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Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition)

Titel: Blutiger Winter: Ein Oger-Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephan Russbült
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gröfer wie Tonne«, antwortete der Hüne mit vollem Mund und somit noch weniger verständlich als sonst.
    Schon wieder blieb Mogda die Luft weg. Es lag nicht daran, dass er sich nicht vorstellen konnte, dass Gnunt jemals so klein gewesen war wie ein Fass. Aber wollte ihm sein Freund wirklich weißmachen, dass er schon gewusst hatte, dass die Götter schlafen würden, als er noch ein Jungoger gewesen war?
    »Gnunt?«
    »Ja, Mogda?«
    »Das ist dumm, wirklich dumm. Du solltest so etwas nicht erzählen, wenn andere dabei sind. Auf keinen Fall, wenn wir auf Menschen treffen.«
    »Gnunt fagen Wahrheit«, maulte Gnunt.
    »Das tust du nicht.«
    »Wohl.«
    »Ich verspreche dir was, Gnunt. Wenn ich in den nächsten Tagen noch einmal von jemandem diesen Unsinn höre, fahre ich höchstpersönlich los, besuche die Götter und werde sie aufwecken.«
    Gnunts Augen funkelten. Er war wirklich der Meinung, dass jemand seine Worte wiederholen könnte. Mogda aber war zuversichtlich, dass dies unmöglich war, denn sie befanden sich in Nelbor, und jeder andere Oger war weit entfernt. Und außer einem Oger konnte niemand so einen Unfug vor sich geben.
    Es war spät geworden. Die Reise quer durch das Tannenverlies hatte länger gedauert als erwartet. Die vielen Regenfälle hatten den Untergrund aufgeweicht, und allerhand Gestrüpp wucherte zwischen den massigen Stämmen der Tannen. In Wirklichkeit hatte die Reise aber so lang gedauert, weil Mogda sie hinausgezögert hatte. Der Gedanke, Usil nach Hause zu bringen und sich endgültig von ihm verabschieden zu müssen, machte ihm zu schaffen. Nur zu gern hätte er daran geglaubt, dass Usil sich in den Hallen seines Gottes Prios aufhielt, aber sein Gefühl sagte ihm, dass dem nicht so war. Seit zwei Tagen liefen sie im Zickzack, aber nun waren es nur noch wenige Stunden, die sie brauchten, um Usils alten Hof zu erreichen.
    Mogda fragte sich, ob ihm ein ähnliches Ende beschieden sein würde. Ob ihn jemand nach Hause bringen würde - wo immer dies auch sein mochte -, vielleicht zurück in die Berge.
    Abermals sah Mogda sich auf dem schmalen Pfad zu Usils Hof. Die Zweige und Äste der angrenzenden Bäume ragten immer noch weit hinein in den holprigen Weg. Das Unkraut stand knöchelhoch auf dem Mittelstreifen. Es waren nur wenige hundert Schritt von Usils Hof bis zu der breiten Straße, die von der Küste im Westen über Osberg bis hin zum Pass, der Nelbor mit dem roten Sumpf verband, führte. Bei all den Wegen, die Mogda in und um Nelbor bereist hatte, all den Meeren, die er befahren hatte, und all den Gebirgen, die er überwunden hatte, war dieses Stück das allerschwerste für ihn.
    Mogda und Gnunt bahnten sich ihren Weg durch die überhängenden Äste. Usils Gewicht auf Mogdas Schulter hatte seinen Nacken verkrampfen lassen, und doch fühlte er bei dem Gedanken daran, seinen Freund ablegen zu müssen, keine Erleichterung. Mogdas trübsinnige Gedanken wurden durch den Schein einer einzigen Kerze hinweggeblasen. Schon oft hatte er die alte, halb zerfallene Hütte im Tannenverlies aufgesucht, doch noch nie hatte er das vorgefunden, was er wirklich erwartete. So war es auch diesmal.
    Das Haus war kaum gut genug, um überhaupt als Unterschlupf zu dienen, doch es gab nahezu kein Volk, aus dem nicht schon einmal jemand hier verweilt hatte, ob eingeladen oder ungebeten. Noch lebhaft erinnerte sich Mogda an das Zusammentreffen mit der verwahrlosten Goblinbande oder dem Dämon Blutrach, den die Nesselschrecken auf ihn gehetzt hatten.
    Es war schon verwunderlich, wie der Schein einer Kerze im Fenster das eine Haus wohnlich, gemütlich und vertraut aussehen ließ und ein anderes unheimlich und gespenstisch. Mogda war stehen geblieben, und Gnunt trottete einfach an ihm vorbei.
    »Warte«, zischte Mogda.
    Gnunt sah seinen Kameraden verwundert an.
    »Da ist jemand im Haus«, erklärte Mogda.
    Gnunt sah auf das traurige Anwesen von Usil. »Fon warten auf Mogda und Gnunt«, war seine tief schöpfende Antwort.
    »Usil lebte seit Jahren allein«, erklärte Mogda und hoffte damit, die Sinne seines Kameraden zu schärfen und eine ausreichende Erklärung für sein Misstrauen zu geben.
    »Oh«, hauchte Gnunt. »Hat vergeffen aufmachen Feuer.«
    Mogda fragte sich, wann ihm dieses Talent abhandengekommen war, für etwas Absonderliches eine Erklärung zu finden, die genauso einfach wie unwahrscheinlich klang. Ihm war klar, dass wenn er Gnunt jetzt erzählen würde, jemand sei in dem Haus und warte auf sie, eine ganze

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