Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
dem er seine Hauer entblößte, war so viel- und nichtssagend zugleich, dass es einen Dämon zur Verunsicherung hätte bringen können.
»Folgen Bach in Wald«, dröhnte er. »Hüttenbauer nicht warten auf Gnunt und Tastmar. Reiten in Bach, bis Abend. Wald enden, dann reiten bis Tag kommen Osten. Morgen früh, Hüttenbauer erreichen Zwergenburg.«
Cindiel war nicht wohl bei dem Gedanken, ohne die Oger weiterzureisen. Außerdem empfand sie es als zu riskant für die beiden zurückzubleiben. Was, wenn sie auf die Söldner trafen? Sie konnten unmöglich hoffen, alle zu töten. Sie fragte sich, ob Gnunt und Tastmar ihr Leben für ihre Sicherheit oder für die Sicherheit des Funkens gaben. Keiner der beiden kannte sie oder jemand anderen aus dem Trupp sonderlich gut. Warum sollten sie ihre Leben aufs Spiel setzen, nur um einigen Fremden zu helfen? Andererseits hatten sie auch nicht viel mit dem Funken der Götter zu schaffen. Was interessierte es einen Oger, ob es Magie auf der Welt gab oder nicht?
Gnunt öffnete seinen Beutel und zog das zusammengebundene Lederstück hervor, in dem Cindiel den gelben Splitter, den Funken der Magie, eingewickelt hatte. Ohne eine große Geste oder auch nur das geringste Zeichen von Gottesfurcht zu zeigen, warf er das Bündel zu ihr hinüber.
Cindiel war keine besonders gute Werferin, und mit dem Fangen verhielt es sich ähnlich. Als sie bemerkte, dass niemand von ihren Begleitern reagierte oder Anstalten machte, das Bündel zu fangen, geriet sie in Panik. Sie sah, wie der braune Lederfetzen sich aus Gnunts Hand löste und über den Bach flog. Halb stolpernd, stürzte sie vor, die Arme weit ausgebreitet und das kleine Bündel nicht einen Moment aus den Augen lassend. Immer dichter kam es heran, zum Greifen nah. Dann umschlossen sich ihre Hände, und sie fühlte, wie das Leder ihre Finger streifte. Einen Moment schien ihr Herz stehen zu bleiben. Sie drehte sich um und sah den Lederbeutel am Boden liegen. Fein säuberlich umschloss die Kordel immer noch das Bündel, und sie fragte sich, was sie wohl gedacht hatte, was passieren würde, wenn der Splitter zur Erde fiel?
»Prinzessin, was war das denn? Wir bewachen einen Stein und nicht die letzte Flasche Rotwein auf dieser Welt. Hattest du Angst, er würde zerbrechen?«
Cindiel erkannte Hagrims Stimme, aber auch ohne sie gab es keinen Zweifel daran, von wem dieser Ausspruch gekommen war. Sie konnte nicht erwarten, dass jemand, der sein Leben damit verbrachte, in einer Welt aus Geschichten zu leben, ihre Befürchtungen teilte. Besonders nicht, wenn dieser jemand die paar Silberlinge, die er dafür bekam, dafür verschwendete, in die Traumwelt des Traubensaftes zu flüchten. Um ihn ins Hier und Jetzt zu holen, verpasste sie ihm einen neuen Hieb mit der Weidenrute, verfehlte ihn jedoch.
»Hey, hey«, beschwerte er sich. »Du hast bereits zu viel Ogerblut in dir.«
Cindiel hob das Bündel mit dem Funken auf und verstaute ihn sicher in ihrer Tasche.
»Wir sollten machen, dass wir loskommen«, sagte Finnegan. »Wenn wir uns beeilen und die Nacht durchreiten, können wir uns einen guten Vorsprung verschaffen. Mit etwas Glück können Gnunt und Tastmar die Söldner noch einige Stunden aufhalten.«
Finnegan führte sein Pferd den Abhang hinunter und saß unten im Bach wieder auf. Die anderen Soldaten taten es ihm gleich.
Als Cindiel unten im Bach auf ihrem Pferd saß und Hagrim hinter ihr ungeduldig auf dem Pferderücken hin und her rutschte, warf sie noch einen Blick auf Gnunt und Tastmar. Die beiden Oger zeigten keine Gemütsregung. Ausdruckslos beobachteten sie den Waldrand, der vor ihnen lag. Vielleicht wussten sie, was sie erwartete, vielleicht taten sie aber auch nur das, was Mogda von ihnen verlangte, ohne über die Gefahren nachzudenken. Hagrim erkannte die Sorge in Cindiels Gesicht und legte eine Hand auf ihre Schulter.
»Sieh dir die beiden Hünen an«, flüsterte er ihr ins Ohr, »und jetzt stell dir vor, Gnunt, Tastmar und die Söldner hinter uns sind alle deine Freunde. Um wen machst du dir mehr sorgen?«
Der Gedanke war mehr als abwegig, doch er hatte Recht. Die beiden Oger waren den Söldnern überlegen, dennoch fürchtete sie um die beiden. Sie hoffte, sie würde sie wiedersehen. Dann verpasste sie dem Pferd einen leichten Schlag auf das Hinterteil und trieb es vorwärts.
Noch in der Nacht hatten sie den Wald wieder verlassen. In der Dunkelheit waren sie nur langsam vorangekommen, der flache Bachlauf mit dem vielen losen
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