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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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gut. Das ist schon ne Menge. Natürlich kommen mir bei diesen Scheißeisregen ein paar Zweifel. Aber da wir grad dabei sind – wissen Sie zufällig, ob’s hier oben Jobs gibt?«
    Kikis breites, flaches Gesicht ließ keine Spur von Ironie erkennen.
    »Eher in Richtung Kredithai oder lieber was mit Schutzgeldern?«
    »Kommen Sie, Cardinal, ich mein’s ernst. Ich rede von einem legalen Job, ja? Ich hab ’nen Führerschein für Schwerlastzüge.«
    »Werd’s mir durch den Kopf gehen lassen, Kiki. Ich hör mich mal um.«
    »Wirklich? Das wär echt toll. Vielleicht hat sich Ihr Freund ja nicht ganz und gar in Ihnen getäuscht.«
    »Sie haben mir noch nicht erzählt, was mit Robert ist. Wurde er bei dem Kampf getötet oder was?«
    »Machen Sie Witze? Alle hatten eine Scheißangst.«
    »Trotzdem. Ich vermute mal, Ricks Kumpel nehmen ihn bei der erstbesten Gelegenheit auseinander.«
    »Da wär ich mir nicht so sicher. Rick war nicht gerade der warmherzige Typ, wissen Sie? Da geht die Treue nicht allzu tief. Und Ihr Freund hat einen der taffsten Kerle in Kingston kaltgemacht. Ich würde daher sagen, er hat’s richtig gut, das heißt, wenn er erst mal aus der Einzelhaft ist.«
    »Richtig.« Cardinal steckte den Schlüssel ins Zündschloss und startete. »Kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    »Nää, nicht nötig. Ich hab da drüben einen Leihwagen stehen.« Kiki öffnete die hintere Tür. »Ich wohn im Birches Motel. Rufen Sie mich an, wenn sich was auftut, okay?«
    »Sobald sich was Passendes ergibt, häng ich mich an die Strippe, Kiki.«
    »Und fahren Sie hübsch vorsichtig. Die Straße ist schlüpfrig wie ne Nutte.«
     
    Die Bedrohung hatte ein Ende. Von Rick Bouchard und Co. ging für Cardinal keine Gefahr mehr aus. Und trotzdem fühlte er sich nicht rundum erleichtert. Auf dem Heimweg dachte er an Wudky, dem sie, wegen seiner Loyalität zu Cardinal, vermutlich noch einmal zwanzig Jahre aufbrummen würden. Anderehatten für den Fehler bezahlt, den er vor so vielen Jahren gemacht hatte, während er selbst ungeschoren davongekommen war – und das vermutlich für immer.
    Als Cardinal nach Hause kam, stand Catherine am Holzofen im Wohnzimmer und rührte in einem Eintopf. Der Strom war weg, und die Flammen hinter dem Ofenfensterchen tauchten das Zimmer in flackerndes Orange. Sally und die beiden Mädchen saßen auf dem Sofa und schälten Kartoffeln. Die alte Mrs. Potipher schlief mit offenem Mund in Catherines Sessel. Auf dem Boden neben ihr beäugte ihr Zwergpudel Totsy Cardinal mit spontaner Abneigung und fing von Kopf bis Schwanz zu zittern an. Zwei Küchenstühle waren herübergeschafft worden, um die üppigen Hinterteile von Mr. und Mrs. Walcott, Nachbarn von gegenüber, unterzubringen. Sie saßen kerzengerade aufgerichtet wie ein Puppenpaar, jeder ein Taschenbuch auf den Bauch gestützt und eine Brille mit einer langen Kette daran auf der Nase.
    »Die ganze Gegend hier hat keinen Strom mehr«, sagte Mr. Walcott zu Cardinal, als er hereinkam.
    »Ich weiß. Der Highway ist pechschwarz. Nach dem Regen zu urteilen, wird sich daran vorerst nichts ändern.«
    »Wir haben so lange durchgehalten, wie wir konnten«, sagte Mrs. Walcott, um an ihren Mann gewandt hinzuzufügen: »Ich hab dir schon letztes Jahr gesagt, wir sollten einen Holzofen kaufen. Aber nein, du wusstest es ja besser.«
    »Ich hab nur gesagt, dass sie zu teuer sind. Du kannst nicht in ein und demselben Jahr in der Dom. Rep. Urlaub machen und einen Holzofen kaufen.«
    »Du hast was anderes gesagt. Du hast gesagt: ›Kann man drüber nachdenken. Aber wir sollten bis zum Schlussverkauf warten.‹ Und dann hast du dich natürlich nicht mehr darum gekümmert.«
    »Nur zu. Stempel mich zum Volltrottel. Von mir aus. Wenn du dich dann besser fühlst.«
    Cardinal knöpfte den Mantel auf, überlegte es sich aber. Das Wohnzimmer war heiß, doch im übrigen Haus herrschte dieselbe Temperatur wie draußen. »Sollten wir den nicht eine Weile offen halten?« Er zeigte auf die vordere Hälfte des Zimmers, wo Catherine an einer Wäscheleine einen Vorhang aufgehängt hatte, der die ausgebaute Veranda vom übrigen Wohnzimmer trennte. »Der lässt die Wärme nicht bis nach vorne durch.«
    »Geh mal gucken.«
    Cardinal bahnte sich einen Weg an den ausgestreckten Beinen von Mr. und Mrs. Walcott vorbei, ignorierte ein übertriebenes Knurren von Totsy und trat hinter den Vorhang.
    »Zufrieden?« Sein Vater blickte aus der Tiefe des Lazy-Boy-Sessels auf, der mit einem roten

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