Blutiger Frühling
lachte in der Dunkelheit. »Ihr Frauen«, sagte er, indem er ihre Wange streichelte, »einerseits seid ihr nie zufrieden, und andererseits verlangt ihr gar nichts. Das verstehe, wer kann.«
Sie hob den Blick zu ihm und betrachtete sein Gesicht, das sie nur undeutlich über sich erkennen konnte. »Albrecht«, erwidertesie ernst, »du weißt sehr wohl, was ich meinte. Mach dich nicht lustig über meine Furchtsamkeit.«
Er senkte sich über sie und drückte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Verzeih, Anna«, erwiderte er sanft. »Ich scherze nur, damit ich mir nicht eingestehen muss, dass auch ich Angst habe. Mir ist durchaus bewusst, dass wir nicht nur gewinnen, sondern auch verlieren können ...«
Sie umarmten sich. Doch sie tauschten nur Küsse und lagen Haut an Haut in der Dunkelheit. Erst tief in der Nacht schliefen sie ein. Albrecht erwachte bereits lange, bevor die Dämmerung angebrochen war.
Er betrachtete Anna Elisabeth, die schlafend neben ihm lag, den Arm über seine Hüfte gelegt und den Kopf an seiner Schulter. Was für einen Zauber sie ausstrahlte, seine wilde Rose ... die runde Stirn von kleinen dunklen Löckchen umspielt, die Wimpern wie schwarzseidene Halbmonde auf ihren Wangen ...
Ihr Mund war leicht geöffnet, als wolle sie träumend Liebesworte flüstern, und er konnte ihre weißen Zähne schimmern sehen. Albrecht prägte sich ihr Bild noch einmal fest ein, so dass er es nie aus seinem Herzen verlieren konnte. Dann, sachte, sachte, um sie noch nicht zu wecken, erhob er sich und kleidete sich an.
Als er fertig gewandet und gewappnet war, trat er noch einmal an ihr Bett. Plötzlich wusste er – sie würde es unverzeihlich finden, wenn er jetzt ging, ohne von ihr Abschied zu nehmen. Heute war es grausam, ihren Schlaf nicht zu stören – auch wenn der Abschied an diesem Morgen wehtun würde.
Er neigte sich über sie. »Wach auf, Schöne meines Herzens«, flüsterte er in ihr Ohr, »die ersten Vögel singen ... der Morgen kommt ...«
Sie gab einen kleinen, trägen Laut von sich – ein sanftes Seufzen, das er kannte und liebte. »Albrecht ...«, kam es von ihren halb geöffneten Lippen, »musst du schon gehen ...?«
Dann war sie plötzlich hellwach, richtete sich ruckartig auf, sah ihn mit weit aufgerissenen Augen an. »Nicht, Liebster«, sagte sie heftig, »bleib ... ich hab dir noch so viel zu sagen ... !«
»Ich dir auch«, erwiderte er mit erzwungener Ruhe. »Dafür haben wir so viel Zeit wie wir wollen – heute Nacht, wenn ich zurück bin. Aber jetzt muss ich gehen. Meine Leute warten auf mich.«
Anna Elisabeth streckte die Arme nach ihm aus. »Verlass mich nicht«, bettelte sie verzweifelt. »Du hast mir versprochen, mich nie im Stich zu lassen, Albrecht!«
»Und ich werde es auch nicht tun«, gab er zurück, seine eigene Herzensangst zügelnd. »Zur Nacht bin ich wieder bei dir, Abendstern. Dann reden wir. Jetzt ist nicht mehr die Zeit dazu.«
Er zog sie an sich und gab ihr einen tiefen, liebevollen Kuss. Als er sich von ihr abwandte und zur Tür ging, schluchzte sie laut auf. »Lebwohl, Liebster – und gebe Gott, dass wir uns wiedersehen ...«
Seine Schritte verhallten auf der Stiege. Anna Elisabeth sprang aus dem Bett, ging zum Fenster und sah ihm nach, wie er zu Pferd die Gasse hinunterritt. Er drehte sich einmal nach dem Wirtshaus um und blickte zu dem Fenster hinauf, hinter dem sie stand, aber es schien, als habe er sie nicht gesehen, denn er winkte ihr nicht zu. Dann war er fort, und Anna Elisabeth war es, als müsse ihr das Herz zerspringen.
Sie ließ sich wieder auf das Bett fallen, vergrub das Gesicht in den Kissen und weinte, bis sie keine Tränen mehr hatte. Dann, als die Sonne bereits hoch stand, kleidete sie sich an und ging hinunter in die Gaststube.
Hier war niemand. Erst nach geraumer Zeit erschien der Wirt und brachte ihr eine Schüssel Hirsebrei. »Das wird ein heißer Tag«, sagte er händereibend. »Ich hoffe und wünsche, dass dem feigen Hund von einem Bischof endlich einmal Feuergemacht wird. Die Bauern sollen ihm ordentlich einheizen auf seiner Burg ...«
Er heftete seine hellblauen, etwas wässrigen Augen auf Anna Elisabeth. Als er ihren Blick sah, wurde er verlegen. »Euer Gemahl ist doch einer aus des Geyers Haufen«, stammelte er verwirrt. »Wollt Ihr nicht auch, dass die Bauern gewinnen?«
»Doch«, sagte Anna Elisabeth mit tränenrauer Stimme. »Aber noch mehr wünsche ich mir, dass mein Gemahl unversehrt zurückkommt.«
»O – das wird er, das wird
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