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Blutiger Frühling

Titel: Blutiger Frühling Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara von Bellingen
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mir bereits denken.«
    »Was denn?«
    »Lamentieren wird sie. Und sie wird mich daran erinnern, dass ich bald für ihr Hauswesen verantwortlich sein werde.« »Und was wirst du ihr antworten, Bruder?«
    »Nur, dass sie sich zu schicken hat«, knurrte Hannes Rebmann. »In Männerdinge hat sie sich zukünftig nicht mehr einzumischen. Ob’s ihr passt oder nicht ...«
    »Die Weiber in Böckingen sind da ganz anders«, sagte Konrad nachdenklich. »Obwohl ... so anders nun auch wieder nicht. Aber sie nehmen das Unvermeidliche auf sich.«
    »Dass sie dieses Frühjahr die Feldarbeit allein zu schaffen haben?«
    »Hmm.« Konrad nickte. »Aber im Sommer, wenn gemäht werden muss, dann sind die Männer wieder da – und im Herbst wird keine Abgabe mehr zu entrichten sein. Das wissen sie auch.«
    »Und das macht das Warten süß ...«
    »Recht, Bruder.« Jäcklein Rohrbachs Bote klopfte Hannes fest auf die Schulter. »Aber noch süßer wird unser erstes Gefecht sein ... ich kann’s kaum erwarten, die Herren vor mir zu sehen und mein Rapier durch ihre feisten Wänste zu rennen ...«
    Hannes erwiderte nichts dazu. Doch die Art, wie er das Kinn vorschob und dazu die Fäuste ballte, war Antwort genug. Anna Elisabeth, die seine Miene durch den Türspalt gesehen hatte, erschauerte. Schnell wollte sie die Tür vollends zuziehen, da hörte sie noch, wie Hannes fragte: »Hat das Bauernheer schon eine Fahne?«
    »Sicher«, sagte Konrad. »Die Evangelische Bruderschaft führt eine Sonne im Wappen ... und das Motto: Wer frei will sein, der zieh zu diesem Sonnenschein.«
    »Das lass ich mir gefallen«, murmelte Hannes so leise, dass Anna Elisabeth ihn durch die beinahe geschlossene Tür kaum noch verstehen konnte. »Nun erzähl mir, Bruder – wie soll’s gehen, und wer befehligt die jeweiligen Haufen?«
    Anna Elisabeth hatte genug gehört. Sie wusste, sie würde Hannes und die anderen Männer aus dem Dorf und den umliegenden Weilern nicht von ihrem ungeheuerlichen Vorhaben abbringen können. Zum ersten Mal beschlich sie ein Gefühl des Unabänderlichen – des Schicksalhaften, dessen Gang niemand umleiten kann. Sie musste mit Albrecht darüber reden; er gehörte ja zu den Herren und hatte sicherlich die Gerüchte vom Bauernaufruhr zugetragen bekommen. Er würde vielleicht ein Mittel kennen, um einen Zusammenstoß zwischen dem Heer der Bauern und dem der Herren zu verhindern …

A UFBRUCH
    S ie waren alle angetreten, die Männer – nicht einer fehlte. Gerüstet standen sie vor Anna Elisabeths Haus, hielten sich sogar in einer gewissen Ordnung, wie es sich für eine Truppe gehört. Hannes Rebmann, der einvernehmlich der Hauptmann sein sollte, hatte sich für die Reise in seinen langen Wetterumhang gehüllt, denn der Himmel war heute von undurchdringlich dichten Wolken verhüllt, aus denen stetig feine und feinste Tröpfchen niederrieselten.
    Anna Elisabeth, die in der Tür stand und zusah, wie Hannes und dieser Konrad letzte Anweisungen an die Männer ausgaben, empfand einfach nur Kälte. Sie fror bis ins tiefste Innerste – daran konnte selbst das wollene Umschlagtuch, das sie sich um die Schultern geworfen hatte, nichts ändern.
    Matthias’ Kinder waren voller Angst, wenigstens die Kleinsten. Besonders das Mariechen schluchzte so sehr, dass seine dünnen Schultern regelrecht geschüttelt wurden. Es hatte sich an Anna Elisabeths Knie angeklammert und blickte mit nassgeweintem Gesichtchen zu ihr auf. »Wohin geht der Vater?«, fragte es zitternd. »Kommt er jetzt nie mehr wieder?«
    »Doch«, versuchte Anna Elisabeth zu trösten, »in ein paar Wochen ist er bestimmt wieder da, Schätzchen – und er bringt dir vielleicht sogar was Schönes mit.«
    Das Kind machte ein zweifelndes Gesicht. Die ältere Schwester Gertrud antwortete statt seiner. »Meinst, Annelies? Aber er hat doch gesagt, er zieht in den Krieg gegen die großen Hansen ...«
    »Wer sind denn die großen Hansen?« Mariechen war von seinem Kummer abgelenkt und wischte sich mit ihrer kleinen, schmuddeligen Faust über die Augen.
    Der Michel erklärte. »Das sind die, denen wir immer so viel abgeben müssen«, sagte er mit ernster Miene. »Aber bald kriegen sie nichts mehr. Dann behalten wir alles selbst und essen es auch selber auf.«
    Diese Aussicht begeisterte das Mariechen aufs Höchste. Es wollte eine freudige Erwiderung von sich geben, doch Jakob Rohrbachs Werber war erschienen und hatte sich vor den angetretenen Bauern aufgestellt. »Männer«, rief er volltönend,

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