Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
dieses Bollwerk gebaut und zerstört wurde. Ein Krieg um diese Zwergenfeste wäre sicherlich nicht spurlos an dir vorübergegangen, alter Mann. Du wärest sicherlich dabei gewesen - auf der einen oder anderen Seite.«
»Spann uns nicht auf die Folter mit deinem unerschöpflichen Vorrat an Wissen«, krächzte Hagrim mit flehender Stimme.
Finnegan überging Hagrims Respektlosigkeit einfach. »Einige behaupten, die Zwerge seinen voreilig gewesen bei der Wahl des Standortes. Das Gestein war porös und der Untergrund nicht fest genug, um solche Bauten zu halten. Andere wiederum sagten, die Götter haben den Krieg zwischen Zwergen und Elfen nicht gutgeheißen. Timuleé, die Göttin der Natur, befahl den Elfen, das Land zu verlassen, und Grothak ließ zur Strafe die Bauten der Zwerge zusammenstürzen wie Sandburgen.«
Hagrim knurrte verächtlich. »Klingt, als ob du dir das alles ausgedacht hast.«
»Ich habe mich erkundigt, bevor ich losgeritten bin«, erwiderte Finnegan scharf. »Nur Narren und Trinker gehen auf eine Reise und wissen nicht, wohin sie der Weg führt.«
»Irgendwann wirst du bestimmt mal ein großer Feldherr, wenn du so weitermachst«, spottete Hagrim. »Vielleicht führst du demnächst schon dein eigenes Heer gegen die Priospriester in den Krieg.«
Finnegan trat seinem Pferd in die Flanken, galoppierte wutschnaubend davon und schloss sich wieder seinen Männern an. Cindiel wusste, was an ihm nagte. Gewollt oder nicht gewollt, Hagrim hatte ihn auf das Problem mit seinem Vater gestoßen. Selbst wenn Finnegan kein Heerführer werden würde, irgendwann musste er sich seinem Vater stellen, spätestens, wenn die Lords sich dazu entschlossen, etwas gegen ihren Machtverlust zu unternehmen.
»Das war nicht besonders klug von dir«, schalt sie Hagrim. »Wir brauchen Finnegan und die anderen Soldaten.«
»Hagrim knurrte verächtlich. »Wenn du etwas Schlaues hören wolltest, wärest du besser auf dem Schiff bei Mogda geblieben. Die Oger sind jedenfalls nicht so dumm, dass sie sich wegen ihres Glaubens selbst zerfleischen. Bei den Menschen gehen sogar Vater und Sohn aufeinander los. Was für ein Schicksal haben wir wohl verdient?«
»Eines, in der es auch in Zukunft noch Väter und Söhne gibt.«
Vom Eingang zur Zwergenfeste war nichts als ein kahler Tunnel geblieben, mit Rissen durchzogen und halb verschüttet von Trümmern. Den einstigen Glanz und die prunkvollen Steinmetzarbeiten konnte man nur noch erahnen, wenn man sich die Mühe machte, einige der Bruchstücke oder die Reste der Säulen genauer zu untersuchen. Ehemals zehn oder zwölf Schritte breit, blieb nun nicht mehr als ein schmaler gewundener Gang zwischen Schutt und Geröll. Einzig und allein die Höhe von fast dreißig Fuß deutete darauf hin, dass dies einmal ein stolzer Zwergenbau gewesen war.
Finnegan hatte beschlossen die Pferde mit in das große Foyer zu nehmen. Er wollte verhindern, dass die Tiere ihr ohnehin schon auffälliges Versteck schon von Weitem verrieten. Die Tiere würden, wenn sie Hunger und Durst bekämen, allein den Weg hinausfinden, versicherte er Cindiel, als er ihren misstrauischen Blick sah. Eigentlich hatte sie sich gar keine Sorgen um die Pferde gemacht, sondern wunderte sich vielmehr über Finnegan selbst, den sie nie zuvor so energisch und selbstsicher gesehen hatte. Für sie war er immer noch der Mann, der sich nicht entscheiden konnte, was er essen wollte, wenn er heimkam - und wenn er es doch einmal tat, sich von Hagrim seine Mahlzeit wegnehmen ließ.
»Ihr wartet hier«, sagte er zu seinen Männern, nachdem sie die Tiere abgesattelt hatten. »Ich gehe zurück zum Eingang, um zu sehen, wie viele der Söldner uns noch folgen. Wenn sie bis Mittag nicht auftauchen, haben es Gnunt und Tastmar vielleicht geschafft, sie aufzuhalten. Bis dahin ruht euch aus. Wir werden die Pferde zurücklassen und zu Fuß weitermarschieren. Nehmt nur Sachen mit, die wir unbedingt brauchen, den Rest lasst hier. Stellt euch darauf ein, dass wir schnell aufbrechen müssen.« Finnegan wandte sich von seinen Männern ab und kehrte zurück zum Eingang.
»Ich komme mit dir«, rief Cindiel und lief ihm nach.
Sie holte Finnegan erst ein, als er bereits nahe dem Eingang hinter einer umgestürzten Säule in Deckung ging, um das dahinterliegende Tal zu beobachten. Einen Moment saßen sie schweigend beieinander.
»Was ist mit dir?«, fragte Cindiel.
»Nichts«, antwortete Finnegan, ohne ihr den Blick zuzuwenden.
»Ist es wegen mir und deinem
Weitere Kostenlose Bücher