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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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konnte. Kein Bewohner Nelbors wäre so töricht, in dieser Gegend jede Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ebenso könnte man umherlaufen mit einem Schild, auf dem geschrieben stand: Friss mich.
    Es musste sich um Fremde handeln. Dieselben Fremden, die auf dem Berg die Orks getötet hatten. Mogda konnte sie auf die Entfernung nur ungenau ausmachen, aber es waren wenigstens sechs der barbarischen Kämpfer. Sie liefen um das Feuer herum und verneigten sich bei jedem Schritt. Mogda ließ seinen Blick umherschweifen. Nirgends war ein Späher zu sehen. Anscheinend hatten die Fremden keine Wachen aufgestellt. Sie mussten sich ihrer Sache sehr sicher sein.
    »Wir können es schaffen, alter Freund«, flüsterte er Usil zu. »Wir warten, bis es dunkel wird, dann schleichen wir uns einfach an ihnen vorbei.«
    Mogda hatte sich im Laufe der Zeit daran gewöhnt, dass Usil nicht antwortete. Der einzige Unterschied zu sonst war, dass er wusste, dass sein Freund nie mehr sprechen würde.
    »Das ist ein schlechter Plan«, zischte jemand hinter ihm. Der Akzent der Stimme glich dem des Kriegers aus den Bergen, nur der Tonfall klang heller.
    Mogda zuckte zusammen. Seine Hand packte den Griff des Runenschwertes. Dann spürte er die Spitze einer Klinge im Rücken.
    »Sie sind noch nicht so weit. Gib ihnen noch einen Moment, dann wirst du ihr wahres Ich erkennen.«
    Mogda hatte in den letzten Jahren schon genug wahre Ichs gesehen. Er war überzeugt, dass diese hier ihn auch nicht mehr in Erstaunen versetzen konnten.
    »Du bist ein Oger, stimmt's? Würde mich nicht wundern, wenn du einer von denen bist, die wir ...« Die Stimme erstarb, und fast gleichzeitig bohrte sich ein Speer in Mogdas Oberschenkel. Dem Geschoss fehlte die Wucht, was den Schmerz aber nicht geringer machte.
    Mogda reagierte sofort. Einen zweiten Versuch, ihn ernsthaft zu verletzen, wollte er seinem Widersacher nicht erlauben. Er griff blindlings hinter sich und bekam den Schopf des Mannes zu packen. Mit einem Ruck riss er ihn über sich hinweg und klemmte das Haupt des Fremden zwischen seine Beine. Ein Dreizack steckte dem Mann im Rücken und färbte das graue Wolfsfell, das er trug, rot. Die Waffe hatte so viel Wucht besessen, dass sie den Körper ganz durchbohrt hatte. Mogda sah sich um. Nicht weit hinter ihm kauerten Nokrat und zwei seiner Orks auf einem Felsen.
    »So wie es aussieht, laufen die Götter und Sagen hinter dir her. Du solltest besser aufpassen, sonst werden sie gezwungen sein, sich jemand anderen zu suchen, mit dem sie spielen können.«
    Mogda verstand die zynische Bemerkung des Trolls, unterließ es aber, sie zu kommentieren. Sein ganzes Leben lang hatte er nichts verstanden, wenn andere auf diese Weise mit ihm sprachen. Erst seit dem Zusammentreffen mit dem Magier und dem Umlegen des Amulettes, das ihm Intelligenz verliehen hatte, wusste er diese Spitzen zu deuten, und fast jedes Mal endete es mit Blutvergießen. Am Besten war es, sie zu ignorieren - die zynischen Bemerkungen genauso wie ihre Redner.
    »Vielen Dank, aber ich glaube, ich hätte es auch selbst geschafft«, sagte er.
    »Ich weiß«, spottete Nokrat, »dein Schicksal hat es mir verraten.«
    »Dann ist es ja gut. Hat es dir auch erzählt, was ich als Nächstes tun werde?«
    Bis dato kannte Mogda nur zwei Gesichtsausdrücke bei Trollen: Der eine war übellaunig, der andere übellaunig-gelangweilt. Jetzt meinte er, etwas in Nokrats Gesicht zu erkennen, was an Stolz erinnerte.
    »Du wirst den roten Sumpf durchqueren. Irgendwann wirst du irgendwo ankommen und das tun, was dir vorherbestimmt ist«, sagte Nokrat.
    Mogda war es jetzt endgültig satt. Warum sollte sich immer alles um ihn drehen? Warum waren sich andere immer so sicher, dass sein Handeln irgendetwas mit Schicksal zu tun hatte?
    »Das hört sich ja alles schön und gut an«, brummte Mogda. »Während ich also wie eine Marionette durch die Gegend trampele, schlagt ihr euch die Bäuche voll und wartet ab. Da hat euch das Schicksal ja eine wunderbare Rolle angedacht. Ich bin richtig froh, dass es euch gibt.«
    »Uns ist auch eine Aufgabe angedacht«, erwiderte Nokrat.
    »Lass mich raten«, spottete Mogda. »Ihr passt auf, dass der Sumpf nicht austrocknet und dass es gleich dunkel wird.«
    Nokrat zog die Äxte aus den Schlaufen der nietenbesetzten Lederbänder, die sich vor seiner Brust kreuzten, und legte sie lässig auf den Schultern ab. So aufrecht stehend, war der Troll fast genauso groß wie Mogda. Würde sein Körper es ihm

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