Blutiger Frühling
»nun ist der Tag endlich gekommen, auf den wir alle gewartet haben. Wenn wir nun auf den Marsch gehen, lasst keine Müdigkeit noch Mattigkeit euch hemmen. Wir werden siegen – daran wollen wir keinen Augenblick zweifeln. Denn Gott ist mit uns.«
»Und zum Teufel mit den Schandpfaffen und Raubherren!«, schrie der Schmiedejörg.
»Denen tränken wir’s ein«, ergänzte der Schweineheinz, der sich zum Aufwärmen bereits einen großen Krug Bier die Gurgel hinuntergeschüttet hatte und etwas lallte. »Die kriegen ihr Teil ... und mehr noch, als sie haben wollen!«
Einige der Angetretenen lachten. Der Schmiedejörg grinste hämisch. »Ich weiß auch schon, was ich mit dem ersten Edelfräulein mache, das mir unbewacht in die Finger gerät«, sagte er und zwinkerte den Schweineheinz an.
»Sicher dasselbe, was dieser Drecksjunker mit deiner ältesten Tochter gemacht hat«, kicherte der.
»Nur, dass meine Tochter nichts dagegen hatte«, sagte der Schmiedejörg. »Meine Alte war diejenige, die sich wehren wollte ...«
Konrad der Werber hob den Arm. »Voraus also, Brüder«, rief er, »und nicht gezaudert. Im nächsten Kirchdorf stoßen dreiMann zu uns, die Arkebusen besitzen und sie auch abfeuern können.«
»Sind das die kleinen Geschütze aus der Klostervogtei?«, wollte Hannes Rebmann wissen.
»Richtig«, erwiderte Konrad der Werber. »Drei der Klosterknechte sind dem Vogt davongelaufen und zu uns gestoßen. Sie haben ihre Waffen mitgebracht.«
»Warum überfallen wir dann nicht einfach die Vogtei noch einmal und holen uns auch die restlichen Feuerwaffen?«, fragte der Schweineheinz. »Ich glaube sogar, im Kloster gibt es so manche Dinge, die wir gut gebrauchen könnten.«
»Wir werden sehen«, sagte Konrad.
Hannes Rebmann trat auf Anna Elisabeth zu. »Nun geht es ans Abschiednehmen«, sagte er und legte ihr die Hände auf die Schultern. »Aber nimm’s nicht so schwer, Schätzle. Bis zur Hochzeit ist alles wieder gut ... !«
Er zwinkerte ihr übertrieben lustig zu. Anna Elisabeth sah eine Träne in seinem Augenwinkel. »Ich weiß, es hat keinen Zweck, dich das zu fragen, Hannes«, sagte sie, »aber willst du es dir nicht doch noch einmal überlegen? Schau, es kommt mir vermessen vor, gegen adlige Herren in den Kampf zu ziehen, und...«
»Hast du denn nicht zugehört?«, fiel ihr der Hannes ins Wort. »Wir haben das Recht auf unserer Seite. Und darum gehört uns auch der Sieg. Es kann gar nicht anders kommen!« Er heftete den Blick seiner hellblauen Augen fest auf ihr Gesicht. »Du musst an unsere Sach glauben, Annelies«, fügte er hinzu. »Wenn der Kampf gewonnen ist, können wir umso glücklicher miteinander sein.«
Anna Elisabeth wollte sich von ihm abwenden, aber es gelang ihr nicht – nicht in diesem Augenblick. »Ich wünsch dir, dass es euch gelingt, Hannes«, sagte sie mit einem halbherzigen Lächeln. »Aber vernünftig kommt mir das, was ihr tun wollt,nicht vor. Besser wär’s, wenn ihr warten würdet, bis die Verhandlungen –«
»Alle Verhandlungen sind gescheitert«, knurrte Hannes, während er sich unwillig die Augen wischte. »Es gibt keinen anderen Weg.«
Anna Elisabeth wusste nicht, was sie darauf noch antworten sollte. »Leb wohl also«, sagte sie. »Pass auf dich auf, Hannes.«
Er starrte sie an. Dann schluckte er schwer. »Darf ich dir einen Abschiedskuss geben?«, fragte er mit rauer Stimme.
Anna Elisabeth nickte. Doch sie erwiderte seine linkische Umarmung und den hölzern auf ihre Lippen getupften Kuss nicht. Er bemerkte das. Seine Augen suchten ihren Blick. »Zürn mir doch nit so, Annelies«, bat er. »Ich schwör dir’s: wenn wir Mann und Frau sind, sollst du nie mehr Grund zur Klage haben. Aber jetzt musst halt noch einmal ...«
Er wusste nicht weiter.
»Schon gut«, sagte Anna Elisabeth sanft, »es liegt nicht an dir, wenn ich heute schlechter Stimmung bin. Gefahrlose Reise wünsch ich dir, Hannes.«
Aber er war hellhörig geworden. »Woran liegt es dann?«, wollte er wissen, ohne auf ihren letzten Satz einzugehen.
Sie zögerte mit der Antwort. »Es bleibt so vieles zu klären«, sagte sie schließlich, »das macht mir üble Laune.«
Hannes gab sich zufrieden. »Pass auf, Schätzle«, lächelte er sie an, während er nach ihrer Hand tastete, »wenn ich heim- kehr, regelt sich das mit unserer Hochzeit ganz von allein. Brauchst dich nit zu sorgen so lange. Verstehst?«
Anna Elisabeth nickte und wusste nicht, in welche Richtung sie seinem Blick ausweichen
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