Blutiger Spessart
dass er sogar nach Partenstein gezogen ist, nachdem er die Jagd hier gepachtet hat.«
Bei dem Namen Kerner schrillten bei Trospanini schlagartig sämtliche Alarmglocken.
»So, er ist der Jagdpächter?«, gab er etwas geistesabwesend zurück, nur um etwas zu sagen. Diese Erkenntnis musste er erst einmal verdauen. In seinem Kopf überschlugen sich die Gedanken.
»Ja, schon seit mehreren Jahren.«
»Aha, interessant«, gab der Consigliere zurück. Für den Augenblick hatte er genug erfahren. »Na, dann scheint das wirklich keinen Sinn zu haben. Trotzdem schönen Dank für die Auskunft.« Er winkte kurz, dann stieg er in sein Auto und fuhr vom Hof.
Der Jungbauer sah ihm etwas verwundert hinterher. Was hatte der Kerl jetzt eigentlich wirklich gewollt? Schließlich zuckte er mit den Schultern und schaltete den Hochdruckreiniger wieder ein. Man musste nicht alles verstehen.
Diese Neuigkeiten musste Trospanini erst einmal sortieren. Das Zusammentreffen verschiedener Fakten, die alle irgendwie zusammenpassten und auch wieder nicht, war ziemlich verwirrend.
Nach einigen Kilometern fuhr er auf einen Parkplatz, um in Ruhe nachdenken zu können. Ricardo Emolino verschwand, kurz nachdem er mit der Frau geflirtet hatte, die mit dem Oberstaatsanwalt befreundet war, der gegen den Emolino-Klan ermittelte. Noch dazu war die letzte Spur von dem Jungen in dem Gebiet gefunden worden, in dem dieser Kerner jagte, wie er soeben erfahren hatte. Schmitt hatte Hinweise gefunden, die darauf hindeuteten, dass Ricardo mit einem großkalibrigen Jagdgewehr angeschossen oder getötet worden war. Sofort korrigierte er sich: definitiv getötet worden war. Lediglich eine bloße Verletzung war nach den Fakten auszuschließen.
Trospanini schüttelte den Kopf. So viele Zufälle konnte es nicht geben. Allerdings konnte er sich auch nicht vorstellen, dass Kerner persönlich etwas mit dem Tod des jungen Emolino zu tun hatte. Nur weil der Junge seine Freundin angemacht hatte, schoss ein Oberstaatsanwalt nicht auf einen Menschen! Das war einfach undenkbar. Damit würde Kerner doch seine ganze Existenz aufs Spiel setzen!
Was war da also wirklich passiert? Es wurde alles immer rätselhafter. Den Verbleib des jungen Emolino aufzuklären, war er damit keinen Schritt näher gekommen. Trospanini entschloss sich, nochmals den Sprenger einzuschalten. Er griff zum Telefon.
Der Treffpunkt war derselbe.
F.-J. Schmitt hörte sich in Ruhe das weitere Anliegen des Consigliere an. Der Kunde war König. Nachdem Trospanini ihm erzählte hatte, was er über Kerner in Partenstein in Erfahrung gebracht hatte, fuhr er fort: »Wir wollen unter allen Umständen herausfinden, wo Ricardos Leiche ist und wer ihn getötet hat. Don Emolino ist außer sich vor Trauer und vor Wut! Er will seinen Sohn beerdigen können und … er will Rache. Beides sehr elementare Emotionen, die der alte Mann unter allen Umständen befriedigt haben möchte. Ich denke, das ist wohl nicht schwer zu verstehen.«
Schmitt schwieg.
»Die Suche nach dem Jungen werden wir, meine Männer und ich, fortsetzen. Finden Sie heraus, ob dieser Oberstaatsanwalt Ricardo getötet hat. Wenn Sie ein Ergebnis haben, teilen Sie es mir mit. Lassen Sie sich aber bitte nicht allzu viel Zeit. Wenn zutrifft, was wir vermuten, werden Sie einen lukrativen Folgeauftrag erhalten.«
Schmitt war klar, was er meinte. Es galt jedoch noch eine geschäftliche Frage zu klären. »Wenn ich im Umfeld eines Oberstaatsanwalts Nachforschungen betreiben soll, wird das ziemlich riskant. Wahrscheinlich kann man davon ausgehen, dass der Mann nach meinem Einsatz gegen den Kronzeugen Personenschutz hat.«
Trospanini verstand sofort. »Geld spielt in diesem Fall wirklich keinerlei Rolle.«
»Das Doppelte wie beim letzten Auftrag«, erklärte Schmitt.
Der Consigliere nickte. »Einverstanden. Die Hälfte morgen auf das bekannte Konto, den Rest bei Erfolg.«
Schmitt hatte es nicht anders erwartet. »Ich werde mich um schnelle Erledigung bemühen.«
Die Besprechung war beendet.
Auf der Heimfahrt machte sich Schmitt Gedanken. Schon früher hatte er Aufträge erhalten, bei denen er beispielsweise im politischen Bereich agieren musste. Hochriskante Einsätze, da die betreffenden Zielpersonen umfangreichen Personenschutz genossen. Für ihn war das allerdings nie ein unüberwindbares Hindernis gewesen. Er musste sich selbst eingestehen, dass dieser Auftrag ihn immer mehr reizte. Dieser Job forderte ihn intellektuell und versprach einigen
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