Blutiger Frühling
Herumtreiber kennen, der von Wendel Hipler und der Freiheit redet«, sagte er. »Komm, Bruder – iss und trink. Und danachrufen wir die Männer zusammen und beratschlagen, wann wir aufbrechen wollen.«
»Aufbrechen?« Anna Elisabeth konnte nicht anders, als sich wieder in das Gespräch der beiden Männer einmischen. »Wohin denn – um Gottes willen?«
»Ins Feldlager«, klärte Konrad sie auf. »Wie ich schon sagte, noch dieses Frühjahr wollen wir unsere Zwingherren aufs Haupt schlagen.«
»Nur so erreichen wir, was wir wollen«, ergänzte Hannes.
»Ihr wollt Frauen und Kinder verlassen und gegen die Herren in den Krieg ziehen?«, fragte Anna Elisabeth fassungslos.
»Es steht Euch frei, mitzuziehen«, sagte Konrad augenzwinkernd. »Viele Weiber tun das. Die vom Jäcklein – Margarete Hofmann – wird auch an seiner Seite bleiben und für gut Glück sorgen...«
»Hab schon von der schwarzen Hofmännin gehört«, murmelte Hannes beeindruckt. »Es heißt, sie kann Wunden besprechen und kennt so manchen wirksamen Zauber ...«
Jäcklein Rohrbachs Bote lachte schallend. »Das ist wahr«, sagte er und widmete Anna Elisabeth einen anzüglichen Blick. »Doch ich meine, die deine besitzt diesen Zauber ebenso ... wenn ich sie mir betrachte, könnte ich mir vorstellen, sie hat auch alles, was Männer sich wünschen.«
»Wir werden sehen«, murmelte Hannes und lief rot an. »Hast sie noch nicht ausprobiert?«, fragte Jäcklein Rohrbachs Bote grinsend.
Anna Elisabeth schnaufte unwillkürlich und warf dem Fremden einen empörten Blick zu. Hannes wusste nicht genau, wie er sich jetzt verhalten sollte. »Hmm«, brummte er ausweichend, »aber bis Mai ist es ja nicht mehr weit.«
Konrad lachte auf. »Wohl wahr«, stimmte er zu, »und wenn erst unsere Ziele erreicht sind, wird dir das Hochzeiten umso schöner vorkommen ... oder etwa nicht?«
Diese Frage war an Anna Elisabeth gerichtet, die zornrot beim Herd stand und um Beherrschung rang. Wie konnte Hannes es wagen, auf diese Anzüglichkeiten einzugehen? »Wenn Ihr mich fragt«, antwortete sie eisig, »dann ist es bis Mai noch sehr weit – und wer weiß, was bis dahin alles geschieht!«
»Wie meintest du deine Bemerkung heut vom Nachmittag?«, wollte Hannes wissen.
»Welche Bemerkung?«
»Nun – dass bis Mai noch allerhand geschehen könnte.«
Anna Elisabeth, die eben das Schmutzwasser aus dem Kübel vorm Haus ausgeleert hatte, stellte den Eimer mit einem energischen Schwung an die Hauswand. »Wir haben März«, sagte sie trocken.
»Ach so.« Hannes nickte und tat, als habe er verstanden, was sie meinte – auch wenn er keinen blassen Schimmer hatte. »Und freust du dich schon auf unsere Hochzeit, Schätzle?«
Anna Elisabeth zuckte die Achseln. Zu einer deutlicheren Antwort war sie nicht in der Lage.
Er starrte in die sinkende Dämmerung, wo im zarten Spätdunst die ersten Sterne aufschimmerten. »Die Haselkätzchen sind schon gelb«, sagte er, »mir scheint, es müsste jetzt gepflügt werden ...«
»Und?«
»Keiner denkt auch nur dran«, murmelte Hannes. »Alle haben nichts als den Feldzug im Sinn ...«
»Du auch?«
»Hmm.«
Das war weder ein Ja noch ein Nein. »Du auch?«, wiederholte Anna Elisabeth ihre Frage.
»Ja, sicher.« Hannes schloss für einen Moment die Augen. »Das Heer der Bauern aus dem Odenwald und Neckartal nimmt jeden Tag an Zahl zu. Der Konrad hat Recht. Wir werdensie bezwingen, die Raubpfaffen und adligen Wegelagerer, die da behaupten, sie hätten ihre Rechte von Gott.«
»Haben sie das nicht?«
Hannes riss die Augen weit auf. »Nein«, sagte er und stieß den Atem heftig von sich. »Sie haben sich ihre Rechte einfach angemaßt. Und dagegen wehren wir uns nun.«
»Ist es gestattet?«, ließ sich eine Stimme hinter ihnen vernehmen. Jäcklein Rohrbachs Bote war durch die sinkende Dämmerung an sie herangetreten und stellte sich nun neben Hannes.
»Macht keine Umständ«, sagte Hannes.
»Ja – wir wehren uns«, führte Konrad das Gespräch zwischen Hannes und Anna Elisabeth fort. »Auge um Auge – Zahn um Zahn. So, wie es in der Bibel heißt.«
Anna Elisabeth drehte den Männern den Rücken zu. »Eine gute Nacht wünsch ich«, sagte sie knapp, indem sie durch die Haustür in die Stube ging.
»Was hat sie denn?«, hörte sie Konrad fragen.
»Ach, nichts«, kam Hannes Rebmanns Antwort. »Du weißt doch, wie die Weiber sind. Was sie sagen wird, wenn ich ihr mitteile, dass wir schon übermorgen auf den Marsch gehen – das kann ich
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