Blutiges Echo (German Edition)
Penny?«
»Ja. Na ja, vielleicht von Bealls. Ich weiß nicht mehr.«
»Siehst du.«
»Sehe ich was?«
»Den Anzug in deinem Kleiderschrank willst du zu diesem Fest nicht tragen, glaub mir. Alle werden da sein, und …«
»Das ist nun mal mein einziger Anzug.«
»Dem kann ich abhelfen.«
»O nein. Ich will nicht, dass du mir irgendwas kaufst, und ich kann mir keinen neuen Anzug leisten. Vielleicht kann ich einen Smoking ausleihen.«
»So was sitzt nie richtig. Hör zu, Harry, lass mich das machen. Das ist wirklich kein Problem für mich.«
»Du meinst, kein Problem für deinen Daddy.«
»Ist doch dasselbe.«
»So oder so, mir gefällt das nicht.«
»Harry, du musst schick aussehen, wenn du mitkommen willst, und das willst du doch, oder? Du und ich, zu Hause bei meinen Eltern, mit all diesen Leuten? Viele von denen sind sehr berühmt.«
»Du meinst reich.«
»Also gut, reich. Na und? Ist es schlimm, dass wir reich sind? Ist das ein Verbrechen? So langsam kränkst du mich, Harry.«
»Das ist keine Absicht.«
»Wir sollten uns von unserer besten Seite zeigen. Wir können uns schickmachen und gut aussehen, und ich kann mit dir angeben, dich meiner Mutter vorstellen, und später, na ja, da machen wir ohnehin unser eigenes Ding, und wir haben ja unser ganz privates Plätzchen, nicht wahr?«
»Stimmt. Wobei wir uns das beim letzten Mal mit vier anderen Autos geteilt haben.«
»Schon, aber es saß ja niemand mit bei uns im Auto, oder?«
»Nein … ich weiß nicht so recht wegen der Sache mit dem Anzug, Talia. Es kommt mir falsch vor, dass du mir einen Anzug kaufst.«
»Ich will es aber. Bei solchen Partys kann jeder einen guten Anzug von einem schlechten unterscheiden, und ein billiger fällt sofort auf. Und du brauchst Schuhe, ein Paar gute Socken, und ich suche dir eine Krawatte aus.«
»Ich komme mir vor wie eine Schaufensterpuppe.«
»Sei nicht albern.«
Abends um sieben klingelte das Telefon, und Harry, der in seinem neuen Anzug, den Socken, dem Schlips und den Schuhen ungeduldig auf dem Sofa saß und die Hände im Schoß verschränkte, stand auf und nahm ab.
»Hey, Süßer«, sagte Talia.
»Hey.«
»Wir biegen gerade um die Ecke. Komm runter an die Straße.«
»Ist gut. – Wir?«
Aber sie hatte bereits aufgelegt.
Harry ging hinunter und stellte sich an die Bordsteinkante. Kaum stand er in Position, bog eine pechschwarze Limousine um die Ecke und bremste sanft.
Der Chauffeur stieg aus, kam um den Wagen herum und öffnete die Fondtür, um Harry einsteigen zu lassen.
»Das hätte ich auch machen können«, sagte Harry zu ihm.
»Ja, Sir«, sagte der Chauffeur, »aber im Gegensatz zu mir werden Sie dafür nicht bezahlt.«
Harry stieg ein. Talia saß im kurzen Schwarzen und mit hochgesteckten Haaren auf der Rückbank, hatte die schwarz bestrumpften Beine übereinandergeschlagen und das Handy neben sich gelegt und lächelte ihn an.
Harrys Unbehagen begann sich zu verflüchtigen.
»Du siehst super aus in dem Anzug«, sagte sie.
»Für das Geld, das er gekostet hat, sollte er mir eigentlich nicht nur ein super Aussehen, sondern auch Superkräfte verleihen oder so. Großer Gott, Talia, du siehst umwerfend aus. Du bist einfach wunderschön.«
»Danke, Schatz.«
Das Auto glitt davon.
Das Haus von Talias Eltern lag an einer kleinen Straße, die sich zwischen alten Eichen und jungen Kiefern dahinwand. Die Limousine hielt vor einem Tor mit einem Metallkasten auf einem Pfosten daneben. Der Chauffeur drückte eine Reihe von Knöpfen an dem Pfosten, und das Tor schwang auf. Sie fuhren zwischen Eichen, Weiden und Walnussbäumen einen Hügel hinauf, hier und da standen einige Amberbäume. Vom Wagen aus sah Harry Lichter hell durchs Laubwerk schimmern, warme Explosionen von Gelb und Orange.
Der Chauffeur hatte sein Fenster nicht wieder hochgefahren, nachdem sie das Tor passiert hatten, und Harry roch Parfüm, hörte Musik – es klang nach einer Big Band –, und alles wogte in einer Schwade von Duft und Melodie den Hügel hinunter und legte sich über sie wie zähes Toffee. Harry war an einen Punkt gelangt, an dem ihn jede Art von Klang, selbst wenn nicht die Vergangenheit darin lauerte, nervös machte, aber das hier war gar nicht so übel. Es war der Sound einer anderen Zeit, und es steckte weder Zorn noch Gewalt darin, anders als in dem meisten Schrott heutzutage.
Das Laub teilte sich, als sich das Auto den asphaltierten Weg hinaufschlängelte, und jetzt sah er das Haus oben auf dem Hügel,
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