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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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rechnen, erspäht zu werden. Vögel allerdings konnten fliegen, Cindiel hocke lediglich wie eine bunte Kröte zwischen den weiten Ausläufern der Wurzeln.
    »Die Kröte verliert immer«, keuchte Cindiel und sah wehleidig zu dem Gebüsch, aus dem Hagrims Arm hervorschaute und mit einem Grasbüschel winkte.
    Noch immer hörte sie die schweren Hufschläge der Pferde. Finnegan und seine Freunde hatten dafür gesorgt, dass die Söldner ihnen folgten, damit sie und Hagrim entkommen konnten. Tastmar musste noch irgendwo hier in der Gegend sein. Als weitere Reiter aufgetaucht waren, hatte er sie in ein Gebüsch gestoßen und war losgerannt. Um nicht nur untätig herumzusitzen, begannen Cindiel und Hagrim bald sich von Versteck zu Versteck zu flüchten. Hagrim wurde mit der Zeit immer waghalsiger, und die Entfernungen zwischen den Verstecken wurden immer weiter. Irgendwann musste er ein verräterisches Geräusch gemacht haben, oder einer der Söldner hatte ihn zwischen den Bäumen vorbeihuschen sehen, auf jeden Fall schwärmten ihre Häscher jetzt schon geschlagene zwei Stunden um sie herum wie Bienen um den Honig.
    Mal waren die Hufschläge weit entfernt, mal waren sie so nah, dass Cindiel ihre Erschütterungen spürte. Im Moment traf das Erstere zu. Cindiel streckte den Kopf aus ihrem Versteck. Bis zu Hagrim war es nur einen Steinwurf entfernt, doch die zerklüftete Waldlandschaft machte ein Vorankommen schwierig. Sie würde einen umgestürzten Baumstamm überwinden müssen, dann an dornigen Brombeerbüschen vorbei und, was das Schwierigste war, die Furt abermals überqueren müssen. Ein Dutzend Mal war sie in den vergangenen Tagen die steile Böschung am Bachlauf hinunter- und wieder hochgeklettert. Ein aufs andere Mal schien das Flüsschen sich tiefer in das Erdreich gegraben zu haben, und nie konnte Cindiel voraussagen, in welche Richtung es gerade floss, bevor sie es sah.
    Noch einmal horchte Cindiel in den Wald hinein, dann nahm sie all ihren Mut zusammen und sprang auf. Eine Hand legte sie auf den Lederbeutel mit dem Kristall, den sie sich um die Hüfte gebunden hatte, in der anderen hielt sie ihren Dolch. Cindiel rannte los. Mit einem Sprung war sie über den Baumstamm hinweg. Sie schlang ihren Mantel enger um sich und raffte ihn in der Taille etwas zusammen. Das Dornengewirr der Brombeeren krallte sich in den Stoff, aber sie riss ihn los. Die Dornen zerkratzten ihr die Beine unterhalb der Knie, doch sie lief weiter. Mit weiten Schritten sprang sie durch den verwelkten Farn auf das Bachufer zu.
    »Nein, nicht!«, hörte Cindiel Hagrims erstickenden Schrei.
    Direkt aus dem Bachbett vor ihr tauchte der schnaubende Kopf eines Pferdes auf. Mühsam schob sich das Tier die steile Böschung hinauf. Der Söldner auf seinem Rücken klammerte sich an den Hals des Pferdes und trieb es mit Stiefeltritten an. Mit einem letzten Sprung brach das Pferd aus der Furt hervor. Ungebremst stieß Cindiel mit der mächtigen Brust des Tieres zusammen und wurde zu Boden gestoßen. Der Söldner hatte die junge Frau bereits entdeckt, sprang mit seinem Pferd über sie hinweg, wendete und zog dabei seine Klinge.
    Hagrim sprang aus seinem Versteck auf der anderen Seite. »Schnell über den Bach«, schrie er. »Komm her zu mir.«
    Cindiel wusste, dass sie es nicht schaffen konnte. Die tiefe Furt würde sie in eine Falle locken. Sie wäre gezwungen, durch das knietiefe Wasser zu flüchten, und bevor sie den Hang auf der anderen Seite erreicht hätte, wäre der Söldner bei ihr. Der Söldner grinste und schien abzuwarten, wofür sie sich entschied. Anstatt nach Verstärkung zu rufen, ritt er langsam und gemächlich auf Cindiel zu. Er war sich seiner Sache sicher und wollte anscheinend seine Beute nicht mit den anderen teilen. Sein kantiges Gesicht, der unrasierte Bart und dieses hämische Grinsen versprachen nichts Gutes. Cindiel täuschte zwei Schritte nach links an und rannte dann in die entgegengesetzte Richtung am Bachufer entlang.
    »Hoho, eine richtige Wildkatze«, rief der Mann auf dem Pferd ihr nach. Er gab seinem Pferd die Sporen und galoppierte ihr hinterher.
    Hagrim warf mit Steinen nach dem Söldner. Einer traf den Mann am Kopf, doch der Halbhelm schützte ihn, und anstatt vom Pferd zu fallen, gab es nur ein leises »Klonck«.
    »Zu dir komme ich gleich, alter Mann, wenn ich mit diesem Kätzchen zu Ende gespielt habe«, rief der Söldner erbost.
    Cindiel rannte weiter. Sie spürte, wie die Dornen der Büsche ihre Haut an Armen und Beinen

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