Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
Zweihänderschwert prangte auf dem Rücken des einen. Klinge und Griff bildeten ein Kreuz, das über seinem Kopf zu schweben schien.
Mogda hatte es rechtzeitig geschafft. Die Fremden hatten den Übergang noch nicht erreicht. Er würde vor ihnen dort sein und sie dann zur Rede stellen. Er begann zu rennen.
»Dort! Er will zur Schlucht«, hörte Mogda einen der Fremden rufen.
Sekunden später nahm Mogda einen von ihnen auf gleicher Höhe wahr. Der Fremde rannte ebenfalls und warf dabei seine Ausrüstung ab. Selbst seinen schweren Umhang ließ er zurück und zog dann seine Klinge blank. Diese letzte Geste ließ keinen Zweifel am Vorhaben der Fremden: Sie wollten ihn töten.
Sollte der Mann es schaffen, die andere Seite der Schlucht vor ihm zu erreichen, wären Mogdas Bemühungen umsonst gewesen. Es würde ein Leichtes für die Fremden sein, ihn zu stellen und zu töten, wenn der Oger versuchte, den Stamm zu überqueren. Gleiches galt aber auch für die Menschen.
Mogda wusste, was zu tun war. Er rannte, so schnell er konnte. Kurz bevor er die Schlucht erreichte, zog auch er sein Runenschwert. In der anderen Hand hielt er immer noch die Spitzhacke. Anstatt den direktesten Weg zur Felsspalte zu nehmen, rannte er auf den Fremden zu, um den Abstand zwischen ihnen zu verringern. Fast gleichzeitig erreichten sie den Rand der Schlucht.
Die Fremden schienen zu wissen, wo der Übergang war. Der barbarisch aussehende Kämpfer erreichte den Stamm als Erster. Mogda hatte sein Ziel um zwanzig Schritt verfehlt, aber das war jetzt egal - er sprang. Mogda spürte, wie er mit dem Fuß auf die steinige Kante trat und eisige Luft aus dem Abgrund seine Glieder gefrieren ließ. Mehr als dreißig Fuß waren es, die ihn von der anderen Seite trennten. Auf flachem Land und bei guter Witterung war dies eine Entfernung, die für einen Oger durchaus zu meistern war - allerdings ohne Waffe in der Hand und ohne die Gewissheit, in den sicheren Tod zu stürzen, sollte das Wagnis nicht gelingen.
Mogda hielt beim Sprung die Augen geschlossen; er wusste, was der Abgrund zu bieten hatte - unendliche Schwärze. Oft hatte er auf dem Stamm gesessen, in die Tiefe gestarrt und sich gefragt, ob die Schlucht ein Ende hatte oder ob sie dazu da wäre, alles in sich aufzunehmen und für immer verschwinden zu lassen.
Der Sprung über die Schlucht schien nicht enden zu wollen, und als Mogda endlich die andere Seite erreichte, war es ihm egal, dass er der Länge nach zwischen Eis und Felsen aufschlug. Die Kälte, die in ihm hochgekrochen war, linderte den Schmerz und schärfte seinen Verstand. Das leicht abschüssige Gelände würde ihn weit über den Rand hinausrutschen lassen und seinen Verfolgern die Möglichkeit geben, den Stamm zu passieren. Geistesgegenwärtig schlug Mogda die Spitzhacke in den Boden.
Der Ruck, mit dem er seinen Sturz abbremste, kugelte ihm fast die Schulter aus. Dennoch war er sofort wieder auf den Beinen und sah sich nach dem Fremden um. Der Krieger hatte die Schlucht ebenfalls hinter sich gelassen. Die Tatsache, dass er den Baumstamm zur Überquerung genutzt hatte, ließ ihn sich vielleicht nicht gerade einen Platz an der Tafel der Götter verdient haben, aber dafür war der Fremde unverletzt, stand aufrecht und hatte sich entschieden, mit zwei Kriegsäxten auf den Oger loszugehen.
Mogda blieb nicht viel Zeit, sich mit dem Krieger abzugeben. Vier seiner Kameraden folgten ihm dicht auf den Fersen und würden sich in der Auseinandersetzung sicherlich nicht hinten anstellen. Sie durften es auf keinen Fall schaffen, den Stamm zu überqueren, deswegen brauchte der Kampf nicht fair, sondern nur schnell beendet zu werden.
Mogda stürmte auf seinen Rivalen zu. Die Hacke ließ er fallen, da sein Arm zu sehr schmerzte. Er hielt das Runenschwert tief, um seinen Gegner aufzufordern, seine Brust zu attackieren - und so kam es auch.
Mogda wich seitlich aus, ließ sein Schwert fallen und packte den Arm des Angreifers. Mit einer Drehung riss er den Mann von den Füßen und wirbelte ihn herum. Mogda vollführte eine weitere Drehung und ließ den Mann los. Der fremde Krieger schlug kurz vor dem Abgrund auf den Boden, überschlug sich und stürzte dann in die Tiefe. Kein Schrei begleitete seinen Fall. Vielleicht wusste der Fremde, dass sein Atem nicht reichen würde, um ihn bis zum Ende zu begleiten.
Doch Mogda befand sich immer noch in Bedrängnis. Die anderen Barbaren hatten mittlerweile den Stamm erreicht. Zwei von ihnen balancierten bereits
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