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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Alibi.«
    Delorme hatte tatsächlich das Mann-zu-Mann-Training einmal wiederholen müssen, und selbst dann war sie nur gerade so durchgerutscht. Seitdem hatte sie eine Menge Zeit mit einem persönlichen Trainer zugebracht, doch sie war nicht scharf darauf, es mit einem wütenden Mountie aufzunehmen. Sie überlegte, ob sie die Pistole ziehen sollte. Tut der Kerl nur so, oder rastet der wirklich aus?
    »Corporal Simmons«, sagte sie, »ein einfaches Ja oder Nein genügt. Wissen Sie, wo Winter Cates im Moment ist?«
    Simmons kam einen Schritt näher.
    »Beantworten Sie einfach nur die Frage. Die Macho-Theatralik können Sie sich schenken.«
    »Vielleicht bin ich ein besonders emotionaler Mensch«, sagte Simmons. Seine Stimme war jetzt sehr ruhig. »Ein leidenschaftlicher Mensch.«
    »Vielleicht auch ein gewalttätiger Mensch«, sagte Delorme. »Vielleicht jemand, der Totschlag begeht.«
    Simmons warf ihr einen wütenden Blick zu, dann schüttelte er den Kopf. »Sie wissen gar nichts von mir«, sagte er. »Und ehrlich gesagt bin ich empört, dass Sie einem Kollegen im Zweifel nicht glauben.«
    Er ging zur Tür und hielt sie offen. »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wo Winter sein könnte. Die Antwort mag Ihnen nicht schmecken, Detective, aber es ist trotzdem die Wahrheit. Wenn sich wirklich herausstellt, dass sie verschwunden ist, dann werde ich mir viel größere Sorgen machen als Sie. Und wenn Sie noch mehr Fragen haben, werdenSie damit warten müssen, bis ich mir einen Anwalt genommen habe.«
    »Corporal, wir haben Ihre Nachrichten auf Winters Anrufbeantworter, wir haben eine einseitige Liebesaffaire, wir haben Ihr explosives Temperament, und wir haben Ihr unbestätigtes Alibi. Falls Dr. Cates nicht sehr schnell wieder auftaucht, werden Sie mit Sicherheit einen Anwalt brauchen.«
    Simmons öffnete die Tür noch weiter.
    Delorme machte eine Kopfbewegung in Richtung des umgestürzten Tischs. »Hier sollten Sie vielleicht auch gleich noch renovieren.«
    Melissa Gale hatte recht gehabt, dachte sie, als sie wieder im Wagen saß: Der Typ ist ein Schauspieler. Ich bin ja so taff. So leidenschaftlich . Komm runter, Mann.
    Als sie Richtung Highway zurückfuhr – vorbei an grünen Wäldern, regenverhangenen Bergen –, meldeten sich Zweifel. Wenn Simmons nun wirklich ein Berserker war? Würde das etwas an der Situation ändern? Wenn er nur so tat, dann versteckte er dahinter offensichtlich sein schlechtes Gewissen. Wenn er nicht nur so tat, dann wäre er durchaus fähig – nun ja, sie hoffte, dass es am Ende doch kein Mord war.

12
     
    D elorme erzählte Cardinal am nächsten Morgen von der vermissten Ärztin. Sie saßen im Büro und tranken Kaffee von Tim Hortons.
    »Sie kann noch nicht lange weg sein«, sagte Cardinal, »ich hab sie noch am Montag gesehen.«
    »Sie kennen Winter Cates?«, sagte Delorme. »Ich wünschte, Sie hätten mir das gestern gesagt.«
    »Sie haben nicht gefragt«, sagte Cardinal. »Ich hoffe, ihr ist nichts passiert.«
    »Es sieht leider nicht gut aus. Sie ist seit fast sechsunddreißig Stunden weg, und ihr Wagen steht noch zu Hause.«
    Cardinal rief sich die effiziente Art der jungen Frau ins Gedächtnis, wie sie mit seinem Vater umgegangen war, streng, aber freundlich. Er erinnerte sich an die dunklen Augen, das mühsam gebändigte Haar. »Ich bin ihr nur das eine Mal, am Montag, begegnet«, sagte er, »als sie meinen Dad behandelt hat. Aber da war ein Kerl in ihrer Praxis – ein junger Mann mit blondem Haar, der offenbar Streit mit ihr hatte.«
    »Craig Simmons. Mit dem habe ich mich schon unterhalten. Er ist ein Ex-Freund und außerdem ein Mountie.«
    Cardinal schnippte mit den Fingern. »Ach, daher kam er mir bekannt vor. Er arbeitet für Musgrave, oder? Und wie lautet seine Geschichte?«
    »Sagen wir so, wenn Cates nicht wieder auftaucht, werde ich noch einmal mit Corporal Simmons reden. Dieser Kerl ist ein Schaumschläger ohne Alibi.«
    Delorme stellte ihren Kaffee ab, ging zu Chouinards Büro hinüber und klopfte an.
    Bei Cardinal klingelte das Telefon. Er nahm den Hörer ab, und die Stimme am anderen Ende wischte alle Gedanken an die vermisste Ärztin beiseite.
    Die wenigsten Menschen können genau sagen, was ihr schlimmster Fehler im Leben war. Es war fast dreizehn Jahre her, sein letztes Jahr beim Drogendezernat in Toronto. Das Dezernat hatte im Haus eines der drei führenden Drogendealer von Ontario, eines gewalttätigen Schweins namens Rick Bouchard, eine Razzia durchgeführt.

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