Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
Vom Netzwerk:
vergönn ich mir immer eine Jause.« Krinzinger schwirrte im
Raum umher wie eine betuliche Hausfrau, endlich nahm er sich selbst einen Kaffee
und setzte sich. Leo biss in eine Schokobrezel, Pestallozzi rührte in seiner Tasse
um.
    »Und, was
gibt es bei Ihnen an Neuigkeiten, Kollege Krinzinger?«
    Krinzinger
seufzte tief.
    »Hier ist
der Teufel los! So was hab ich in meiner ganzen Dienstzeit noch nicht erlebt!«
    Leo hätte
am liebsten losgeprustet. Wo, bitte schön, war hier der Teufel los? Im Altersheim
war es ja aufregender als in diesem Erholungsheim für dickliche Landpolizisten.
Aber der Chef verzog natürlich keine Miene.
    »Ständig
läutet das Telefon. Am allerlästigsten sind die Journalisten, die lassen sich einfach
nicht abwimmeln.«
    Pestallozzi
nickte verständnisvoll.
    »Und dann
gibt’s natürlich die Wichtigtuer, die was gesehen haben wollen. Einer hat angeblich
einen Mann mit einer Sense gesehen, wie der von der Kapelle weggerannt ist. Weil
doch in einer Zeitung steht, dass der Baron, äh, ich meine der Gleinegg, in Stücke
gehackt worden ist. Dann hat eine Urlauberin aus Holland angerufen, die ist angeblich
ein berühmtes Medium und tritt sogar im Fernsehen auf. Die hat gestern ganz starke
Schwingungen empfangen und will uns zum Mörder führen. Gegen eine Erfolgsprämie.
Und dann melden sich die ganzen Wünschelrutengänger, sogar aus Bayern. Und die Kernerin
hat angerufen und ihren Nachbarn bezichtigt, natürlich mit verstellter Stimme. Aber
ich hab sie sofort erkannt, die böse alte Fuchtel, die hat doch nur auf so eine
Gelegenheit gewartet. »
    »Könnte
da doch etwas dran sein? Am Nachbarn von dieser, dieser Kernerin?«
    Krinzinger
schüttelte den Kopf. »Die liegt mit dem Lois schon seit Jahren im Streit, ständig
nervt sie mich mit Anzeigen wegen Ruhestörung. Aber ich habe das natürlich trotzdem
sofort überprüft. Der Lois war von Samstag bis gestern Abend mit der Musikkapelle
in Tschechien. Das können mindestens 30 Leute bezeugen.«
    »Ausgezeichnet.«
    Krinzinger
nahm sich endlich selber eine Schokobrezel, er versuchte, nicht allzu geschmeichelt
dreinzusehen.
    »Haben Sie
von all diesen Anrufen eine Liste für uns? Für alle Fälle.«
    »Selbstverständlich.«
Krinzinger stieß sich vom Schreibtisch ab und rollte zur hinteren Wand, wo der Computer
flimmerte. »Ich habe Ihnen einen Ausdruck mit allen Daten und Zeiten gemacht.«
    »Sehr schön.«
    Pestallozzi
nahm das Blatt entgegen und reichte es an Leo weiter. Und was soll ich jetzt damit
anfangen, bitte schön, dachte Leo. Einen Papierflieger daraus basteln? Oder etwa
das Medium befragen? Er faltete das Papier zusammen und schob es in eine Tasche
seines Jacketts.
    Für eine
kurze Weile war es still im Raum, Krinzinger mümmelte seine Schokobrezel, Pestallozzi
betrachtete ihn freundlich.
    »Und jetzt,
Kollege Krinzinger, so ganz unter uns, hätte ich gern gewusst, was Sie über den
Fall persönlich denken. Sie haben den Gleinegg doch gekannt! Was war das für einer?
Aus Ihrer Sicht?«
    Krinzinger
schluckte und starrte auf die Schreibtischplatte. Diese Frage würde kommen, das
hatte er gewusst. Pestallozzi half ihm auf die Sprünge. »Haben Sie Schwierigkeiten
mit ihm gehabt?«
    Krinzinger
schüttelte den Kopf.
    »Nicht wirklich.
In der Jagdsaison hat’s natürlich immer wieder Anzeigen gegeben von ein paar Bauern,
weil irgendwelche Gäste sich nicht aufs Revier vom Baron beschränkt haben. Aber
das ist dann immer von ihm unter der Hand geregelt worden. Beliebt war er nicht,
aber die Leute haben Respekt gehabt.«
    »Hat es
eine Feindschaft mit einem bestimmten Bauern gegeben?«
    Pestallozzi
hatte in einem möglichst beiläufigem Ton gefragt, aber Leo musste natürlich an den
aufgebrachten Loibner denken und was der ihnen über den Alten und seinen herablassenden
Umgangston mit den Dorfbewohnern erzählt hatte.
    Aber Krinzinger
schüttelte wieder den Kopf.
    »Bestimmt
nicht. Und die Bauern sollen sich schon gar nicht aufregen. Da gibt’s bei uns in
der Gegend welche, die haben bestimmt nicht viel weniger am Konto, wie der Baron
gehabt hat. Ich meine, der Gleinegg. Die sitzen auf ihren Höfen, manche seit über
500 Jahren und behandeln ihre Leute auch nicht besser. Im Krieg damals hat meine
Großmutter alles eintauschen müssen, damit die Familie nicht verhungert. Am Schluss
hat sie dem Pfandlerbauern sogar ihr Taufmedaillon geben müssen für einen Sack Erdäpfeln.
So schaut das aus. Aber am Sonntag zur Kirche gehen und dem Pfarrer

Weitere Kostenlose Bücher