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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Untergrund und stemmte sich, erneut Schwung holend, gegen die Holzplatte. Aber der Barbar gab nicht auf. Immer wieder schaffte er es, den Tisch so weit von sich zu drücken, dass sein Brustkorb freikam und er erneut Luft holen konnte.
    »Stirb, stirb endlich!«, brüllte Mogda ihn an.
    Der Barbar hatte mittlerweile blutunterlaufene Augen, und schäumender Speichel troff aus seinem Mund. Noch einmal erhöhte Mogda den Druck, ließ dann locker, drehte sich und stemmte sich nun mit dem Rücken gegen die Tischplatte. Diesmal hörte er, wie die Schultern des Fremden brachen und seine Arme nachgaben. Mehrmals stieß Mogda mit dem Kopf nach hinten, dem Fremden direkt ins Gesicht schlagend. Endlich schwand die Gegenwehr des Barbaren.
    Mogda ließ sich erschöpft zu Boden sinken und sah zu Usil hinüber. Eine Blutlache hatte sich um den Kopf des Alten gebildet und versickerte allmählich zwischen den Ritzen der Steine.
    »Für heute haben wir genug gekämpft, Usil. Lass uns verschwinden, bevor das übrige Pack kommt. Ich bringe dich nach Hause, alter Freund.«
    Usil antwortete nicht - und würde es auch nie mehr tun.

4
Falscher Glaube

    »Komm schon, Kleine, mach auf! Ich weiß, dass du da bist. Ich habe dich gehört.« Die grobe Männerstimme kam von der Hintertür und wurde begleitet von einem schroffen Klopfen.
    Cindiel wusste, wem sie diese abendliche Ruhestörung zu verdanken hatte. Die Stimme und das ungehobelte Verhalten gehörten zu Rodney, einem Hinterhofschläger, der seine schlechte Angewohnheit zu aggressivem Verhalten zur Profession gemacht hatte. Vor etwas über einem Jahr war der Mann mit der bulligen Statur und Glatze das erste Mal bei Cindiel aufgetaucht. Damals erzählte er der jungen Hexe, seine Mutter sei die Treppe hinuntergefallen und er bräuchte für sie ein Gebräu, das ihre Schmerzen lindere. Danach war er regelmäßig einmal in der Woche vorbeigekommen.
    Cindiel hatte seine Lügengeschichten und Ausreden bald satt gehabt und ihn gezwungen, mit der Wahrheit herauszurücken. Der junge Mann hatte ihr daraufhin auf recht plumpe Weise gestanden, dass seine Schlägereien in dunklen Gassen nicht mehr nur von der Freude angetrieben wurden, fremden Menschen wehzutun, sondern sich neuerdings auch noch auszahlten. Zum Vergnügen der Reichen, die Wetten auf den Sieger abschlossen, schlug er sich inzwischen mehrere Abende in der Woche. Sein geringes Schlägergeld, das er dafür erhielt, sicherte ihm dennoch seinen Unterhalt und erlaubte es ihm, sich mit Tränken aus Cindiels Hexenküche zu versorgen, um die Schmerzen zu vertreiben.
    Anfangs fand Cindiel es nicht sonderlich verwerflich, sich sein Geld wie ein Schausteller mit Zweikämpfen zu verdienen. Erst als Hagrim ihr schilderte, mit welcher Brutalität diese Kämpfe ausgetragen wurden, änderte sie ihre Meinung. Einige Male hatte Cindiel Rodneys Bitten noch nachgegeben, doch mittlerweile blieb sie standhaft und mied jedes Zusammentreffen mit dem Schläger. Sie wollte keinen Beitrag zu diesem Spektakel leisten und hoffte, dass Rodneys aufdringliches Beharren langsam ein Ende finden und er ihre Abweisungen akzeptieren würde. Außerdem verbrauchte Rodney ihre ganzen Vorräte an schmerzlindernden Tränken. Cindiel konnte und wollte es nicht verantworten, ihre Tränke für einen Halunken zu verschwenden, wenn es genügend andere Menschen gab, die ihre Medizin wirklich brauchten.
    Irgendwann gab Rodney sein Klopfen und Rufen auf, und Cindiel konnte sich wieder ungestört ihren Rezepturen widmen. Ihr Arbeitstisch war vollgestellt mit kleinen Tiegeln, Mörsern und Stößeln, Fläschchen mit Ölen sowie ledernen Beuteln, in denen sie ihre Kräuter und Beeren sammelte. Als die Oger vor Jahren Illistantheè getötet und seinen Einzug in die Halle der Götter vereitelt hatten, hatte es nicht lange gedauert, und die verschiedenen Wirkungen der Pflanzen hatten sich wieder normalisiert. Alles, was durch den Fund des Rubins - den Funken der Natur - innerhalb des Rades der Götter aus dem Gleichgewicht geraten war, schien sich wieder eingependelt zu haben. Schleimröhrlinge besaß wieder dieselbe Wirkung wie Alkohol, Teufelsnesseln halfen bei Gicht, Naschelkraut benutzte man wie zuvor bei Verbrennungen, und Trommelbeeren schmeckten endlich wieder einfach nur grässlich.
    Nachdenklich rollte Cindiel eine dieser Beeren zwischen ihren Fingern hin und her. Sie erinnerte sich noch genau an den Tag, als Mogda zu ihr kam und ihr einige dieser kleinen blassroten Früchte

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