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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kneifl
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geschickt. Ich bin gespannt auf seine nächste Telefonrechnung.
    Simon küsst mich auf die Wange. Seine Lippen so voll und weich, dass ich ahne, was für ein Gefühl es sein muss, wenn sie sich auf meine pressen würden.
    Ich lasse Orlando und ihn allein und fahre einkaufen in den Supermarkt, in dem wir gestern waren. Bevor ich mich in das Getümmel stürze, rufe ich rasch Mike an, sage ihm, dass wir heute Abend leider keine Zeit hätten. Sage ihm aber nicht, warum. Plötzlich finde ich Mike Logan nicht mehr so sympathisch. Hat mich Orlando mit seinem absurden Verdacht doch angesteckt?
    Als ich zurückkomme, haben es sich meine beiden Männer in unserem schnuckeligen Adobe-Häuschen richtig gemütlich gemacht, den Kamin eingeheizt und eine Flasche Wein geöffnet.
    „Simon wird heute Nacht auf unserer Wohnzimmercouch übernachten.“ Orlando strahlt mich an.
    „Wenn es dir recht ist“, sagt Simon.
    „Kein Problem.“
    „Sag mal, hast du vor, unser Abendessen erst zu schießen?“ Simon deutet auf die Schrotflinte, die ich gestern ins Haus gebracht und neben den Kamin gelehnt habe. „Orlando hat gemeint, dass es deine Flinte ist.“
    „Lacht nur blöd“, sage ich. Muss aber selber kichern. „Zwei so hübsche Mädels wie wir müssen uns eben vor den bösen Indianern schützen.“
    Ich ziehe mich in die Küche zurück, stelle Wasser für die Kartoffeln auf und mariniere die Thunfischsteaks.
    Simon kommt zu mir in die winzige Küche, fragt, ob er mir helfen könne.
    „Raus hier! Mit den toten Fischen werde ich allein fertig.“ Ich weiß selber nicht, warum ich so vergnügt bin.
    Simon und Orlando sitzen vor dem Kamin im Wohnzimmer und unterhalten sich angeregt. Das Häuschen ist so klein, dass ich jedes Wort von nebenan verstehen kann.
    Orlandos Englisch wird immer besser. Er hat endlich seine Hemmungen überwunden. Plappert drauflos, als wäre es seine Muttersprache. Außerdem scheint er Vertrauen zu unserem Detective zu haben. Ich höre, wie er Simon erzählt, dass statt der legendären österreichischen Kaiserin Sisi nun Romy Schneider sein Idol sei.
    Simon hat keine Ahnung, wer Romy Schneider ist. Orlando klärt ihn über die berühmte österreichische Schauspielerin auf.
    „Seither führt er sich genauso kapriziös auf, wie es diese Dame getan hat, und liebt 70er-Jahre-Schick“, sage ich aus der Küche kommend.
    Orlando lacht.
    Ich bin überrascht. Humor zählt normalerweise nicht gerade zu seinen Stärken. Auch das hat er angeblich mit Romy Schneider gemein.
    Er folgt mir in die Küche, holt eine zweite Flasche Wein. „Ich sag’s dir, der steht auf mich“, flüstert er mir auf Deutsch ins Ohr. Mein junger Freund ist so aufgekratzt, dass er vergisst zu fragen, ob ich auch ein Glas möchte.
    Oje, denke ich. Denn mittlerweile bin ich fest davon überzeugt, dass Simon heterosexuell ist. Die Blicke, die er mir seit unserem Wiedersehen zugeworfen hat, waren eindeutig. Von wegen, die Navajo schauen ihren Gesprächspartnern nicht in die Augen. Er hat mir die ganze Zeit tief in die Augen gesehen.
    Ich mache mir ein Bier auf und öffne das Küchenfenster, damit der Wasserdampf und der Fischgeruch entweichen können.
    „Schaut mal. Dieses Licht! Das ist irre. Alles ist blau!“, rufe ich.
    „Die Dämmerung ist immer blau“, sagt Simon und deckt den Tisch.
    Meine Kochkünste werden von beiden Herren gewürdigt. Verlegen wehre ich Simons Komplimente ab.
    Nach dem Essen und zwei Bier werde ich redselig. Spreche über meine große Familie, über das Begräbnis meiner Eltern und meine Zeit in New York bei meinem Onkel Sandor, dem Teufelsgeiger.
    Orlando kennt diese Geschichten auswendig und übernimmt freiwillig den Abwasch.
    Ich fühle mich sehr wohl in diesem 5000-Seelen-Städtchen und vor allem in unserem hübschen Häuschen. Am liebsten würde ich länger hierbleiben.
    Simon, der nicht mehr ganz nüchtern ist, erzählt uns ebenfalls von seiner Familie.
    „Wie bei vielen Indianern stammen auch meine Vorfahren von den verschiedensten Völkern ab. Mein Vater war ein Winnebago, meine Mutter eine Navajo, wie ihr wisst. Und obwohl man meinen könnte, dass ich mehr von dem Glauben und den Gebräuchen meiner Mutter mitbekommen habe, weiß ich viel mehr über meine Vorfahren väterlicherseits. Die Winnebago sind grandiose Geschichtenerzähler. Sie sprechen Siouan, gehören zur Sprachfamilie der Sioux’. Ursprünglich stammen sie aus Wisconsin und nennen sich selbst: Hotchangara, das bedeutet ‚People of the Parent

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