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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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verborgener Riegel an der Rückseite des Schranks schnappte auf, die Rückwand schwang auf die Seite und Socks trat in das eigentliche Geschäftszimmer von Joey Clines Pfandhaus.
    Die Waffen hier waren sauber, modern und großkalibrig. Die besten von ihnen waren clean – also von keinem Polizisten zu verfolgen, angefangen von der Stadtpolizei bis hinauf zum FBI. Neben einem Schaukasten voller glänzender Waffen stand ein kugelsicherer Vitrinentisch, dessen kostbarer Inhalt Tiffany’s zum Ruhm gereicht hätte. Schon so mancher Mann mit zweifelhafter Vergangenheit hatte entdecken müssen, wie wenig Geld geraubter Schmuck bei Joey Cline einbrachte. Allerdings bezahlte Joey bar auf die Hand und behielt alles, was in diesem Raum vor sich ging, für sich; nicht mal seiner Frau erzählte er irgendetwas.
    Angetan mit einem dunklen, ölverschmierten Jeanshemd und ebensolchen Hosen, tauchte Joey hinter einer Werkbank auf, die mit verschiedenen Schmiermitteln, Lappen und mit Werkzeug bedeckt war, das Büchsenmacher verwendeten. Joeys große Liebe galt dem Verbessern von Waffen, bis sie so gut geölt und willig waren wie eine liebestolle Frau.
    »Hey, Cesar, hast dich lange nicht mehr blicken lassen«, sagte Joey, schob seine Kopflupe hoch auf die Stirn und grinste so breit, dass sich große Falten auf beiden Seiten seines buschigen Schnurrbarts bildeten. »Hast du was für mich?«
    Socks zuckte zusammen. Er hasste seinen Taufnamen. Alle riefen ihn bei seinem Spitznamen, außer denen, die ihn schon seit Urzeiten kannten. Zu denen gehörte auch Joey. Er und sein Vater und sein Großvater hatten über Jahrzehnte für Socks’ Familie Hehlerei betrieben. Und sie ebenso lange übers Ohr gehauen, aber so war das eben in diesem Teil der Stadt. Wer keine Gelegenheit hatte, Fremde zu bestehlen, musste eben Freunde bestehlen. Und wenn es hart auf hart kam, bestahl man auch Verwandte.
    »Ja, ich hab da was«, sagte Socks. »Wenn du mir ein gutes Angebot machst, trag ich es nicht zu Shapiro rüber.«
    Joey zuckte mit den Achseln und wischte seine Hände an einem alten Lappen ab, der so schwarz war wie seine Haare. »Ich geb dir so viel, wie ich irgend kann, um selber noch ein bisschen was dran zu verdienen. Das weißt du.«
    »Mm.« Socks wusste jedenfalls, dass Joey ihm so wenig zahlte wie irgend möglich. Das war nicht persönlich zu nehmen. So war das Geschäft eben.
    Aber Joey wusste ebenfalls, wie der Hase lief. Dämliche Gauner wie Socks brachten den größten Teil des Gewinns seines Pfandhausgeschäfts. Aber diese Strolche kamen immer wieder, weil sie dann doch schlau genug waren, um nicht im Knast landen zu wollen. Joey hatte noch keinen verpfiffen. Na ja, vielleicht einmal oder zweimal, aber nur, um nicht selbst ins Gefängnis zu müssen. Das war nicht persönlich zu nehmen. So war das Geschäft eben.
    Socks warf seinen Rucksack ab und griff hinein. Das Erste, was er herausholte, war eins der Figürchen. Es sah aus wie ein Bock mit einem hübschen Geweih. Die Verzierungen auf dem Körper waren so winzig, dass Socks ganz schwindlig wurde, wenn er versuchte, daraus schlau zu werden. Also schaute er gar nicht mehr so genau hin.
    Er hielt das Figürchen etwa dreißig Zentmeter über Joeys ölverschmierter Handfläche und ließ es dann los. »Was hältst du davon?«
    Joey grunzte vor Überraschung, als das Figürchen schwer in seine Hand plumpste. Er wusste sofort, dass es sich entweder um Blei oder um Gold handelte. Nichts anderes war bei so geringer Größe so schwer und fühlte sich bei der Berührung so sanft an. Sein Herz schlug schneller. Er zog die Kopflupe vor die Augen und drehte das Figürchen in den Händen, um irgendein Anzeichen dafür zu finden, dass es bloß vergoldet war.
    Auch unter der Lupe waren die eingravierten Muster so fein, dass er das Gefühl hatte, als ob seine Augen sich beim Versuch, sie genau zu betrachten, zu schielen anfingen.
    Er wiederholte seine genaue Untersuchung. Ganz langsam. Es war, wie wenn er einen dieser fraktalen Bildschirmschoner betrachtete, die sein Neffe so liebte, mit einem Muster, das sich in immer kleinerer und noch kleinerer Form wiederholte, aber nie zu Ende ging und niemals still stand und doch immer dasselbe Muster blieb. Das auch keinen Beginn hatte. Nur …
    Joey schluckte und schloss die Augen, damit das Gewimmel im Kopf aufhörte. Dieses Figürchen war schlicht und einfach Hexerei. Aber es gab keine Anzeichen für eine Goldauflage, wo man an abgegriffenen Stellen einen Kern

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