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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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sie. »Du wirst schon wieder rechtzeitig am Stall sein, mach dir keine Sorgen.«
    Um die Statue herum hatten sich ungefähr fünfzig Menschen versammelt. Noch war die Sonne nicht gänzlich aufgegangen, und der Platz lag im Halbdunkel. Hagrim bewegte sich so geschickt, dass er Cindiel die meiste Zeit vor neugierigen Blicken schützte. Ein halbes Dutzend Seile waren um den steinernen Tarbur gewickelt. Anscheinend hatten die Leute schon versucht, ihn vom Sockel zu reißen, aber ihre Kraft hatte nicht ausgereicht.
    Ein Mann fing an, die Enden der Seile mit dem Geschirr der Pferde zu verknoten.
    »Los, Junge, zieh an. Wollen wir mal sehen, was in deinen Gäulen steckt.«
    Cindiel musste sich erst noch an die ungewohnte Anrede gewöhnen, aber sie verstand. Langsam führte sie die Pferde vorwärts. Die Seile spannten sich. Hagrim beeilte sich, das eine oder andere Seil nachzuzurren, damit die Last gleichmäßig verteilt war. Die Statue bewegte sich. Gespannt beobachtete die Menge, wie die steinerne Skulptur sich zur Seite neigte. Die Hufe der Pferde schabten über das Kopfsteinpflaster. Enthusiastische Jubelrufe der Menge trieben sie vorwärts. Dann kippte das Andenken an die Oger und schlug unter lautem Beifall auf dem Pflaster auf. Die Pferde stiegen und drohten durchzugehen, doch Hagrim hatte sie sofort am Halfter gepackt und sprach mit sanfter Stimme auf sie ein. Auch Cindiel drückte sich gegen die Seite eines Tieres und tätschelte es beruhigend.
    »Los, ihr Gäule, befreien wir Osberg von diesem Scheusal! Lange genug lebte das Böse unter uns, es wird Zeit, dass wir uns wieder davon lossagen«, schrie Hagrim.
    Die Beifallsbekundungen ließen keinen Zweifel daran, wie die Leute zu den Ogern standen. Cindiel tröstete sich damit, dass es Menschen mit schlechtem Ruf waren, die zu nachtschlafender Zeit in den Straßen herumgeisterten. Es gab genug andere Bürger, die nicht so dachten und deren Meinung etwas galt.
    Die zwei Pferde und drei Mulis hatten alle Mühe, die steinerne Skulptur hinter sich herzuziehen. Die Fürsten des Landes wussten, warum sie für ihre Denkmäler den roten Marmor verwendeten. Beim Aufprall auf das Pflaster des Platzes war Tarburs Denkmal so gut wie nicht beschädigt worden, nur wenige scharfkantige Splitter waren abgeplatzt.
    Unter lautem Dröhnen und dem verängstigten Wiehern der Pferde zog der Tross Richtung Stadttor. Überall, wo sie entlangkamen, erhellten sich Fenster, und neugierige Blicke hinter halb geöffneten Fensterläden folgten ihnen. Kichernd reckte eine alte Frau ihren Oberkörper aus dem Fenster und gewährte einen Einblick, den man fast als unzüchtig hätte bezeichnen können.
    Trotz des ganzen Lärms und des Aufruhrs ließ sich keine Stadtwache blicken. Hagrim hatte Cindiel bereits berichtet, dass die Garde den neu ernannten Gläubigen wenn möglich aus dem Weg ging. Die Priester und Lord Felton sowie die anderen Fürsten des Landes hatten eine Übereinkunft getroffen. Der ständig zunehmende Einfluss der Priosanhänger hatte auch vor den weltlichen Oberhäuptern keinen Halt gemacht. Man verlangte von ihnen, Farbe zu bekennen und sich gegen oder für die neue Ordnung zu entscheiden. Da es sich kein Landesfürst erlauben konnte, weitere Unruhen in die Städte zu tragen, entschloss man sich für gegenseitige Akzeptanz.
    Als sich die Meute dem Stadttor näherte, entzündeten die beiden Wachen am Nordtor Fackeln. Hagrims lautstarke Verkündigungen ließen auch ihnen keinen Zweifel am Vorhaben der aufgebrachten Bürger.
    »Sperrt die Tore auf, wir werden die Brut Tabals dorthin verbannen, wo sie kein Unheil mehr anrichten kann. Jedes Symbol, das uns an die Schmach erinnert, einen Pakt mit diesen Unholden eingegangen zu sein, muss expatriiert werden.«
    Niemand schien genau zu wissen, was Hagrim da von sich gab, aber alle waren sehr angetan von seinen Worten und stimmten mit Jubelrufen und Applaus zu. Mit vereinten Kräften unterstützten sie die Knochenarbeit der Pferde und Mulis. Die Wachen zögerten keinen Moment, den schweren Riegel des Nordtores zurückzuschieben und den Weg für die aufgebrachten Bürger freizugeben. Mit entsetzten Blicken verfolgten sie die Prozedur. Cindiel ging zusammen mit Hagrim an der Spitze des Mobs. Keiner der beiden Soldaten machte sich die Mühe, die Leute näher zu betrachten. Ihr Augenmerk galt allein der steinernen Statue, die knirschend über das Pflaster geschleift wurde.
    »Dort zum Bachlauf«, rief Hagrim. »Auf dass dieses Götzenbild im

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