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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Inferno heil zu durchqueren.
    Zwei Hand voll saßen noch auf ihren Pferden, die Waffen gezückt, und verfolgten Tastmar immer noch. Er wandte sich wieder Cindiel zu. Die junge Frau stand nun mit gesenkten Armen im Eingang zur Zwergenfeste. Die Erschöpfung war ihr anzusehen. In der Hand hielt sie den Götterfunken. Auf ihre Hilfe schien Tastmar nicht mehr hoffen zu können, und er selbst war auch nicht mehr in der Lage, gegen knapp ein Dutzend Männer gleichzeitig zu kämpfen.
    Er rannte weiter auf Cindiel zu. Jetzt galt es, nicht mehr nur sich zu retten, sondern auch die Frau und den Stein. Er hatte es dem dünnen Mann versprochen.
    Tastmar stürmte durch den Eingang und riss Cindiel von den Füßen. Ihr Gewicht war nichts, was einen Oger besonders behinderte, und da sie kaum mehr die Kraft hatte, selbst zu laufen, musste er sie tragen.
    Er hatte sie einfach an der Taille gepackt und rannte mit ihr den Tunnel entlang. Hinter sich hörte er die Hufschläge von Pferden in dem langen Gang widerhallen. Sie würden es nicht schaffen, ihren Häschern zu entkommen. Er stellte Cindiel wieder auf den Boden.
    Er packte ihre Hand, die immer noch den Stein umklammerte. Wie das flackernde Licht einer fast erloschenen Kerze pulsierte der gelbe Kristall in ihrer Hand. Er tippte auf den Stein und zeigte in Richtung des Ausgangs. Cindiel verstand, was er wollte, nur hatte sie kaum noch die Kraft zu sprechen, geschweige denn zu zaubern.
    »Es geht nicht mehr«, flüsterte sie. »Ich bin zu erschöpft.«
    Ihre Worte gingen fast unter in den Hufschlägen und dem Gebrüll der Männer, doch Tastmar verstand sie auch so. Er zückte ein Messer aus seinem Gürtel, drehte die junge Frau in Richtung des Ausgangs und zog ihr die Schneide der Klinge langsam über den Handrücken.
    Cindiel erwachte wie aus einer Trance. Ihr Schrei gellte durch den Tunnel und hallte von den Wänden wider. Ihre Hand verkrampfte sich um den Stein, und Blut lief an ihrem Arm hinab. Mit der anderen Hand schien sie einen unsichtbaren Türknopf drehen zu wollen. Steine, Schutt und Geröll formten sich zu einer waagerechten Windhose. Immer mehr Erdreich riss der Zauber mit sich, und immer weiter dehnte sich der Strudel aus. Als ihr Schrei erstarb, lösten sich die größten der Brocken und rasten auf den Ausgang zu. Pferde, Männer und Säulenreste wurden mitgerissen und zermalmt, bevor sie das Tageslicht wieder erreichten. Dann stürzte der vordere Teil des Eingangs zusammen und begrub jeden unter sich, der es geschafft hatte, dem Zauber zu entkommen.
    Eine Wand aus Staub umhüllte Tastmar und Cindiel. Der Oger spürte, wie der Frau die Beine wegsackten, doch er konnte ihren Sturz auffangen und nahm sie in die Arme. Sanft strich er ihr mit zwei Fingern über die Stirn. Dann nahm er den pulsierenden gelben Stein auf, der sich aus ihrem Griff gelöst hatte und zu Boden gefallen war, und steckte ihn in seine Tasche. Damit verlosch auch das letzte bisschen Licht, und er trug sie fort in die Dunkelheit.

32
Eisige Begleitung

    Mogda rief sich die Worte der alten Frau aus Uthna wieder in Erinnerung: Das Vieh, das wir essen, züchtet sich selbst und lebt in Städten aus Holz und Stein. Der Hunger der Krieger des kochenden Blutes lässt sich nur mit Fleisch stillen, das auch eine Waffe tragen kann.
    Mit einem Schaudern betrachtete er den Haufen von Knochen und Schädeln vor sich. Die Gebeine reichten ihm fast bis zur Brust. Hundert und mehr Menschen mussten hier ihr Leben gelassen haben. Die blank polierten Knochen der Anwohner, die eingestürzten Dächer der Hütten sowie die bereits zur Hälfte mit Schnee gefüllten Wohnräume zeugten davon, dass der Angriff bereits mindestens ein halbes Jahr her sein mochte. Vom Verteidigungswall des kleinen Dorfes standen lediglich noch einige Palisaden und die Reste zweier abgebrannter Wachtürme.
    »Hüttenbauer schwach«, sagte Bralba. Ihr Kommentar schien erklären zu wollen, wie so eine Gräueltat zustande gekommen war - und bei den Göttern, es war eine Gräueltat, selbst in den Augen eines Ogers.
    Die Ogerfrau stand zusammen mit Purgol und Kapitän Londor hinter Mogda: Die drei versuchten, sich ihren Teil der Geschichte zusammenzureimen. Alle anderen waren auf der Suche nach etwas Essbarem. Unter den Trümmern konnten bereits zwei Leinensäcke mit getrockneten Früchten, eine Kiste mit gesalzenem Fisch und ein Fass gefrorenes Bier geborgen werden. Die magere Ausbeute würde gerade einmal reichen, um die Mannschaft des Kapitäns bei

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