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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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an Deck hatten genug damit zu tun, sich selbst zu helfen. Mogda erklomm das Achterdeck und hob Londor vorsichtig von dem Holzrad. Eine der Ruderpinnen war abgebrochen und steckte in seiner Bauchdecke. Nur den vielen Jacken und Hemden hatte er es zu verdanken, dass die Wunde nicht allzu tief war. Keuchend schlug der Kapitän die Augen auf und starrte Mogda an.
    »Immer dasselbe mit euch Ogern«, stöhnte er. »Man sollte euch in Ketten legen und im Meer versenken.«
    »Immer das Gleiche«, berichtigte ihn Mogda, »und was das Versenken angeht, machen wir momentan gerade große Fortschritte. Was müssen wir tun, damit das Schiff nicht sinkt?«
    Londor besah sich die blutigen Fetzen Stoff vor seinem Bauch und knüpfte das Wams auf. »Da die Götter die Augen verschlossen halten, würde ich sagen, schöpfen hilft. Falls es damit nicht getan ist, würde ich meinen, es reicht auch, wenn ihr mein Schiff verlasst und nach Argaht schwimmt.« Während seine Stimme immer mehr zu einem Brüllen anschwoll, übermannte ihn ein Hustenanfall.
    »Ich bringe Euch in Eure Kajüte, Kapitän der sinkenden Schiffe«, flüsterte Mogda ihm zu und hoffte, der unsäglichen Titulierung »Herr Oger« damit ein Ende gesetzt zu haben. Londor war stark unterkühlt und dazu auch noch verletzt. Ein wenig Ruhe, etwas zu essen und ein wärmendes Feuer sollten reichen, um ihn wieder auf die Beine zu bringen. Doch angesichts dessen, dass er der Kapitän des Schiffes war, wäre Mogda lieber gewesen, Cindiel hätte sich um ihn kümmern können.
    Ob sonst noch jemand an Bord ein Schiff richtig führen konnte, wagte Mogda zu bezweifeln, und die Aussicht darauf, so lange zwischen den Eisschollen herumzudümpel, bis Land in Sicht kam, behagte ihm nicht sonderlich. Er brachte Londor unter Deck und legte ihn in seine Koje. Ein Feuer prasselte bereits in dem geschmiedeten Ofen, der zum Glück unbeschadet geblieben war. Eine unversehrte Flasche Rotwein fand sich auf dem Fußboden zwischen all den Büchern, Seekarten und nautischen Geräten. Mogda warf dem Kapitän eine Decke hin.
    »Hier! Ruht Euch etwas aus. Ich bin bald zurück.«
    Als Mogda durch die Tür hinauskroch, von der er wieder einmal feststellen musste, dass sie noch kleiner war als die in den Häusern der Hüttenbauer, hörte er Londor mit bleierner Müdigkeit sagen: »Nur wenn ich es nicht verhindern kann, Herr Oger.«
    Zurück an Deck, sah er, dass bereits alle mit anpackten, um die Verletzten und Toten zu bergen. Mordigwel hatte den Platz am Ruder übernommen und gab Anweisungen, die beschädigte Takelage loszuschneiden, damit sie nicht weiter über den Köpfen hing und herabstürzen konnte.
    So robust die Oger auch an Land waren, so anfällig waren sie auf See. Die Kollision mit dem Eisberg hatte drei Ogern das Leben gekostet, darunter auch Korf, der zusammen mit Mogda an Deck gewesen war. Die abgebrochene Spitze des einen Mastes hatte sich durch seine Brust gebohrt und ihn am Vorderdeck aufgespießt. Von den Seeleuten, die genauso unter der Takelage begraben worden waren, hatte sich allein Josch, der Hüne, verletzt. Sein Arm war gebrochen, und er hatte eine Platzwunde an der Stirn. Alle anderen kamen mit dem Schrecken davon.
    Unter Deck sah es noch schlimmer aus. Nach Aussage von Bralba waren zwei der Oger durch Splitter aus der eingedrückten Bordwand getötet worden, und Stan, einen der Zwillinge aus der Mannschaft, hatte ein volles Fass Pökelfleisch erschlagen. Sein Bruder Tinnert war am Boden zerstört.
    »Wir haben noch Glück gehabt«, brummte Mo vom Achterdeck. »Normalerweise würden wir jetzt schon auf dem Grund des Meeres liegen und Fischfutter sein. Egal, was jetzt noch kommt, ein Sturm, Eisregen oder eine weitere Eisscholle, das nächste Unglück wird unser letztes sein.«
    »Dann bete zu deinem Gott, dass er uns verschont«, gab Mogda verärgert zurück.
    »Die Götter hatten ihr letztes Unglück schon«, erwiderte Mo.
    Normalerweise hätte Mogda ihn für diese Antwort über Bord geworfen. Die Menschen waren gut darin, den anderen die Schuld an ihren Miseren zu geben, und Mogda hörte am Unterton des Steuermanns, dass er mit »Unglück« die Oger meinte. Einzig und allein die Tatsache, dass Mo in der Lage war, das Schiff zu steuern, bewahrte ihn vor dem Zorn des Ogers.
    Mogda wollte noch etwas zum Besten geben, um den Steuermann zurechtzuweisen, doch er wurde von weit entfernten Rufen abgelenkt.
    »Hilfe.«
    Der Ruf schien zaghaft und war kaum zu vernehmen. Erst beim dritten Mal

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