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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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Völker reichte diese Geschichte natürlich vollkommen aus, um ganze Städte in Schutt und Asche zu legen oder ihr Leben mit der Suche nach diesen Artefakten zu verbringen, doch dadurch wurde sie auch nicht glaubwürdiger. Außerdem war Mogda es endgültig satt, hinter seinem Schicksal oder dem der anderen herzulaufen. Da es eh unausweichlich war, konnte man sich ruhig ab und zu hinsetzen und ausruhen. Die meisten Pläne der Götter schienen ohnehin besser im Sitzen zu ertragen zu sein.
    Die ganzen Jahre hatte Mogda nichts anderes getan, als sich seinem Schicksal zu stellen - und was hatte er damit erreicht? Anstatt einem Gott zu huldigen, der nach Fisch roch und keine Schuhe trug, gab es jetzt gar keine Götter mehr. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis der letzte vierhundert Jahre alte Zwerg irgendwo in einem Erdloch den Löffel abgab. Falls dann eines Tages die Götter wieder erwachten oder von ihren Reisen zurückkamen, würden sie eine Welt vorfinden, die außer Grünzeug und hirnlosen Krabbeltieren nicht mehr viel zu bieten hatte. Wenn es das war, was das Schicksal für alle bereithielt, konnte man sich ruhig zurücklehnen und ein Nickerchen halten.
    Momentan waren nur zwei Sachen wichtig: Usil musste zurück nach Hause, und jemand musste Gnunt warnen.
    Während Mogda diese Überlegungen hin und her wälzte, starrte Nokrat ihn die ganze Zeit über an. Er schien ihn mit seinem Blick richtig zu durchbohren, so als ob er dadurch seine Gedanken lesen könne. Mogda hoffte, dass dem tatsächlich nur so schien. Seine Entscheidung würde dem Troll ohnehin nicht gefallen.
    »Ich habe Freunde, um die ich mich kümmern muss. Wieder einmal hinter Göttern und Sagen herzurennen, habe ich keine Lust. Ich bringe Usil nach Hause, und wenn ich auf dem Weg durch das Tannenverlies auf Gnunt treffen sollte, sage ich ihm, dass eine Gruppe Hüttenbauer, verkleidet als Pelzhändler, Jagd auf ihn macht. Mehr werde ich nicht tun. Hast du verstanden, Nokrat? Glaube ja nicht, dass du und deine Schamanin mich wieder in eure Spielchen verstricken könnt.«
    Nokrat sah ihn immer noch mit seinem versteinerten Blick an. Dann brach der Troll sein Schweigen. »Gut, das ist die richtige Entscheidung«, war alles, was er sagte.
    Die Stellungnahme des Trolls war kurz und unerwartet, dennoch lag sie Mogda schwer im Magen. Hatte er nicht verstanden, oder war es ihm egal? Mogda hatte versucht, ihm klarzumachen, dass er bei dem Spiel der Götter nicht mehr mitmachte. Seit Jahren scheuchte man ihn durch die Gegend, und jetzt, wo er keine Lust mehr hatte, kümmerte es keinen?
    Nokrats Gesichtsausdruck spiegelte keinerlei Unsicherheit oder Unverständnis wider. Vielleicht war er auf Mogdas Antwort gefasst gewesen, oder ... es war genau das, was er wollte und was alle anderen von ihm erwarteten.
    Mogda war noch verunsicherter als zuvor. Jetzt kam es darauf an, standfest zu bleiben.
    »Ich mache mich dann auf den Weg«, sagte er unbeirrt.
    »Gut«, war die einzige Erwiderung des Trolls.
    Mogda schaute noch einmal in die Runde. Die Orks hatten anscheinend nicht viel von dem Gesagten begriffen. Sie starrten trübsinnig zu Boden oder wischten verlegen über ihre Waffen und Rüstungen. Mogda setzte sich in Bewegung. Mit Usil über der Schulter kletterte er die Felsen hinab. Bis zum Abend musste er es geschafft haben, den roten Sumpf zu erreichen. Dort konnte er Rast machen. Die weite freie Fläche schützte ihn vor überraschenden Besuchern.
    Mogda kam schnell voran, aber immer wieder hielt er einen Moment inne, weil er meinte, verfolgt zu werden. Mal waren es lose Gesteinsbrocken, die hinter ihm polternd bergab rollten, mal Schatten, die er zwischen den Felsen sah. Oder dieses unbestimmte Gefühl, beobachtet zu werden. Noch bevor die Sonne unterging, erreichte er das Tal. Die rote Erde war ganz rissig durch das häufige Aufweichen und Austrocknen. Die wenigen Pflanzen, die sich hier breitgemacht hatten, trotzten allen Widrigkeiten. Selbst den schweren Schritten von Ogern erwehrten sie sich mit nadelspitzen Stacheln, die mühelos durch das feste Leder seiner Schuhe stachen.
    Bevor Mogda jedoch nur einen Schritt auf die Ebene setzen konnte, wurden seine Pläne, auf dieser ein Lager aufzuschlagen, bereits durchkreuzt. Denn jemand hatte schon vor ihm diese Idee gehabt. Jemand, dem es nichts auszumachen schien, wenn das nasse Holz im Feuer Rauschschwaden bis in den Himmel schickte. Jemand, der nicht wusste, welches Schicksal die Wüste für einen bereithalten

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