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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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unternommen, mit einem anderen Edelmann – eine Reise, die mehrere Tage dauern sollte. Was mochte ihn dazu bewogen haben, und was hoffte er damit zu erreichen?
    Er hatte ihr keinerlei Erklärung gegeben außer der, dass sein Unternehmen ihnen dienlich sein werde. Aber was meinte er mit der Aussage, die Zeitläufte erforderten seine Reise?
    Anna Elisabeth spürte, wie sie innerlich zu zittern begann.
    Irgendein Umstand hatte Albrecht gezwungen, diese Reise zu unternehmen. Er hatte sie nicht aus freien Stücken angetreten. Er reiste in Begleitung eines Standesgenossen – etwa, um eine Fehde zu führen?
    Fehden waren wie Kriege ... man konnte dabei verwundet werden oder sogar zu Tode kommen – so, wie im Augenblick Hannes Rebmann Gefahr lief, Gesundheit oder Leben zu verlieren. Denn Hannes Rebmann hatte sich und seine Truppe mit dem Hellen Haufen vereinigt und lagerte inzwischen nach allem, was Anna Elisabeth erfahren hatte, mit seinen Männern irgendwo nahe einem Kloster an der Jagst, im großen Feldlager aller Bauern aus dem Odenwald und Neckartal.
    Der Bote war erst gestern da gewesen. Der Helle Haufen wolle sich in Bälde nach Weinsberg begeben, zu einem ersten Treffen mit den dortigen adligen Herren. Das Bauernheer zähle inzwischen zu Tausenden, alle voller Mut und Entschlossenheit. Den Herren dagegen stünden nur wenige reisige Knechte zur Verfügung. Außerdem seien sie recht verzagt, wie der Bote berichtet hatte. Der Bauernschaft sei der Sieg so gut wie sicher.
    Anna Elisabeth knüllte das graue Papier zu einer kleinen Kugel zusammen und entfaltete es gleich wieder. »... Bis dahin küsst und umarmt dich viel tausendmal ...«
    Sie erhob sich von dem Schemel, auf dem sie gesessen hatte, und begann in der Stube auf- und abzugehen. Eins war sicher: sie konnte nicht warten, bis Albrecht sich wieder bei ihr meldete. Sie brauchte Gewissheit über seinen Aufenthalt. Sie musste wissen, ob er sich in Gefahr befand, und wie es ihm ging. Und um all das in Erfahrung zu bringen, musste sie nach Weißenstein.
    Anna Elisabeth blieb abrupt stehen. Der Gedanke war so abenteuerlich, dass sie für einen Augenblick die Luft anhielt. Wie um Gottes willen sollte sie denn dorthin gelangen – sie, eine Frau ohne Begleitung?
    Aber nach Weißenstein musste sie. Ganz gleich, wie. Wenn Albrecht zu Pferd zwei Tage gebraucht hatte, dann würde sie zu Fuß vier Tage brauchen ... vielleicht nur drei, wenn sie sich sputete.
    Sie raffte ihren Mantel vom Wandhaken, warf sich das schwere Kleidungsstück über und ging hinaus. Auf ihr Klopfen an der Tür der Kate, die nur wenige Schritte von der Mühle entfernt stand, öffnete die Besitzerin. »Nanu, Annelies – was gibt’s denn so spät noch?«
    »Katharina«, Anna Elisabeth bemühte sich um einen lockeren Tonfall, »ich muss morgen früh aus dem Haus und werde erst spät wiederkommen können – vielleicht sogar erst in einigen Tagen. Und da wollte ich dich bitten –«
    »Aus dem Haus? Weswegen?« Die Nachbarin machte erschrockene Augen. »Es wird doch nichts passiert sein?«
    »Nein, nein«, beruhigte Anna Elisabeth, »nur ... eine entfernte Base hat nach mir geschickt. Ihre Mutter liegt auf den Tod danieder, und sie schafft die Arbeit nicht allein ... Du weißt ja, Katharina, wie das heute überall ist.«
    Die Nachbarin seufzte. »Überall fehlen die Männer«, gab sie zurück, »aber was soll man machen?«
    Anna Elisabeth kam wieder zur Sache. »Würdest du, wenn ich weg bin, hin und wieder bei mir nach dem Rechten sehen?«, fragte sie drängend. »Matthias seine Gertrud ist ja schon ein sehr verständiges Mädchen – aber mit ihren acht Jahren kann sie beim besten Willen noch nicht alles ganz allein schaffen. Und der Michel, der ist ein fauler Sack – wenn ihm niemand aufträgt, was er zu tun hat.«
    Katharina nickte. »Ich sag’s ihm schon«, beruhigte sie Anna Elisabeth. »Geh du nur zu deiner Base, und sorg dich nicht. Du wirst dein Hauswesen in bester Ordnung wiederfinden, wenn du heimkommst – ich versprech’s dir.«
    »Tausend Dank«, sagte Anna Elisabeth. Sie drückte ihrerNachbarin die Hand. Katharina war nicht viel älter als sie, aber schon seit mehreren Jahren mit einem Schuhmacher verheiratet, dem sie inzwischen vier Kinder geboren hatte. Drei davon hatte Gott ihr wieder genommen, nur das Älteste, ein zartes, immer hustendes Mädchen, war ihr noch geblieben. »Wenn du bei mir hereinschaust, dann bring deiner Annemarie doch aus meiner Truhe das schöne Stück

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