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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kneifl
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Schlangen kennt er sich jedenfalls aus. Und mit dem Messer ist er blitzschnell.“
    „Sei nicht so undankbar. Er hat dich gerettet.“
    „Ah, gibst du jetzt endlich zu, dass ich in Lebensgefahr geschwebt bin.“
    „Musst du immer so übertreiben, Orlando?“
    „Er könnte wirklich ‚The Snake‘ sein. Die Beschreibung passt, das Alter auch und Kriegsveteran ist er ebenfalls.“
    „Ja, und wir sind Bonnie & Clyde.“
    In den Bergen Südcolorados ist es deutlich kälter als in Cortez. Die Gipfel in der Ferne sind schneeweiß. Aber nicht nur auf den Bergen liegt Schnee. Als wir über einen Pass fahren, ist auch die Straße mit Schnee bedeckt. Weiße Flocken flirren im Rhythmus der Scheibenwischer über die Windschutzscheibe. Ein Streufahrzeug kommt uns entgegen. Ich weiche nach rechts aus. Lande beinahe im bräunlichen Matsch am Straßenrand.
    „Kannst du nicht aufpassen!“
    „Magst du fahren?“
    „Bist du verrückt?“
    Als wir die Passhöhe erreichen, wird das Schneetreiben dichter.
    „Hier sieht es aus wie in unseren Alpen“, sagt Orlando angesichts der märchenhaften Winterlandschaft.
    Erst kurz vor Taos wird das Wetter besser. Hier liegt kein Schnee mehr. Die Strahlen der Abendsonne tauchen das Land in ein weiches, freundliches Licht. Es ist immer noch sehr kühl.
    Wir überqueren den berühmten Rio Grande auf einer alten, sehr schönen Stahlbrücke. Links und rechts von der Straße erheben sich merkwürdige winzige Hügel. Als wir an einer dieser Erhebungen, die sich nahe der Straße befindet, vorbeifahren, sehe ich, dass es sich um ein Haus handelt.
    „Hey, schau, davon gibt es mehr, das sind Erdhäuser, glaube ich. Sie sind komplett ökologisch gebaut, bestehen aus mit Erde gefüllten Reifen, soviel ich gehört habe. Und die Zwischenwände innen sind aus recycelten Aludosen. Für Beleuchtung und Heizung nutzen sie Sonnenenergie. Wenn du in so einem Haus wohnst, bist du vollkommen autonom. Die schauen wir uns morgen genauer an.“
    „Okay“, murmelt Orlando gelangweilt, obwohl er an sich ein Grüner ist.
    Die Ebene vor uns sieht sehr freundlich aus, verglichen mit der unwirtlichen Gegend, aus der wir kommen.
    Vor der Tourismus-Information in Taos halten wir an. Zum Glück hat sie offen.
    Ohne lange herumzufackeln, mieten wir uns ein kleines Adobe-Häuschen in der Nähe der Innenstadt. Da Taos nicht mehr als 5000 Einwohner hat, ist sowieso alles Innenstadt.
    In einem Supermarkt kaufen wir Spaghetti, Roquefort und Crème fraîche, Salat und Dressing, Salz und Pfeffer, Kaffee, Brot, Butter, Käse, Eier, eine Flasche Wein, Wasser und Bier. Dann fahren wir zu unserem Häuschen. Inzwischen ist es 21 Uhr abends.
    Unser Lehmziegelhaus ist innen sehr kuschelig, fast putzig. Drei Zimmer, Küche und Bad – alles winzig klein.
    Während Orlando ausgiebig duscht, koche ich Spaghetti mit Roquefort-Sauce und mache den Salat an.
    „Dieser Mestize gefällt dir“, bringt Orlando die Rede wieder auf Mike Logan.
    „Ja und?“
    „Ist dir wirklich noch nicht der Gedanke gekommen, dass er der zweite Mörder deiner Eltern sein könnte?“
    „Spinnst du?“
    „Im Ernst. Du bist blauäugig, was Männer betrifft. Als wir in Wien-Margareten die Frauenmorde aufgeklärt haben, hättest du dich ja auch beinahe in den feschen Toni verknallt!“
    „An den erinnere mich lieber nicht.“
    „Das war ein ziemliches Arschloch.“
    „Bitte, Orlando, lass mich jetzt in Ruhe essen. Es war ein harter Tag.“
    „Wie du meinst. Aber hast du dich nicht gewundert, wie schnell Mike mit dem Messer war? Ich habe so was bisher nur im Zirkus gesehen. Ein Mann, der so gut mit dem Messer umgehen kann … Er hat diese Klapperschlange mit einem einzigen Wurf getötet! Und er ist ein Mestize. Dieser Dick Carson hat behauptet, dass sein Kumpan Indianer oder Mestize war und sich ‚The Snake‘ genannt hat. Warum wohl? Vielleicht weil er ein Schlangentöter war?“
    Ich bin müde, will mir Orlandos verrückte Verdächtigungen nicht mehr länger anhören. Außerdem finde ich Mike Logan nicht nur attraktiv, sondern auch sympathisch.
    Nach dem Essen gehe ich gleich ins Bett. Zum Glück haben wir zwei Schlafzimmer.
    Ich kann nicht einschlafen. Orlandos Worte gehen mir nicht aus dem Kopf. Warum sollten wir in diesem riesigen Land ausgerechnet einem der Mörder meiner Eltern über den Weg laufen? Völlig absurd. Mein Freund spinnt sich da wieder einmal etwas zusammen. Aber was, wenn er doch Recht hat?

12.
Taos, New Mexico, April 2012
    Nach einem

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