Blutiger Frühling
einmal nach ihm sehen und ihm vielleicht das rechte Sprunggelenk vorne mit Brennnesselsud abreiben.«
»Das kann einer meiner Knechte auch.« Albrecht signalisierte seinem Bruder Christoph mit einem Blick, dass er sich auch darum kümmern sollte. Christoph nickte hilfsbereit und schlüpfte wieder in den niedrigen und engen kleinen Eingang zur Schnecke. Albrecht sah ihm dankbar nach. Dann führte er seinen Gast die Stiege hinauf.
»Dies ist ohne Zweifel das angenehmste Zimmer in Eurem ganzen weitläufigen Haus«, sagte Florian Geyer, als sie sich auf der Bank mit der Wendelehne niedergelassen hatten, die nahe beim Kamin stand.
Albrecht stimmte zu. Er streckte die Beine lang von sich und lehnte den Rücken an. »Aber Ihr seid gewiss nicht gekommen«, erwiderte er, »um mir zu dem guten Geschmack meiner Mutter Komplimente zu machen.«
Florian Geyer blickte ein wenig verwirrt drein. »Dem guten Geschmack Eurer Mutter ... wie kommt Ihr darauf?«
»Sie ließ diesen Raum ausschmücken«, erklärte Albrecht mit einem Blick zur reich verzierten Decke. »Jetzt gebt mir endlich den Grund Eures Besuchs an – lasst mich nicht länger rätseln!«
Florian Geyer nickte, schüttelte gleichzeitig den Kopf und sah Albrecht dann ernst an. »Ihr wisst noch, Herr Vetter, dass ich mich im vergangenen Jahr um die Sache der aufständischen Bauern sorgte?«
»Ja«, sagte Albrecht verständnislos. »Aber was hat das mit Eurem Besuch zu tun?«
»Nun ...« Florian Geyer überlegte einen Augenblick. »Es waren Verhandlungen im Gange«, fuhr er dann fort, »doch die Herren, die daran beteiligt waren, zögerten irgendwelche Entscheidungen immer wieder hinaus ... bis heute. Es ist noch zu keinem einzigen Ergebnis gekommen, und nun wollen die Bauern nicht länger zuwarten. Ich bin gleicher Meinung.« Er fixierte Albrecht mit einem leidenschaftlich glühenden Blick. »Wenn Worte nicht verfangen wollen, müssen eben die Waffen sprechen«, fügte er hinzu. »So sagte ich schon im vergangenen Jahr auf der Jagd ... erinnert Ihr Euch noch daran?«
»Ja, sicher. Aber, Herr Vetter – was hat das mit mir zu tun? Und wobei benötigt Ihr meine Hilfe?«
»Albrecht, ich baue eine kleine, aber schlagkräftige Truppe auf.« Florian Geyer sah Albrecht weiterhin unverwandt an. »Sie besteht teils aus meinen Burgleuten, teils auch aus jungen Bauernsöhnen, die zu meinem Besitz in Ingolstadt gehören. Aber selbst wenn ich alle waffenfähigen Männer aus meinen Dörfern zusammennehmen würde –«
»Könnt Ihr das nicht?«
Florian Geyer schüttelte den Kopf. »Ich nehme nur Freiwillige in meine Schar«, erwiderte er. »Männer, die man zwingen muss, haben nicht die nötige Treue.«
»Das steht außer Zweifel«, sagte Albrecht. »Aber nun kommt doch endlich auf den Grund Eures Besuchs! Ich möchte wirklich wissen, warum –«
Florian Geyer brachte ihn mit einem eindringlichen Blick zum Schweigen. »Es fehlt an besonnenen Männern im Bauernheer«,sagte er, »und darum will ich Seite an Seite mit den Bauern kämpfen. Ich bin ein wahrer Freund ihrer Sache – denn sie ist auch die meine. Erinnert Ihr Euch, Vetter, wie ich am Tag der Jagd mit Euch darüber gesprochen habe? Nun ist der Tag angebrochen, da ich mich entscheiden muss, und ich kann mich der Notwendigkeit nicht länger entziehen, in das Ringen einzugreifen.«
»Zum letzten Mal, Vetter – was wollt Ihr denn nun von mir?« Albrecht war kurz davor, aufzubrausen. »Ihr erzählt mir von Euren Absichten und Ansichten ... nur nicht davon, warum Ihr hier seid!«
Jetzt machte Florian Geyer dem Rätselspiel ein Ende. »Ich will, dass Ihr Euch mir anschließt«, erwiderte er nüchtern, »mit allen Leuten, die Euch treu ergeben sind und Waffen tragen können. Ich will, dass Ihr einer meiner Hauptleute werdet – im gerechten Kampf gegen die Fürsten und Pfaffen, die ihre Macht ungerecht einsetzen und Gottes Ordnung damit verhöhnen!«
Es war heraus. Albrecht brauchte einen Augenblick, um wirklich zu erfassen, was Florian Geyer da gerade von ihm gefordert hatte. Er – ein Hauptmann in einer Truppe, die erst noch aufgestellt werden sollte?
»Vetter«, brachte Albrecht schließlich heraus, »wie kommt Ihr damit ausgerechnet auf mich?«
»Ich halte Euch für einen Mann, der ein Gewissen hat«, erwiderte Florian Geyer ruhig. »Ihr gehört nicht zu denjenigen, die ihren Stand für gottgegeben halten, und –«
»Doch«, unterbrach ihn Albrecht, »mein Stand ist mir von Gott gegeben – woher sollte er sonst
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