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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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Attwenger. Guten Tag, gnädige Frau.
Ich möchte Ihnen mein ehrliches Beileid aussprechen.«
    Ihre Hand
war eiskalt, aber sie hielt sich tadellos.
    »Danke,
Herr Pestallozzi. Bitte nehmen Sie doch Platz. Darf ich Ihnen etwas anbieten?«
    »Vielen
Dank, aber wir wollen Ihnen keine Umstände machen.«
    »Danke,
Jakob, dann haben wir alles«, sagte die Frau und lächelte den alten Mann an. Der
machte eine schwerfällige Verbeugung und schlurfte wieder davon, Pestallozzi dachte,
dass er einen langen Weg bis zur Küche vor sich hatte, ganz gleich, wo sich diese
befand. Sie nahmen alle drei Platz, Helene Zilinski auf dem Sofa, Pestallozzi und
Leo auf je einem Samtfauteuil zu ihrer rechten und linken Seite. Wir nehmen sie
in die Zange, dachte Pestallozzi, anstatt sie zu trösten.
    »Sind Sie
beide allein im Haus?«
    »Ja«, sagte
Helene Zilinski. »Aber morgen kommen meine Geschwister. Meine Schwester Henriette
war gerade auf dem Weg nach München. Meine Schwester Monika ist mit ihrem Mann in
Nizza, sie kommen ebenfalls morgen, früher konnten sie keinen Flug bekommen. Meinen
Bruder Raffael habe ich noch nicht erreicht. Und dann werden natürlich noch die
anderen Verwandten und Freunde eintreffen.«
    Aber sind
es denn nicht vier Schwestern gewesen, dachte Pestallozzi. Irgend jemand hat doch
davon gesprochen. Doch er entschied, die Frau nicht danach zu fragen, jedenfalls
nicht in diesem Augenblick.
    Helene Zilinski
nützte die kurze Pause, um selbst eine Frage zu stellen. »Können Sie mir schon Näheres
über den Tod meines Vaters sagen? Wir wurden angerufen, von der örtlichen Polizei,
ich weiß nur, dass …«
    Sie saß
da, ruhig und gelassen, aber Pestallozzi konnte die Anstrengung spüren, mit der
sie um Gefasstheit rang.
    »Ihr Vater
ist erstochen worden. Auf der Bank vor der Kapelle. Das ist alles, was ich Ihnen
in diesem Moment sagen kann. Wir haben noch keinen Verdächtigen oder Verdächtige.«
    Er ließ
ihr Zeit. Er mochte sich nicht vorstellen, was er gefühlt hätte, wenn man ihm solche
Details über den Tod seines Vaters überbracht hätte. Helene Zilinski blickte auf
ihre Hände, dann sah sie ihm wieder ins Gesicht.
    »Er hat
sich immer gewünscht, auf dem Hochsitz zu sterben. Bei der Jagd. Und nicht im Bett.«
    Sie schwiegen
wieder. Auf der Jagd ist er ja auch gestorben, dachte Leo. Nur war er nicht der
Schütze, sondern die Beute. Leo senkte den Kopf, um sich seine Gedanken nicht anmerken
zu lassen.
    »Können
Sie mir sagen, wann Sie Ihren Vater zum letzten Mal gesehen haben?«
    Das war
wieder die Stimme vom Chef, der so samtfreundlich mit dieser angeblichen Gräfin
umging. Aber die sollte sich bloß nicht täuschen lassen, der Chef war kein Softie,
auch wenn er viel zu oft wie ein feiner Pinkel wirkte.
    »Heute Morgen«,
sagte die Frau. »Ich bin ins Dorf runtergefahren zum Supermarkt bei der Tankstelle.
Ich bin erst gestern Abend gekommen, um meinen Vater für ein paar Tage zu besuchen.
Und da habe ich wieder einmal feststellen müssen, dass überhaupt keine Vorräte im
Haus waren. Kein Gemüse, kein Obst, nicht einmal Milch. Mein Vater und der Jakob
leben praktisch von Fertiggerichten, Gulasch und Krautfleisch aus der Dose. Die
beiden sind so was von halsstarrig.«
    Die Frau
hielt inne, sie realisierte gerade, dass für ihren Vater die Gegenwartsform nicht
mehr angebracht war.
    »Deshalb
sind Sie …«
    »Deshalb
wollte ich wenigstens ein paar frische Lebensmittel einkaufen, der Supermarkt bei
der Tankstelle hat ja zum Glück auch am Sonntag offen. Ich habe meinem Vater zugerufen,
dass ich jetzt fahre. Er ist drüben im Frühstückszimmer gesessen und hat in einer
Zeitung gelesen, die ich gestern mitgebracht habe.«
    Frühstückszimmer,
dachte Leo. Bin ich hier in einem Herz-Schmerz-Roman oder was? Einmal hatte er eine
Freundin gehabt, die war ständig in Wälzer von dieser Piltscher oder so ähnlich
vertieft gewesen. Darin waren auch Schlösser und Grafen und Frühstückszimmer vorgekommen.
Aber doch nicht im wirklichen Leben, bitte schön! Die Freundin hatte er jedenfalls
schon lange in die Wüste geschickt. Er linste zum Chef hinüber, aber der machte
sich bloß Notizen auf seinem Spiralblock, einfach unmöglich, diese altmodische Angewohnheit.
Andererseits, die großen Kriminalisten hatten alle Marotten, jedenfalls angeblich.
Vielleicht sollte er sich ja auch …
    »Eine Frage
erscheint mir wirklich wichtig«, sagte der Chef gerade. »Ist Ihr Vater zu Fuß bis
zur Kapelle gegangen? Mir ist der Weg

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