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Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Blutiger Klee: Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Klee: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Faro
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Märchen
erschienen, so warm und gemütlich. Die dunklen Deckenbalken ließen sie noch niederer
scheinen, auf dem Boden lagen bunte Flickenteppiche, in der Vitrine stand das schöne
Geschirr für die Feiertage. Und die Zierkissen auf der Holzbank waren noch immer
da, fein säuberlich aufgereiht, gehäkelt und gestrickt und mit gestickten Borten
verziert. ›Du herzigs Dirndl, du bist mei Seligkeit in alle Ewigkeit‹ stand in winzigkleinem
Kreuzstich auf Annas Lieblingskissen, darauf hatte sie ihren Kopf gelegt und dem
Wind gelauscht, der im Herbst das Laub durch den Garten trudeln ließ. Und wenn selbst
die warmen Pullover nicht mehr gegen das Frösteln halfen, dann hatte die Tante Kathi
zum ersten Mal eingeheizt, das war immer ein richtiges Fest gewesen. Die Holzscheite
aus dem Schuppen holen und den alten Ofen mit Zeitungspapier vorwärmen, und endlich
hatte es geprasselt, mit roten Backen waren sie vor dem glühenden Ungeheuer gesessen
und hatten sich Geschichten erzählt. Der Tante Kathi hatte man einfach alles sagen
und sich jeden Kummer von der Seele reden können. Bei ihr war ein Geheimnis gut
aufgehoben.
    Ein Glas
klirrte in der Küche, Anna schreckte aus ihren Träumereien hoch. Da saß sie wieder
in der Gegenwart und fühlte den Zorn zurückkommen. Irgendwie war alles beschmutzt,
seitdem … seit ihre Tante in diese ganze unglückselige Geschichte verwickelt war.
Es kam Anna noch immer wie ein böser Traum vor. Ausgerechnet der alte Gleinegg.
Der Vater vom Raffi. Und die Tante Kathi hatte ihn finden müssen. Das war einfach

    Ihre Tante
kam zur Tür herein und trug einen dampfenden Topf, Anna sprang auf, um ihr zu helfen.
Erdäpfelsuppe mit Schwammerln, ihr Lieblingsgericht. Die Tante schöpfte die Teller
voll, dann tauchten sie den ersten Löffel ein, Anna schnurrte vor Wohlbehagen beim
Schlucken.
    »Ich weiß,
es ist noch früh fürs Mittagessen«, sagte die Tante Kathi. »Aber ich kenn dich doch,
du hast bestimmt nichts im Magen. Und eine Suppe kann man immer vertragen. Stimmt’s?«
    Anna nickte
und lächelte. Sie griff nach der Hand ihrer Tante. »Wie geht’s dir denn?«
    »Du weißt
ja, Unkraut verdirbt nicht«, sagte ihre Tante.
    Aber Anna
konnte sich nicht erinnern, dass die Hand, die sie gerade hielt, jemals so kalt
gewesen war. Ob die Tante Kathi überhaupt geschlafen hatte in dieser Nacht? Was
für ein entsetzliches Gefühl musste das gewesen sein, so ganz allein da oben vor
der Kapelle, mit dem Toten auf der Bank. Den sie alle gekannt hatten. Den sie alle
verabscheut hatten. Anna konnte sich jedenfalls nicht vorstellen, dass irgendwer
um ihn trauern würde.
    »Um den
Gleinegg ist’s jedenfalls nicht schad’«, sagte Anna.
    »So ein
Ende hat sich keiner verdient«, sagte ihre Tante heftig. »Auch der Gleinegg nicht.«
    Sie aßen
schweigend weiter. Sogar meine Lieblingssuppe verdirbt er mir, dachte Anna. Ich
werde nie wieder Schwammerlsuppe essen können, ohne an den Gleinegg zu denken. Danke,
Herr Baron. Endlich war ihr Teller leer. Die Tante Kathi sah sie fragend an, aber
Anna schüttelte den Kopf.
    »Ich kann
nicht mehr.«
    Dann wagte
sie einen neuen Versuch.
    »War es
… ist es sehr schlimm gewesen für dich?«
    Ihre Tante
stapelte die Teller aufeinander. Schließlich nickte sie, langsam.
    »Schon.
Ich hab geglaubt, mir bleibt das Herz stehen. Zuerst war da der Geruch, du weißt
ja, ich riech einfach alles, auch aus der Entfernung. Und dann die Fliegen, die
sind schon überall auf ihm draufgesessen. Unter der Bank war der Klee ganz blutig,
du weißt schon, die lila Blüten, die die Hummeln so gerne haben. Komisch, was man
sich merkt von so einem Schrecken. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich dagestanden
bin. Meine Knie haben so gezittert. Dann bin ich runter zur Loibner Hanni, zum Glück
war die zu Hause. Zuerst hat sie gar nicht glauben wollen, was ich ihr gesagt hab,
die hat mich nur angeschaut, als ob ich nicht richtig wär im Kopf. Aber dann hat
sie den Krinzinger angerufen. Und dann waren alle sehr nett zu mir.«
    Anna streckte
die Hand aus und streichelte den Rücken der alten Frau.
    »Bist du
auch … verhört worden?«
    Ihre Tante
nickte.
    »Aber der
war sehr freundlich, der Herr Chefinspektor. Der wollte mich anschließend sogar
nach Hause bringen. Aber ich bin noch bei der Hanni geblieben, und wir haben einen
Schnaps getrunken, obwohl es so heiß war. Aber den haben wir brauchen können.«
    Sie saßen
da und hielten sich wieder an den Händen, langsam schien die Wärme in

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