Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)
sich ein freier Platz gefunden, wo die Oger lagern konnten. Hagmu gab Anweisung, zwei der toten Pferde zu häuten und über einem Feuer zu braten. Sie mussten ihren Hunger stillen und wieder zu Kräften kommen, wenn ihnen die Flucht in die Berge gelingen wollte. Außerdem war es gut für die Moral, wenn seine Kameraden sahen und schmeckten, dass ihr Weg nicht umsonst gewesen war.
Trockenes Holz war schnell zusammengesammelt und aufgetürmt. Die morschen Äste brannten wie Zunder, obwohl die Witterung kalt und feucht war. Das Feuer verströmte einen wohltuenden Geruch von Kräutern. Jeweils zwei Oger machten sich daran, den Pferden das Fell vom Leib zu ziehen und das Fleisch in große Brocken zu zerschneiden.
Hagmu wies sechs seiner Oger an, Wache zu halten. Die Sonne war mittlerweile vollständig untergegangen, und er war sich sicher, dass die Hüttenbauer keinen Angriff starten würden, solange es dunkel war. Am nächsten Morgen aber würden die Menschen von ihnen nichts weiter vorfinden als eine leere Lagerstätte.
Es war köstlich, endlich mal wieder in große Fleischbrocken zu beißen. Hoch oben im Gebirge, an der Zwergenesse, gab es nur wenig Wild. Ein erfolgreicher Jagdausflug brachte meist nur einige Hasen oder Wildkatzen ein, die als Mahlzeit nur geeignet waren, wenn man dazu bereit war, das Fleisch von den Knochen zu nagen. Nur sehr selten standen auf der Speisekarte Dammwild oder Bergziegen. Hagmu hatte als Anführer das Recht, sich an einer Keule gütlich zu tun. Mit einem zufriedenen Brummen drehte er das Stück Hinterlauf über dem Feuer. Gedankenlos schaute er zu, wie das Fett in die Flammen tropfte und die züngelnden Stichflammen nach dem Fleisch gierten.
»Feuer«, schrie Purgol, den Hagmu an der Stimme zu erkennen glaubte. »Hüttenbauer brennen Wald nieder.«
Hagmu stand auf, und tatsächlich: Zwischen den lichten Stämmen sah er den Schein von Feuer. Die Hüttenbauer wollten den Wald niederbrennen mit allem und jedem, der sich in ihm befand. Es war nicht das erste Großfeuer, in dem Hagmu und die anderen Kriegsoger festsaßen. Zur Zeit der Trollkriege, als er noch ein junger unerfahrener Krieger gewesen war, steckten sie manchmal in ganzen brennenden Städten fest. Die Flammen schlugen hoch aus Fenstern und Türen heraus und verwandelten die engen Gassen in ein Inferno. Die Städte der Hüttenbauer waren wie dafür geschaffen, in Flammen aufzugehen. Ganze Straßenzüge aus Holzhäusern, die Wand an Wand gebaut waren, trugen die lodernde Glut von einem Stadtviertel in das nächste. Auch Waldbrände hatte Hagmu schon gesehen. Vom Wind vorangetrieben, verschlang das Feuer ganze Gebiete, und jeder, der es nicht schaffte, rechtzeitig zu entkommen, starb qualvoll.
Die Sache mit dem Feuer war aber nicht so einfach. Man musste genau wissen, was man tat, und außerdem musste das Wetter mitspielen. So wie Hagmu die Menschen einschätzte, hatten sie den Wald gesehen und hofften nun, das Feuer würde ihnen die Arbeit abnehmen. Er würde ihnen zeigen, was er von den Plänen der Menschen hielt. Er würde den Brand für sich und seine Pläne nutzen. Seine Erfahrung in Schlachten war größer als die jedes Einzelnen dieser Hüttenbauer.
Hagmu nahm einen brennenden Holzscheit aus dem Lagerfeuer und reckte ihn gen Himmel. Die Flamme züngelte Richtung Süden. Diesen Weg würden er und seine Leute nehmen, um in all dem Rauch und Qualm ungesehen zu entkommen. Erst am nächsten Morgen, wenn die Hüttenbauer nach der Brandrodung in den verkohlten Überresten suchten, würden sie feststellen, dass die Oger längst über alle Berge waren.
Doch noch bevor Hagmu weitere Anweisungen geben konnte, rollte eine Feuerwalze über das lichte Blätterdach hinweg. Die Hitze war so groß und der Funkenflug so allgegenwärtig, dass er spürte, wie die feinen Härchen auf seinem Körper sich kräuselten. Er sank auf die Knie, um der Hitze zu entfliehen. Seine Kameraden um ihn herum reagierten besonnen. Viele von ihnen warfen sich zu Boden oder hielten Decken und Felle über ihre Häupter. Das Feuer schien allein in der Luft neue Nahrung zu finden. Der nächtliche Wald wurde erhellt von brennenden Blättern, die in einem glühenden Ascheregen auf die Oger niedersanken.
Frigget hatte das Durcheinander genutzt, um sich endlich von der lästigen Schlinge um seinen Hals zu befreien. Wie ein Wurm robbte er über die trockene Erde und versuchte zu entkommen, vor wem auch immer. Hagmu konnte ihn gerade noch an einem seiner dünnen
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