Blutiger Frühling
hätte.«
»Sag mir«, Albrecht heftete den Blick zwingend auf die Augen seines Hauptmanns, »war es je so, dass mein Vater selig oder ich selbst dein Vorgehen nicht gutgeheißen hätten?«
»Nein«, murmelte Bernhard. Er wusste: Er hatte verloren. Und er schickte sich drein. »Das war nie der Fall – weder unter Eurem Herrn Vater noch unter Euch selbst.«
»Dann ist es abgemacht.« Albrecht beendete die kurze Diskussion mit einer abschließenden Handbewegung. Er wandte sich an die übrigen Reisigen. »Ihr werdet Bernhard bei dem Angriff auf den Kaufmannszug in jeder Hinsicht Gefolgschaft leisten – so, als sei ich an eurer Spitze. Glück auf der Jagd, ihr Wölfe!«
Er hob den Becher und trank seinen Männern zu. Die taten ihm mit Hochrufen Bescheid: »Es lebe unser Herr – es lebe das feste Haus Weißenstein!«
Christoph hatte Albrecht derweil mit staunenden Augen angesehen. Nun wagte er einen Einwand. »Aber wer wird die Hunde führen, wenn die Männer ausziehen?«, fragte er verständnislos.
Albrecht erwiderte seinen Blick mit einem Lächeln. »Da wird sich ein anderer finden«, antwortete er ruhig.
»Sie gehorchen nur mir«, widersprach Christoph. »Und Euch«, fügte er zögernd hinzu.
»Nun – dann werden sie für diesmal daheim bleiben müssen«, meinte Albrecht, noch immer lächelnd. »Oder willst du nicht mit mir auf die Reise gehen?«
Christoph schluckte. »Nein, Herr«, murmelte er befangen, »ich meine ... doch, Herr! Nur ...«
»Nur – was?«
»Ihr habt mich noch niemals mitgenommen, Herr ...«
»Wie viele Jahre zählst du jetzt, Christoph?«, unterbrach ihn Albrecht.
»Siebzehn, Herr ...«
»Dann wird es höchste Zeit. Meinst du nicht auch?«
Der Junge begann zu begreifen, welche Ehre ihm zuteil werden sollte. »Ja, Herr...«, murmelte er, »und ich danke Euch auch sehr ...«
Das Küchenmädchen Hedwig hatte angefangen, den Grießbrei auszuteilen – dem Herrn der Burg zuerst. Albrecht bemerkte den zärtlichen Augenaufschlag, mit dem die Kleine ihn bedachte, und dankte ihr für die reichliche Portion, die aus ihrer Kelle in seinem Napf landete, mit einem flüchtigen Kopfnicken. »Vergiss nicht, dass auch die anderen hungrig sind«, ermahnte er sie. Die kleine Magd knickste und ging schnell zum Nächsten weiter, nicht, ohne ihrem Herrn einen weiteren anbetenden Blick zuzuwerfen.
Christoph sah es und runzelte die Brauen, doch nur für einen Wimpernschlag. »Ganz wenig für mich, Hedwig«, sagte er.
»Hat es dir den Appetit verschlagen?«, scherzte Meinrad vom anderen Ende der Tafel.
Christoph würdigte ihn keiner Antwort. »Stimmt es, dass in der Küche ein Frischling auf dem Spieß hing?«, fragte er die Magd.
»Richtig«, bestätigte sie, »und ich soll das Fleisch auftragen, sobald die Breischüssel leer ist.«
»Schlauer Kerl«, sagte Albrecht und grinste Christoph an.
Der Junge grinste zurück, zwang sich aber sofort wieder zu einer ernsten Miene. »Eigentlich habe ich nicht so großen Hunger ...«, murmelte er befangen.
Ein Knecht trug eine große zinnerne Platte mit Bratenstücken herein. Er wunderte sich sehr, als schallendes Gelächter ihm entgegendröhnte. »Nimm dir auch etwas«, forderte ihn Albrecht auf, »wir sind beinahe alle schon satt von dem guten Grießbrei – nicht wahr, Hedwig?« Und er zwinkerte dem Mädchen zu.
Der Knecht nahm das Angebot des Herrn freudig an undangelte ein kleines Stückchen Fleisch von der Platte. Hedwig dagegen wand sich vor Verlegenheit. Sie gab keine Antwort, sondern nickte nur verschüchtert und hastete, sobald sich die Gelegenheit bot, mit der Breischüssel aus dem Saal, während die Männer sich gutgelaunt über den Braten hermachten.
Albrecht hätte müde sein müssen von dem anstrengenden zweitägigen Ritt. Doch die innere Anspannung, unter der er stand, brachte es mit sich, dass er hellwach war – anders als Christoph, der völlig erschöpft im Sattel seiner braunen Stute hing und mehr oder weniger im Halbschlaf die Zügel hielt. Sie hatten sich dem Kirchdorf genähert, dessen Dächer bereits vor einer halben Stunde in Sicht gekommen waren, und ritten nun dem Dorfplatz zu, wo das Fest in vollem Gange war. Gellende Musik schallte herüber zu ihnen – der näselnde Klang der Schalmeien vermischte sich mit dem Quäken von Sackpfeifen und den gellenden Tönen mehrerer Zinken.
Albrecht zügelte seinen großen Falben und bedeutete auch dem Jungen, zu halten und ihm zuzuhören. Er hatte ihm den Zweck der Reise während des
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