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Blutiger Sand

Blutiger Sand

Titel: Blutiger Sand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kneifl
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dass er vor ein paar Jahren im Irak umgekommen ist.“
    „Wurde er ‚The Snake‘ genannt?“
    „Nein, aber so ähnlich. Sein indianischer Name war ‚White Snake‘, wenn ich mich richtig erinnere.“
    Er ist es! Ich bin mir sicher, wir haben ihn gefunden. Am liebsten würde ich laut schreien.
    „Er ist tot, Kafka“, sagt Orlando, der wie so oft meine Gedanken lesen kann.
    „Wie sah er aus?“, frage ich.
    „Er war größer als ich und schlank. Seine Haut war blasser als meine und seine Augen waren auffallend hell.“
    „Woher wissen Sie, dass er im Irak getötet worden ist?“
    „Er stand auf der Liste.“
    „Welche Liste?“
    „In jedem Ort hängen Listen mit den Namen der im Krieg getöteten Soldaten aus. ‚White Snake‘ ist offenbar bei uns gemeldet gewesen, obwohl er schon lange nicht mehr hier gewohnt hat.“
    Orlando drängt zum Aufbruch. Es hat zu tröpfeln begonnen.
    Etwas überstürzt verabschieden wir uns von Yellow Cloud.
    „Ich möchte unbedingt noch in die hübsche Kirche“, sage ich zu Orlando und eile über den großen Platz zum Gotteshaus beim Eingang. Orlando folgt mir widerwillig.
    Unter dem Vordach des Kirchentores steht Mike.
    „Geht ruhig rein. Ich warte hier auf euch. Hab’s nicht so mit euren Kirchen“, sagt er. „Wir Hopi verehren Masaw. Er ist derjenige, der uns die Furcht vor dem Tod genommen hat.“
    Ich will fragen, wie ihm das gelungen sei. In diesem Moment beginnen sich die Schleusen des Himmels zu öffnen. Wir flüchten uns alle drei in die Kirche.
    Der Innenraum ist hell und freundlich. An den weiß getünchten Wänden hängt naive Malerei. Szenen aus dem Neuen Testament.
    Orlando ist entzückt von der hübschen indianischen Madonna, der die Leute verschiedene Gaben dargebracht haben. Maisfladen, gehäkelte Deckchen, kleine Stoffpüppchen und Blumen über Blumen.
    „Die meisten Indianer glauben sowohl an den Gott der Weißen als auch an ihre alten Götter. Und manchmal vermischen sich eben die Bräuche und Rituale. Wir geben unseren Toten bis heute reichlich Gaben mit ins Grab. Da draußen am Friedhof liegen kleine Schätze unter der Erde“, sagt Mike.
    Obwohl ich nicht religiös bin, finde ich sein spöttisches Grinsen unangebracht.
    Als wir die Kirche verlassen, ist der Regen in Schnee übergegangen. Wir laufen zu einer Hütte, vor der ein Schild mit der Aufschrift „Getränke und Bannockbrot“ steht. Wir haben Hunger.
    Die Tür der Hütte ist durch ein Stück gelbes Zellophan ersetzt worden.
    Zwei Augenpaare blicken uns überrascht an. Die Gesichter der beiden Frauen, Mutter und Tochter nehme ich an, haben einen Gelbstich.
    „Der Maisfladen wird wie ein Pfannkuchen gebraten. Ihr könnt euch zwischen salzig und süß entscheiden“, sagt Mike.
    „Sweeeeet“, sagt Orlando.
    Die alte Indianerin lächelt ihn an. Gibt eine halbe Tasse Maismehl und eine halbe Tasse Wasser, ein wenig Salz und vier Esslöffel Öl in eine Schüssel und verrührt die Zutaten. Erhitzt Öl in einer Pfanne, lässt den Teig löffelweise hineintropfen. Drückt den Fladen mit dem Löffel flach und brät ihn auf beiden Seiten, bis er knusprig braun ist. Auf Orlandos Brot gibt sie extra viel Ahornsirup.
    Während wir essen, frage ich Mike, ob er auch einen indianischen Namen habe.
    „Warum willst du das wissen?“
    „Nur so. Aber wenn du ihn mir nicht verraten willst …“
    „Ich bin Halbindianer. Meine Mutter hat ihren Stamm verlassen. Ich habe keinen indianischen Namen.“
    „Ich werde dich ‚Bright Eyes‘ nennen“, sage ich lächelnd und sehe ihm in die Augen.
    Er blickt verschämt zu Boden.
    „Hast du eine Idee, wohin wir heute Abend essen gehen könnten?“
    „Nein, aber ich kann mich umhören.“
    Wir tauschen unsere Handynummern aus.
    „Dieser Schnorrer lässt sich bestimmt wieder von dir einladen“, schimpft Orlando, als wir in unserem Suzuki sitzen.
    Das Schneegestöber hat genauso schnell aufgehört, wie es begonnen hat. Die Sonne kommt wieder durch und sogleich bessert sich meine Laune.
    „Er ist ein armer Hund“, sage ich.
    „Und du hast einen Sozialtick.“
    Als wir nach Hause kommen, sehe ich, kaum dass ich in unsere Straße einbiege, einen Mann in unserem kleinen Vorgarten sitzen: Detective Simon Hunter.
    Der Aschenbecher auf dem metallenen Tischchen vor ihm ist bis oben hin voll. Er scheint seit einer ganzen Weile auf uns gewartet zu haben. Woher weiß er, wo wir wohnen? Orlando? Natürlich. Bestimmt hat er wieder mit ihm telefoniert oder ihm eine SMS

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