Blutiger Klee: Roman (German Edition)
kaufen.«
»Danke,
sehr liebenswürdig.« Pestallozzi schüttelte wieder den Kopf.
Holzinger
versuchte, sich seine Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Das fing ja schon gut
an, zwei echte Schnösel, diese Inspektoren aus der Stadt. Er machte eine weit ausholende
Geste. »Bitte, nehmen Sie doch Platz.«
Sie setzten
sich, Pestallozzi und Leo auf das Sofa, Holzinger auf einen gepolsterten Sessel
gegenüber. Er zauberte zwei Kärtchen aus seiner Brusttasche.
»Darf ich
Ihnen meine Visitkarte überreichen? Damit Sie mich jederzeit erreichen können, falls
es irgendwelche Fragen gibt.«
Was sollen
wir dich schon fragen, du Wichtigtuer, dachte Leo. ›Magister Georg Holzinger, General
Manager des Fremdenverkehrsverbandes‹, darunter die Anschrift, am Hauptplatz 3,
eine Handynummer und eine E-Mail-Adresse. Leo beschloss, das Kärtchen umgehend zu
entsorgen, Beweismittelaufnahme hin oder her.
»Sie wollten
uns sprechen?«, fragte Pestallozzi höflich.
Holzinger
nickte. Er fühlte sich verunsichert, dabei hatte er sich alles so schön zurechtgelegt.
In diesem so bedeutsamen Fall musste er sich einfach in die Ermittlungen einklinken,
schließlich war er eine der wichtigsten Persönlichkeiten im Ort. Und er war einer
der wenigen, der die ganze Tragweite der Situation erkannte, ihm konnte man nichts
vormachen. Nach der Tourismusfachhochschule war er fünf Jahre lang auf Kreuzschiffen
über die Meere geschippert, zuerst als kleiner Steward und am Ende als Personalchef
einer hundertköpfigen Besatzung. Miami, Antigua, Barbados, St. Barth, das kannten
diese Deppen hier ja nicht einmal vom Hörensagen. Aber ihm hatten diese Jahre eine
Weltläufigkeit eingebracht, die sich immer wieder bezahlt machte. Jetzt zum Beispiel.
Er lehnte sich zurück und legte die Fingerspitzen seiner Hände aneinander, eine
Geste, die ihm einfach gefiel und in diesem Augenblick absolut passend erschien.
»Nun, wie
ich schon sagte, ich bin Ihnen sehr verbunden, dass Sie mich aufgesucht haben. Sie
werden ganz sicher begreifen, in was für einer heiklen Situation wir uns befinden,
nachdem diese entsetzliche Tragödie unseren Ort heimgesucht hat. Wir stehen alle
noch immer unter Schock, ich spreche jetzt auch im Namen des Herrn Bürgermeisters
und des ganzen Gemeinderates. Herr Gleinegg war so eine hoch angesehene Persönlichkeit,
es ist einfach unfassbar.«
Holzinger
hielt inne. Was für ein Jammer, dass die beiden den Schnaps abgelehnt hatten, so
ein Schnapserl hätte die Atmosphäre aufgelockert.
»Ja, also,
ich denke, Sie werden verstehen, wenn ich Sie um größtmögliche Diskretion und ein
einfühlsames Vorgehen ersuchen muss. Dieser Ort, das heißt, die ganze Umgebung hier
lebt vom Fremdenverkehr. Es wäre einfach eine Katastrophe, wenn wir nicht bald aus
diesen Negativschlagzeilen herauskommen. Mittlerweile hat sogar die internationale
Presse den Fall aufgegriffen und groß berichtet. Wir bekommen ständig Anfragen von
besorgten Stammgästen, sogar aus Übersee. Gerade hat mich ein Ehepaar aus Barcelona
kontaktiert, die beiden haben hier ganzjährig ein Haus gemietet. Die wollen jetzt
natürlich wissen, ob ein Verrückter sein Unwesen treibt. Wenn nicht einmal der Herr
Gleinegg sicher ist, wie sollen sich dann unsere Gäste wohlfühlen? Das ist ein ernsthaftes
Problem, von dessen Klärung nicht zuletzt Hunderte Arbeitsplätze in der Region abhängen.
Ich hoffe, Sie verstehen meine Sorge.«
Holzinger
setzte sich wieder aufrecht in seinen Sessel. Das hatte er gut hingekriegt, besorgt,
aber nicht ängstlich, verantwortungsbewusst und zur Zusammenarbeit bereit. Jetzt
waren die Herren am Zug.
»Selbstverständlich«,
sagte Pestallozzi nach einer kleinen Pause. »Wir verstehen sehr gut, was dieses
Geschehen für einen Fremdenverkehrsort wie diesen bedeutet. Und Sie können sicher
sein, dass wir mit dem nötigen Taktgefühl unsere Arbeit verrichten. Das wäre also
geklärt. Haben Sie sonst noch irgendwelche Informationen für uns? Da mir Inspektor
Krinzinger ausgerichtet hat, wie dringend Sie uns sprechen wollten, haben wir uns
einen Hinweis erhofft.«
Holzinger
sah betreten drein.
»Es tut
mir sehr leid, wenn es zu diesem Missverständnis gekommen ist. Ich wollte mich einfach
als Verantwortlicher direkt an Sie …«
»Das ist
mir schon klar und ich finde es absolut angebracht, dass Sie diesen Kontakt gesucht
haben. Doch wenn wir schon hier sind, dann würde ich gerne die Gelegenheit nützen
und auch Ihnen ein paar Fragen stellen. Sie haben
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