor einiger Zeit die Vorstellung eines Wanderzirkus besucht hatte. Seine Aufwartung war jedoch kein Vergnügungsabend gewesen. Er saß im Auftrag des Tierschutzvereins Gehrsdorf in der Vorstellung, weil er auszukundschaften hatte, ob die Dressurvorführungen auf Tierquälereien hindeuteten, die die Tiere im Alltag erdulden mussten. In Gedanken hörte er den Dompteur schreien, der ein paar Löwen befehligte: Allez, allez hopp ! Down, down , tönte es in ihm, während er im Inneren das Knallen der Peitsche vernahm. Der Dompteur wurde immer lauter. Joel lächelte, und der Dompteur stieß seine Befehle noch lauter aus. Er sah den Löwen einen Scheinangriff tätigen, zurückweichen und sich setzen. Der Dompteur schlug die Peitsche auf den Boden und schrie erneut …
Ein Schmerz im Arm brachte Joel ins Hier und Jetzt zurück. Bronco musste ihn gekniffen haben.
„Was ist los, Kramer? Bist du auf Valium?“
Joel hörte die Leute schwatzen und johlen. Die Musik drängte sich plötzlich vor. Doch auf ein Zeichen von Frank herrschte augenblicklich Stille. Selbst die Musik wurde abgestellt.
Bronco erwartete ihn und bewegte seinen Zeigefinger vor und zurück.
Joel führte seine Hand nach vorn. Sein Arm schien aus Gummi zu sein, ein schmelzender Gummi, der weicher und weicher wurde. Dann fühlte er, wie Bronco die Hand ergriff, und Frank rief: „Achtung, fertig, los!“
Joel drückte, so gut er konnte. Es tat sich gar nichts.
Bronco lächelte ihn an und sah dann ins Publikum. Mit der anderen Hand forderte er die Zuschauer auf, Dampf zu machen.
Die Leute lachten.
Joel drückte, was das Zeug hielt.
Es tat sich nichts.
Die Hände blieben ineinander verkeilt über der Mitte des Tisches.
Mit der größten Kraftanstrengung, die er aufzubringen vermochte, versuchte Joel, Broncos Arm niederzudrücken.
Da plötzlich bewegte sich was!
Broncos Arm gab nach. Zunächst nur ein klein wenig, dann aber deutlich mehr, mehr und mehr. Sein Handrücken näherte sich schon der Kerze, die am Tischrand brannte.
Joel erhob sich ganz leicht und versuchte, sein Körpergewicht in den Arm zu übertragen.
Das Publikum pfiff und rief im Chor: „Bronco! – Bronco! – Bronco!“
Broncos Handrücken kam der Flamme schon verdächtig nahe. Er gab mit der anderen Hand ein Zeichen, wobei er wieder mit dem Zeigefinger kreisend durch die Luft fuhr.
Daraufhin war es schlagartig still.
„Puh, das wird ja richtig heiß hier“, sagte Bronco. „Es ist doch erst Spätsommer, da brauchen wir doch nicht zu heizen, oder?“
Die Leute lachten, winkten Bronco zu und pfiffen Joel aus.
Joel wusste genau, dass er nicht wirklich die Hand Broncos so nah über die Flamme hätte drücken können. Bronco spielte mit ihm. Und wie als Bestätigung dieses Gedankens setzten sich die Arme wieder in Bewegung. Diesmal allerdings schob sich das ungleiche Paar Hände in die andere Richtung.
Joel hielt dagegen so gut er konnte. Er fühlte noch mehr Schweiß auf der Stirn.
Stück um Stück drückte Bronco Joels Hand weiter zur anderen Flamme hin.
Joel hatte das Gefühl, als würde eine Wand auf ihn zukommen und ihn gleich erdrücken. Trotzdem gab er sich die größte Mühe. Er tat dies nicht etwa, weil er wirklich geglaubt hätte, gewinnen zu können. Er tat dies einzig und allein der
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