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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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geflochtene Haarpracht verdeckte den Rest des Gesichtes. Haut und Haare des Mannes waren mit einem übel riechenden Fett eingeschmiert, und auch sonst ließ die übrige Ausrüstung nicht daran zweifeln, dass der Fremde gewusst hatte, in welch unwirtliche Gegend er reisen würde.
    »Er riecht noch schlechter als das Essen, was ich sonst mache. Damit erübrigt sich wohl die Frage, ob wir unseren Proviant mit ihm auffüllen können, oder, Usil?«
    Mogda mochte diese derben Späße, aber vornehmlich erhoffte er sich davon eine Reaktion seines alten Freundes, die jedoch wie immer ausblieb.
    Vorsichtig begann Mogda, den Fremden von Fellen und Ausrüstung zu befreien. Der Mann hatte sich tatsächlich gut auf eine längere Reise in die Berge vorbereitet. Und ganz offensichtlich war er kein Händler. Mogdas Fürsorglichkeit geriet ins Stocken, als er das fachmännisch angelegte Seil um Bauch und Brustkorb des barbarisch aussehenden Mannes entdeckte. Solch eine Sicherung war nichts Ungewöhnliches für einen Kletterer. Was aber auffiel, war, dass das Seil gekappt worden war. Mogda besah sich das entwirrte Ende. Ein einziger Schnitt hatte das Tau durchtrennt.
    »Du bist nicht allein gekommen, stimmt's? Fragt sich nur, was ihr hier wolltet«, flüsterte Mogda dem bewusstlosen Mann zu.
    Eilig legte sich der Oger die breite Lederscheide seines Runenschwertes um, steckte das Schwert hinein und kramte aus einem Haufen Ausrüstungsgegenstände eine alte Spitzhacke hervor, die er normalerweise benutzte, um Eis für Trinkwasser zu schlagen. »Ich werde losgehen und schauen, was mit dem Rest seiner Kollegen passiert ist«, raunte er Usil zu. Der Alte saß immer noch regungslos auf seinem Hocker.
    Bevor Mogda hinaus in die Kälte ging, warf er den beiden Männern noch einen misstrauischen Blick zu. »Nicht, dass ihr euch um die Suppe streitet, es ist genug für alle da«, brummte er und zog die Tür zu.
    Mogda fand sich hier oben in den Bergen im Dunkeln genauso gut zurecht wie im Hellen. Er kannte die schwierigen Passagen, die für Fremde zu tödlichen Fallen werden konnten. Von der Kälte wenig beeindruckt, machte sich der Oger auf den Weg. Unter jedem Schritt des massigen Ogers knirschte der pulvrige Schnee. Die Spuren des fremdländischen Mannes verloren sich bereits nach kurzer Zeit, doch Mogda wusste um die wenigen Zugänge zum Gipfel. Die Ausrüstung des Mannes ließ darauf schließen, dass er den Berg nicht von der Nordseite bestiegen hatte, sondern über den gewundenen Pfad vom Osten gekommen war.
    Das Plateau auf dem Gipfel war nicht sonderlich groß, aber das brauchte es auch nicht zu sein, da Mogda lediglich einen Platz für sich gesucht hatte, der seiner innerlichen Trennung von allen anderen Wesen Nelbors gerecht wurde. Aber sein Aufstieg vor zwei Jahren hatte ihm nicht nur diese Höhle eingebracht, sondern auch die Wut des damaligen Bewohners.
    Ein ausgewachsener Höhlenbär nannte seinerzeit dieses karge Stück Landschaft und die triste Felsspalte sein Eigen und war bereit gewesen, beides zu verteidigen. Mogda empfand diese Herausforderung als Prüfung der Götter. Entweder konnte er sich im Zweikampf gegen dieses Ungetüm behaupten, oder sein neuer Lebenswandel wurde von Tabal als nicht wünschenswert erachtet.
    Der Bär, der Mogda in Kraft und Gewicht um einiges überlegen war, stürzte sich auf ihn mit der Gewissheit, für Wochen genug Nahrung zu haben. Der Kampf war lang und hart. Rator wäre stolz gewesen. Mogda verlor zwar zwei Finger der linken Hand, der Bär jedoch sein Leben. Dennoch hatte Mogda anschließend das Gefühl, die Prüfung nicht bestanden zu haben, denn es war nicht wirklich er selbst gewesen, der den Bären besiegt hatte, sondern das Runenschwert. Das Geschenk der Ettins war mehr als nur ein Stück geschliffenen Stahls - das Schwert besaß einen eigenen Willen.
    Mogda hatte sich schon des Öfteren dabei ertappt, wie er zu der Waffe sprach. Sein Verhalten kam ihm dann zwar noch absonderlicher vor als sonst - vor allem wenn das Schwert nicht antwortete. Und leider antwortete es nie. Aber das tat Usil auch nicht. Dennoch hatte er sich seitdem angewöhnt, seine Fragen so zu formulieren, dass sich eventuell beide angesprochen fühlten. Diesmal jedoch war er allein mit seiner Klinge. Es gab also keinen Grund, so zu tun, als würde er mit einer Person sprechen und nicht mit dem Runenschwert.
    »Natürlich sind sie gekommen, um mich zu finden. Niemand verläuft sich bis auf den Gipfel eines Berges und merkt

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