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Blutiges Echo (German Edition)

Blutiges Echo (German Edition)

Titel: Blutiges Echo (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joe R. Lansdale
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Mr McGuire hielten es für nötig, ihm zu erklären, worum es ging. Sie starrten einander an wie zwei Revolverhelden, die darauf warteten, dass einer als Erster zog.
    »Na dann, hat mich gefreut, Henry«, sagte Mr McGuire schließlich.
    »Harry«, berichtigte Harry.
    »Natürlich.« Mr McGuire wandte den Kopf und rief: »Pull!«
    Der Mann, der neben ihm am Boden kniete, schaute zu Talia hoch, als wäre sie ein Kunstwerk, und brauchte einen Moment, um zu schalten. McGuire wiederholte seinen Ruf, und der junge Mann ließ die Wurfscheibe hochsausen.
    Sie segelte durch die Luft, und Mr McGuire zerfetzte sie ganz lässig mit einem Schuss.
    Auf dem Weg zurück über das Feld, vorbei an dem Gebäude, warf Harry einen Blick über die Schulter. Alle außer Daddy glotzten Talias Arsch an.
    »Das war seltsam«, sagte Harry.
    »Findest du?«
    »Irgendwie schon.«
    »War es eigentlich nicht. Er nimmt das Schießen eben sehr ernst. Auf der ganzen Welt hat er schon Tiere getötet. Sogar ein paar vom Aussterben bedrohte Arten. Er präpariert sie gerne selbst.«
    »Echt?«
    »Ja, echt. Er ist nicht besonders pingelig, weißt du. Ich glaube, er mag dich.«
    »Mag mich?«
    »Klar.«
    Rasch fuhr sie von dort weg und setzte ihn wieder vor seiner Wohnung ab.
    »Kommst du mit rein?«, fragte Harry.
    »Nein, ich muss noch ein paar Sachen erledigen. Sei ein Schatz und ruf mich später an.«
    »Ist gut.«
    Harry stieg aus und schloss die Autotür.
    Lange stand er an der Bordsteinkante, schaute weiter in die Richtung, wo Talia und ihr hübscher roter Sportwagen verschwunden waren, und versuchte herauszufinden, was er von der ganzen Sache halten sollte. Hatte er gerade den Bauern in einem perfiden Schachspiel abgegeben, oder waren Talia und ihr Vater einfach seltsam, wie das bei Reichen eben manchmal so war?
    Und wenn er ein Bauer war, was genau spielte er für eine Rolle in diesem Spiel?
    In dieser Frage lag auch schon eine Antwort, und vielleicht kullerte sie sogar kurz in seinem Schädel herum, aber er kriegte sie nicht richtig zu fassen, und dann war der Moment auch schon vorüber.
    Doch eines fragte er sich laut: »Was für eine Party?«

Kapitel 37
    Auszug aus Harrys Tagebuch
    Mein liebes Schreibheft, treuer Freund, nachdem ich eine Zeit lang genau auf meine Mitte ausgerichtet war, bin ich jetzt völlig aus dem Lot geraten und wende mich an Dich.
    Ich weiß nicht genau, wie das alles passiert ist …
    Nein. Das stimmt nicht.
    Mir gefällt es überhaupt nicht, was passiert ist, und auch nicht, wie es mir jetzt damit geht, und trotzdem weiß ich nicht, was ich davon halten oder dagegen tun soll, also verzeih mir, denn das Folgende wird, um es ganz offen zu sagen, ein bisschen wirr und ratlos.
    Meine Situation hat auch ihre schönen Seiten. Zum Beispiel Talias Vorder- und Rückseite, vor allem ihr einladend hochgerecktes Hinterteil, aber eigentlich will ich gar nicht so denken oder mein Leben nur nach ihrem Hintern ausrichten, auch wenn der, ehrlich gesagt, schon so toll ist, dass man zumindest mal darüber nachdenkt, aber ich fürchte – verdammt, ich weiß genau –, dass es mit diesem kleinen Vergnügen bald vorbei sein könnte.
    Jetzt schau dir den an.
    Man kann wohl sagen, da klammert sich einer immer noch an unberechtigte Hoffnungen.
    Liebe Leute, die Show ist vorbei, das war’s.
    Hier sitze ich jetzt, allein im Dunkeln, abgesehen von einer Lampe, meinem Tagebuch und einem Stift. Und mit einem eigenartigen Gefühl von Reue und Traurigkeit, und mit der Erkenntnis, dass meine alten Dämonen, die Gespenster in der Maschine, nicht verschwunden sind und ich etwas Schreckliches gehört und gesehen habe; dass wahre Liebe nicht immer wahr und auch nicht immer Liebe ist, und dass Liebe auf den ersten Blick manchmal hell strahlt, aber auch blind macht.
    Was mich früher so gequält hat, diese gottverdammten Geräusche, die sind größtenteils noch da, aber ich habe es meist geschafft, sie zu verdrängen. Oder genauer gesagt, sie belauern und umkreisen mich wie Haie. Als wäre ich ein Stück Seetang am Boden eines riesigen Aquariums, und jemand lässt die Haie los. Bei jeder ihrer Bewegungen bewegt sich dann das Wasser mit, und der Tang auch, und so treibe ich zwischen ihnen umher.
    Kein gutes Gefühl. Aber ich versuche es zu verdrängen. Tad sagt, ich soll das nicht tun, weil ich sonst wie ein Lagerhaus für solche Gefühle werde. Ich soll eher wie ein Filter sein, sie durch mich hindurch- und wieder aus mir herauslassen. Ich soll unsere

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