Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
Vom Netzwerk:
Kurz darauf war alles wieder still, und nur das prasselnde Feuer in der Höhle war noch zu hören. Verwundert blickte Mogda seinen alten Freund an. »Hast du jemanden eingeladen?«
    Usil zeigte weiterhin keine Regung. Der Alte schien in seiner eigenen Welt gefangen. Schwerfällig erhob sich Mogda von seinem Sitz. Bevor er zur Tür ging, schnappte er sich noch das breite Runenschwert, welches an der Höhlenwand lehnte.
    »Eins sage ich dir gleich, wenn sie mehr als achthundert Pfund wiegt, gehört sie mir«, rief er Usil zu.
    Vorsichtig schlug Mogda den hölzernen Riegel zurück. Auf dieses kleine Extra an seiner ersten selbst gebauten Tür war er besonders stolz. Der Riegel, gefertigt aus einem Klotz, der durch Drehen genau in eine Felsspalte passte, war das Prunkstück seiner Arbeit. Die Verriegelung würde keinen Eindringling abhalten, aber wenigstens hielt sie die Witterung draußen.
    Mit einem Ruck riss Mogda die Tür auf und hielt die Schwertspitze Richtung Ausgang. Er war auf vieles gefasst. Auch wenn bis jetzt noch nie jemand den Weg hoch zu ihm gefunden hatte, reichte die Palette möglicher Besucher in seiner Vorstellung von Ogern über Stadtwachen bis hin zu Trollen. Doch Mogdas Blick fiel ins Leere. Die Sonne war bereits untergegangen, doch die eisige Schneelandschaft reflektierte das Mondlicht so stark, dass es hier oben, nahe des Gipfels, niemals richtig dunkel wurde. Schwere Schneeflocken rieselten langsam zu Boden. Schnell hatten sich die frostigen Kristalle auch um die Füße des Ogers gelegt. Er spürte, wie sie auf seiner Haut schmolzen und die Feuchtigkeit zwischen seine Zehen rann.
    Mogda schaute auf seine ledernen Sandalen und wurde einer kleinen Wölbung unter dem Schnee gewahr, nicht unweit seiner Tür. Mit einem Griff befreite er den Gegenstand aus seinem kalten Versteck und pustete den restlichen Schnee davon herunter. Es war ein Trinkbecher, den jemand gegen seine Tür geworfen haben musste. Von der Größe des Henkels her konnte es sich sowohl um das Gefäß eines Menschen als auch um das eines Zwergen oder Elfen handeln. Aber für einen Zwergenbecher fasste er eindeutig zu wenig Volumen, und für das Trinkgefäß eines Elfen ... na ja, es hatte eben einen Henkel. Es musste also einem Menschen gehört haben.
    Mogda spähte in die Kälte hinaus.
    »Wir kaufen nichts, wir haben alles«, rief er in die Dunkelheit.
    Die Vorstellung, dass ein Händler sich die Mühe machte, den Berg hinaufzureisen, um einen Oger mit seinen Waren zu bewerfen, klang auch in Mogdas Ohren nicht sonderlich plausibel, aber leider fielen ihm ansonsten nur noch wesentlich absurdere Erklärungen ein, die es nicht einmal verdient hatten, zu Ende gedacht zu werden. Also gab er sich mit seiner ersten Überlegung zufrieden. Ein Oger in einer Bärenhöhle, der einem alten Mann Suppe kocht, klingt immerhin ähnlich unwahrscheinlich, dachte er bei sich. Warum also nicht?
    Gerade als Mogda die Tür wieder schließen wollte, sah er etwas abseits eine zweite Erhebung unter dem Schnee. Sie war gut zwanzig Schritt vom Eingang entfernt und um einiges größer als der Becher. Der Händler?
    Mogda stapfte hinaus in den Schnee, sein Schwert immer noch fest umklammert. Die eisige Kälte machte dem Oger wenig zu schaffen. Bei genügend Nahrung und einem warmen Plätzchen zum Ausruhen war er genauso wenig kälte- wie auch wärmeempfindlich. Immer noch trug er die braune Hose, die nur seine Oberschenkel bedeckte, und eine lederne Weste. Ob Wüste, schneebedeckte Berge oder Sumpf, eine Kleiderfrage stellte sich nicht, da dies die einzige Montur war, die er besaß.
    Mit einem Griff in den Schnee packte er den Körper darunter. Es war tatsächlich ein Mensch. Der Mann war in graue Felle gehüllt und trug einen Lederpanzer mit Verstärkungen. An seiner Seite hing ein breites Bronzeschwert. Die Atmung des Mannes war schwach, aber regelmäßig.
    Mogda zog seinen Fund hinter sich her wie ein erlegtes Stück Wild. Er schleifte ihn bis zu der Feuerstelle in seinem Unterschlupf und ließ ihn dort auf dem Bauch liegen. Dann ging er zurück zur Tür und verriegelte sie, nachdem er sich vergewissert hatte, dass nicht noch mehr Fremde dort draußen waren.
    »Wie es aussieht, lassen die Damen noch auf sich warten, alter Freund«, brummte Mogda. Er ging zu dem Fremden und drehte ihn auf den Rücken. »Das hier ist jedenfalls ein Mann, und ein äußerst hässlicher, wenn ich das bemerken darf.«
    Das Gesicht des Fremden zierte ein Vollbart, und seine lange,

Weitere Kostenlose Bücher