Blutiger Segen: Der 1. SEAN DOYLE Thriller (German Edition)
Stein hatte den rechten Vorderreifen durchbohrt und zum Platzen gebracht. Sie stemmte die Hände in die Hüften und begutachtete den Schaden, dann wanderte ihr Blick die Straße entlang zu der Stelle, wo der Lastwagen mit dem Fenster angehalten hatte. Offensichtlich hatten die Männer ihren kleinen Unfall mitbekommen. Einer von ihnen sprang aus dem Führerhaus und lief zu ihr zurück.
Er bot ihr an, beim Reifenwechsel zu helfen, schlug vor, mit der Weiterfahrt auf sie zu warten, doch Cath schüttelte den Kopf und sagte ihm, der Lastwagen müsse pünktlich am Flughafen ankommen, um das Fenster an Bord des wartenden Flugzeugs zu bringen. Nur das Fenster zählte, erklärte sie, den Reifen könne sie schon allein wechseln. Der Mann sah erst sie an, dann den geplatzten Reifen, nickte und lief zum wartenden Lastwagen zurück, der kurz darauf seine Fahrt fortsetzte.
»Verdammt«, fauchte Cath und verpasste dem Reifen einen wütenden Tritt.
Sie sah dem Lastwagen hinterher, bis er hinter einer Biegung verschwand. Dann ging sie zum Kofferraum des Wagens, öffnete ihn und suchte nach dem Reserverad.
Auf keinen Fall erreichte sie den Privatjet rechtzeitig, um zusammen mit dem Fenster nach Irland zu fliegen. Sie musste auf eine Linienmaschine ausweichen.
Ein anderes Auto fuhr vorbei, doch dessen Insassen hatten nur einen flüchtigen Blick für sie übrig, als sie den Wagenheber und das Reserverad aus dem Kofferraum holte. Sie fragte sich, wie lange es dauern mochte, das Rad zu wechseln. Vielleicht hätte sie den Mann doch bitten sollen, zu bleiben und ihr zu helfen, überlegte sie. Cath band sich die Haare im Nacken zusammen und setzte den Wagenheber an.
Sie würde Callahan anrufen, sobald sie am Flughafen ankam.
Das Flugzeug war eine Cessna 560, fast 15 Meter lang und mit einer Spannweite von 16 Metern. Es stand bewegungslos da. Der Pilot schaute aus dem Fenster im Cockpit, als der Lastwagen mit der Kiste neben der Maschine hielt.
Man hatte die Kabine, die normalerweise sieben Passagieren Platz bot, umgebaut und die hinteren drei Sitze entfernt, um die Kapazität des Laderaums zu vergrößern. Darin wurde die Kiste mit dem Fenster vorsichtig verfrachtet und dann von der Drei-Mann-Besatzung mithilfe der Männer aus dem Lastwagen gesichert. Nach getaner Arbeit stiegen sie in den Lkw und fuhren weg.
»Ich dachte, wir sollten auch einen Passagier mitnehmen«, sagte John Martin, der Pilot. »Eine Frau.« Er rieb sich nachdenklich über das Kinn und zuckte die Achseln.
»Sieht aus, als sei unsere Glückssträhne vorbei«, meinte Nick Cairns grinsend. »Nur die Kiste.«
Martin nickte.
»Was ist da überhaupt drin?«, wollte das dritte Mitglied der Crew, ein hochgewachsener Schotte namens Gareth James, wissen.
Martin schüttelte den Kopf.
»Ich habe nicht mal daran gedacht zu fragen. Aber was es auch ist, es muss wertvoll sein.«
Cairns hob fragend die Augenbrauen. Sie beförderten sehr unterschiedliche Fracht, häufig auch Passagiere. Das Flugzeug gehörte ihnen gemeinsam, und das seit einem Jahr. Martin hatte über fünf Jahre als Pilot für eine Fluggesellschaft gearbeitet, bevor er sich mit seinen Kollegen, beide Mechaniker, selbstständig machte. Cairns, der älteste des Trios, hatte vor zehn Jahren kurze Zeit bei der Royal Air Force gedient.
Schmuggeln war ihr Geschäft.
Aus diesem Grund hatten sie auch den Laderaum umbauen lassen: um mehr Schmuggelgut transportieren zu können. Sie transportierten alles Mögliche, von Drogen über Kleidung bis hin zu Waffen. Auch Personen gingen, falls nötig, als Fracht durch. Sie hatten schon Kriminelle in Länder geflogen, die nicht auslieferten. Und Leute nach ihrem Ausbruch aus dem Gefängnis abgeholt, um ihnen zur Flucht zu verhelfen. Solange das Geld stimmte, erledigten sie den Job.
Und bei diesem Job stimmte das Geld definitiv.
Martin konnte sich nicht vorstellen, was sich in einer Kiste befinden mochte, die dem Mann, der das Flugzeug gechartert hatte, 250.000 Pfund wert war. Aber schließlich wurde er nicht für seine Fantasie bezahlt, sondern fürs Fliegen.
Cairns checkte die Instrumente, während Martin auf dem Pilotensitz Platz nahm.
Der Pilot schaute auf seine Armbanduhr und unterdrückte ein Gähnen. In etwa drei Stunden sollten sie am Übergabeort eintreffen.
Sie führten die letzten Checks durch, und er ließ die Maschine auf ihre Startposition rollen. Als alles bereit war, heulten die beiden Triebwerke von Pratt & Whitney auf, und die Cessna setzte sich in
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