Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
wie er so falsch hatte liegen können.
»Galok gefunden Ziegenkeule«, berichtete der Kriegsoger, der die meisten seiner Haare anscheinend gegen Körpergewicht getauscht hatte. Mogda hatte bisher noch nie eine geräucherte Ziegenkeule gesehen, doch war er sich sicher, dass sie beim Abhängen nicht gewachsen sein konnte. Der Hinterlauf, den Galok ihm entgegenreckte, gehörte zu einem Tier, das sicherlich gewaltiger war als eine Ziege.
Mogda verkniff es sich, Galok zu berichtigen, was die vermeintliche Herkunft der Keule betraf. Ein Fettnapf am Tag reichte. Er wollte sich nicht dabei ertappen, wie er abermals staunend in der Landschaft stand und eine zwei Meter große Ziege bestaunte.
»Gut gemacht, Galok«, lobte er den Oger. »Tragt alles zusammen, was wir an Essbarem gefunden haben. Wir werden hier ein Lager aufschlagen.«
Eine Rast würde allen guttun, befand Mogda. Dieses Dorf war jetzt schon das dritte, das sie gefunden hatten. Die anderen beiden lagen näher an der Küste und schienen schon vor Jahren überfallen worden zu sein. Knochen hatte sie dort keine gefunden, genauso wenig wie etwas zu essen. Beinahe wären sie an ihnen vorübergezogen, ohne sie zu bemerken. Gebäude, Wachtürme und Schutzwall ragten nur noch zwei Fuß über der Erde auf, der Rest war entweder verbrannt oder im Laufe der Zeit verwittert. Schnee und Eis hatten sich über die Ruinen gelegt, und nur ein einsames Schild, dessen Aufschrift nicht mehr lesbar war, hatte ihre Aufmerksamkeit auf den Ort gelenkt.
Wenn es stimmte, was die alte Frau aus Uthna ihm erzählt hatte, musste es so gewesen sein, dass die Barbaren zuerst die Dörfer rund um die Insel Argaht angegriffen hatten. Als dann keine Städte mehr in Reichweite waren, mussten sie sich entschlossen haben, die Küste entlang und dann landeinwärts zu ziehen. Genau wie Mogda und seinem Trupp konnte es ihnen nicht schwergefallen sein, von der Insel herunterzukommen, da das Meer nördlich der Insel die meiste Zeit des Jahres zugefroren war. Den Ogern wäre es noch nicht einmal aufgefallen, dass sie wieder über Eis liefen, unter dem das Meer schlummerte, doch Kapitän Londor hatte es sich nicht nehmen lassen, es lauthals herauszuposaunen. Er liebte die verunsicherten Blicke der Oger und ihre leisen Stoßgebete an Tabal.
Mogda setzte darauf, weiter im Landesinneren noch andere Dörfer zu finden. Mit etwas Glück stöberten sie jemanden auf, der ihnen sagen konnte, wo sich die Barbaren und ihre selbst ernannte Göttin gerade aufhielten. Wenn es schlecht lief, würden die Barbaren sie zuerst finden.
Es tat gut, wieder an einem Feuer zu sitzen und sich Hände und Füße zu wärmen. Keuchel hatte darauf bestanden, aus dem gepökelten Fisch und dem Trockenobst eine Suppe zu kochen. Mit vollmundigen Worten hatte er gesagt: »Fisch und Frucht, das passt zusammen, beides beginnt mit F.«
Mogda fiel dazu nur ein, dass man Fleisch auch mit F schrieb, doch er erwähnte es nicht, weil er die überdimensionale Ziegenkeule nicht auch an die Kochkunst des Smutjes verlieren wollte.
Die Männer hatten einen Holzbottich gefunden, so einen, in dem sich die Menschen sonst die Füße wuschen. Keuchel hatte ihn fürsorglich mit Schnee ausgewischt und dann begonnen, in vielen kleinen Töpfen Wasser zu kochen und damit einen Sud anzurühren. Nachdem Keuchel bestimmt zum hundertsten Mal heißes Wasser in die Suppe gegeben hatte, verkündete er, sie müsse noch eine Stunde ziehen, damit sie richtig schmecke. Weil er jedoch keine Möglichkeit fand, sie köcheln zu lassen, bestand Londor darauf, gleich mit dem Mahl zu beginnen.
Als Mogda sich seine Schüssel vor die Nase hielt, um an der lauwarmen und trüben Brühe zu riechen, fielen ihm noch zwei Worte mit F ein: Fäulnis und furchtbar. In einem Zug leerte er die Schüssel und ließ den Inhalt den Rachen herunterlaufen in der Hoffnung, er würde nichts schmecken. Leider war dem nicht so. Erst als er ein Stück der Ziegenkeule bekam und darauf herumkaute wie auf einem Stück Leder, nach dem es sich auch anfühlte, wich der faulige Geschmack in seinem Mund. Zu seiner Überraschung bot ihm Kapitän Londor sogar einen Schluck des Bieres an, dass sie durch ständiges Drehen des Fasses nahe dem Feuer wieder geschmolzen hatten. Das kühle Bier schmeckte fad, aber es war genießbar, besonders nach Fisch und Frucht.
»Na, Käpten, wie schmeckt Euch die Suppe?«, fragte Keuchel.
Londors Gesichtsausdruck schien eigentlich Antwort genug zu sein, damit der
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