Blutiges Echo (German Edition)
Nippes auf dem Regal schleudern konnte, sodass die Sachen herunterfielen und in tausend Stücke zerbrachen. Ein Haufen zersplitterter Elefanten und allerlei ähnliche Keramiktierchen lagen wie Humpty Dumpty im Raum verteilt. Dazwischen blinkte und glänzte geprägtes Silber.
»Meine Schwiegermutter hat uns diesen ganzen Mist geschenkt«, erzählte Tad. »Meine Frau und ich haben den Krempel gehasst. Wollten ihn immer loswerden. Jedes Mal, wenn ich betrunken war, habe ich mir das vorgenommen, aber dann war ich zu blau, um es in Angriff zu nehmen.«
»Sind das Vierteldollarstücke, mit denen du da wirfst?«
»Nickel. Immer direkt aus dem Handgelenk.«
Schließlich nahm Kayla Harry mit zurück zu ihrem Haus, damit er sein Auto holen konnte.
Sie blieben an der Tür stehen, Kaylas Parfüm trieb ihn in den Wahnsinn, aber sie küssten sich nicht. Harry fand zwar, dass ein Kuss in der Luft lag, aber trotzdem ließ er die Gelegenheit verstreichen. Nach diesem Abend kam er sich nicht gerade vor wie Don Juan. So ein Ereignis konnte der Ausstattung eines Mannes die absolute Schrumpfung verpassen.
»Bis dann«, sagte Kayla.
»Ja, bis denn.«
»Danke für deine Hilfe.«
»Gern geschehen.«
»Dein Freund gefällt mir.«
»Tad? Ja, er ist klasse.«
»Ehrlich, Harry. Ich weiß, dass es schrecklich für dich gewesen sein muss.«
»Da hast du recht, das war es. Hoffentlich hab ich dir damit helfen können.«
»Das hast du. Ich weiß noch nicht genau, was ich jetzt damit anfange, aber du hast mir geholfen. Und wie.«
»Tja, na dann …« Jetzt waren sie dem Kuss, der in der Luft hing, sehr nahe, aber ach, er hatte nicht die Traute, es zu versuchen. Was, wenn sie nicht wollte? Momentan war er nicht in der Stimmung für Enttäuschungen.
»Gute Nacht, Kayla.«
»Gute Nacht, Harry.«
Als Harry nach Hause kam, leuchtete das Lämpchen am Anrufbeantworter. Die erste Nachricht kam von Tad.
»Kleiner, ich weiß, was du gerade denkst. Trink nichts. Ich weiß es, weil ich genau dasselbe denke. Wenn du mich brauchst, ruf mich an. Dann komme ich dich holen.«
Harry grinste, dann spielte er die anderen Nachrichten ab. Eine stammte von seiner Mutter, eine von Joey.
Es war zu spät, um seine Mutter anzurufen, aber bei Joey war das etwas anderes. Was soll’s, dachte er, ich kann es auch genauso gut gleich hinter mich bringen und ihn zurückrufen. Scheiße, ich werde ihm verzeihen, wie immer, und er wird mir wieder auf die Nerven gehen. Der Lauf der Dinge.
Als Joey abnahm, klang er, als wäre er gerade aus einem Erdloch hochgeklettert.
»Ja?«
»Ich bin’s, Harry.«
»Ah, cool. Ich dachte schon … ich meine, ich wollte dich nicht verletzen.«
»Doch, das wolltest du. Und es wird dich freuen, dass es mit Talia und mir nicht geklappt hat. Eine Zeit lang hat sie mich zwar rangelassen, aber damit ist es jetzt vorbei.«
»Tja, dann hast du dich ziemlich gut geschlagen, wenn man bedenkt, wer sie ist.«
»Willst du mich jetzt durch die Blume beleidigen, Joey?«
»Nee. Sag mal, meinst du, wir können noch Freunde sein?«
»Klar. Wir werden immer Freunde sein; ich frag mich bloß, warum.«
»Wie wär’s, wenn ich morgen Abend vorbeikomme? Wir könnten ein Bierchen zischen.«
»Ich trinke nicht mehr. Schon vergessen?«
»Gar nicht?«
»Das hatten wir doch letztes Mal schon, Joey. Du fängst schon wieder damit an.«
»Tut mir leid, Mann. Wie läuft’s denn so mit dem Trockensein?«
»Richtig gut.« Dann wechselte Harry das Thema. »Weißt du, wen ich heute Abend getroffen hab?«
»Wen denn?«
»Kayla.«
»Unsere Kayla?«
»Genau die.«
»Wie sieht sie aus?«
»Hammermäßig. Sie arbeitet als Bulle hier in der Stadt. Wir haben ein bisschen geplaudert.«
»Kayla hat mich mal vermöbelt.«
»Weiß ich noch. Das ist eine meiner schönsten Erinnerungen.«
»Sie konnte richtig feste zuschlagen.«
»Ich weiß. Mich hat sie auch verprügelt.«
»Sie hat immer echt gut gerochen.«
»Tut sie immer noch.«
»Kayla … Menschenskinder!«
»Also dann, gute Nacht, Joey.«
»Gute Nacht, Harry. Und, du …«
»Ja?«
»Danke, dass du angerufen hast. Ich hab dich vermisst.«
»Kann ich von mir nicht behaupten.«
Harry duschte und ging ins Bett, wobei er versuchte, nicht an das zu denken, was er in der Werkstatt gesehen hatte, aber jedes Mal, wenn er die Augen schloss, kamen die Bilder wieder hoch.
Er war froh, als das Telefon klingelte, und nahm ab, ohne auf die Anrufernummer zu achten. Er dachte, es sei
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