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Blutiges Eis

Blutiges Eis

Titel: Blutiges Eis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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Namen.
    Die Polizei von Montreal braucht aber nicht lange, um den rauszubekommen. Das Auto war gemietet, aber sie können es zu einem gewissen Robert Sauvé beim Combined Anti-Terrorist Squad zurückverfolgen. Erinnern Sie sich, wie die Mounties von der Keable-Kommission zusammengestaucht wurden? Wir hatten eine Scheune niedergebrannt, die von der FLQ für Treffen benutzt wurde, und René Lévesques Büros nach Verteilern gefilzt, um sie anschließend auch noch zu verwanzen. Böse, böse Jungs, sagte die Keable-Kommission.«
    »Ja, ich kann mich erinnern«, sagte Cardinal. »Das ging monatelang jeden Abend durch die Nachrichten.«
    »Corporal Robert Sauvé war der Grund dafür, dass es überhaupt dazu kam. Wäre er nicht gewesen, wären die Mounties bis heute für die nationale Sicherheit zuständig. Der CSIS wäre nie erfunden worden. Wochenlang sagt Sauvé kein Sterbenswörtchen. Die Cops in Montreal hängen ihm eine Klage nach der anderen an, doch der Kerl kooperiert noch immer nicht.
    Dem Richter passte seine Haltung ganz und gar nicht. Sauvé wurde in allen Punkten für schuldig befunden und bekam zwölf Jahre aufgebrummt. Zwölf Jahre dafür, dass er sich selber in die Luft gesprengt und ein paar Fensterscheiben zerbrochen hat. Und plötzlich findet Sauvé seine Stimme wieder.
    »›Zwölf Jahre‹, sagt er, ›und außer mir ist niemand verletzt worden. Ich hab weitaus Schlimmeres gemacht, als ich noch im Anti-Terror-Kommando war. Weitaus Schlimmeres.‹ Und das brachte den Stein ins Rollen. Das Ergebnis der endlosenUntersuchungen und Kommissionen war die Gründung des CSIS. Eine Menge gute Leute verloren damals ihren Job. Unter anderem Alan Musgrave.«
    »Musgraves Vater?«, fragte Delorme.
    »Alan bekam einen Tritt in den Hintern. Hat seinem Alkoholproblem nicht unbedingt gut getan, und ein halbes Jahr später hat er sich umgebracht. Hat mir in der Seele wehgetan, die Geschichte.«
    »Jesses Maria«, sagte Cardinal. »Kein Wunder, dass Musgrave so schlecht auf den CSIS zu sprechen ist.«
    »Es gibt ne Menge gute Gründe, auf den CSIS sauer zu sein, aber das ist ein ziemlich triftiger.«
    »Eins verstehe ich immer noch nicht«, sagte Cardinal. »Wieso wollte Sauvé den Typ von der Supermarktkette in die Luft jagen?«
    »Nichts Genaues weiß man nicht, denn der Mistkerl hat nie kooperiert. Sie gehen davon aus, dass es ein freiberuflicher Auftrag von der Mafia war. Die Cotronis kontrollierten eine konkurrierende Lebensmittelkette, und sie wollten ihrer Botschaft Nachdruck verleihen. Sauvé war der Laufbursche.«
    »Ziemlich drastischer Berufswechsel«, sagte Delorme. »Wie kommt man dazu, von der RCMP zur Mafia zu gehen?«
    »Da müssen Sie Sauvé fragen.«
     
    Cardinal überlegte, ob sich Sauvés Verbindung zur Mafia am Ende als eine Verbindung zu Leon Petrucci erweisen könnte. Irgendwie konnte er sich nicht recht vorstellen, wie ein kleiner Ganove, der vor allem dafür bekannt war, die Getränkeautomaten von Algonquin Bay zu kontrollieren, plötzlich die Ermordung eines Amerikaners und einer Ärztin anordnen sollte. Dennoch nahm er sich vor, die Sache nicht aus den Augen zu verlieren.
    Er bog vom Highway ab und fuhr auf einer Nebenstraße meilenweit an ärmlichen Farmen vorbei. Dann wies ein verbeultesSchild nach Seguinville, was, wie sich herausstellte, keineswegs eine Stadt war, sondern eine Kreuzung. Ein leichter Nieselregen fiel auf die brachliegenden Äcker. Sauvés Wohnsitz lag noch einmal zwei Meilen die holprige und kaum geräumte Straße weiter, die im Zickzackkurs nach Norden führte.
    Das Haus selbst lag fast gänzlich hinter Gestrüpp und ein paar Birken versteckt. Von der Straße aus schien es ein zweistöckiger Bau zu sein, doch als er in die heruntergekommene Einfahrt bog, erkannte Cardinal, dass das Obergeschoss zur Hälfte eingestürzt war. Im Sommer sah es vermutlich noch schlimmer aus; der Winter hatte die weggebrochenen Ecken mit kleinen Schneehügeln zugedeckt.
    Ein ziemlich ramponierter Pick-up parkte vor dem Scheunengerippe, dessen letzte noch stehende Wand aus einem verrosteten Schild bestand, das für Laurentide-Bier warb. Dahinter hing ein Boot prekär an einer Winde, Bug und Brücke gleichfalls von Schnee gerundet. Es war nicht die Art von Boot, die man gewöhnlich in einer Einfahrt oder einem Garten vermutete, kein Vergnügungsboot. Es war ein Schlepper, mindestens siebzig Jahre alt und dennoch himmelwärts aufgerichtet, als kämpfe er gegen die Wellen eines unsichtbaren Flusses

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