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Blutiges Gold

Blutiges Gold

Titel: Blutiges Gold Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Lowell
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geblieben sein, um dahin zu gelangen, wohin sie im Leben wollte.
    Sie wusste zwar nicht genau, wie dieses Ziel aussah, aber dass es nicht hier war, das war ihr verdammt klar.
    Miranda Seton trug einen zerschlissenen Kittel im Leopardenlook mit Trikothosen darunter und Ballerinaschuhen an den Füßen, mit denen sie sehr geschickt von Zimmer zu Zimmer huschte – immer gerade dorthin, wo Cherelle nicht war. Stück für Stück, jedes Mal ein bisschen, hatte sie zwei Dinge erledigt, seit die Männer das Haus verlassen hatten. Zuerst brachte sie das Wohnzimmer wieder in Ordnung. Außerdem nahm sie so viele Schlückchen aus einer Teekanne voller Wodka, bis ihr die Welt wieder in dem vertrauten Nebeldunst erschien.
    Doch unglücklicherweise gab es für Tims Mutter in ganz Las Vegas nicht genügend Wodka, um das Zusammensein mit der grimmigen, hartgesottenen Freundin ihres Sohnes irgendwie erträglich zu machen. Also blieb Miranda nur, sich möglichst unsichtbar zu machen. Lebenslange Übung half ihr dabei.
    Aber es machte sie stinkwütend, wenn sie sah, wie Cherelle ihre Sachen um sich herum verstreute wie eine Prinzessin, die es gewohnt war, dass sie bedient wurde. Autoschlüssel, Lippenstift, ein Kamm, ein Schal, Schuhe, Wimperntusche, zerknüllte Papiertaschentücher, die sie als Servietten benutzt hatte, und Gott weiß was sonst noch alles. Es war ein Wunder, das die blöde Hexe jemals etwas wiederfand, ohne dass jemand hinter ihr herlief, der die Sachen für sie aufhob.
    Als sie wieder in die Küche auswich, nahm Miranda einen kräftigen Schluck direkt aus der Tülle der Teekanne. Als sie die wie ein Küken geformte Kanne wieder absetzte, entdeckte sie auf dem Küchentisch direkt hinter der Stelle, wo die Teekanne üblicherweise ihr »Nest« hatte, einen weiteren Teil von Cherelles verstreutem Leben. Wieder ein Knäuel Papiertücher, als hätte Cherelle in ihrer großen neuen Rucksacktasche irgendetwas gesucht und beim Durchwühlen das unnütze Zeug einfach nach links und rechts geworfen, um rasch an den Grund der weichen Ledertasche zu gelangen. Dann lag da noch eine Plastikkarte, die aussah, als wäre sie ein elektronischer Schlüssel.
    Miranda, ermutigt von dem ihre Blutbahn durchströmenden Wodka, packte die Plastikkarte und die Tücher und eilte in Richtung Wohnzimmer. Beinahe wäre sie in Cherelle hineingerannt, als sich das Mädchen mit katzengleicher Geschwindigkeit umdrehte. Miranda erschrak, sie war an ein Leben gewöhnt, das gemächlich und verträumt voranschritt.
    »Was?« Cherelles bissige Frage klang eher wie ein Befehl.
    »Mir reicht’s jetzt, dir immer dein Zeug hinterherzutragen!« Miranda streckte ihr die Sachen hin. »Das da hab ich in der Küche gefunden.«
    Ein Schlag von Cherelles Hand ließ die zerknüllten Tücher und die elektronisch codierte Plastikkarte über die Sofalehne fliegen. Die Papierknäuel blieben zwischen Wand und Lehne hängen, die Karte fiel durch den Spalt auf den Boden.
    »Das war ziemlich blöd von dir«, brummte Miranda. »Wie kommst du jetzt in dein schickes Hotelzimmer? Hier bleibst du verdammt noch mal auf gar keinen Fall über Nacht.«
    »Ich komm dahin wie immer: durch den Personaleingang beim Parkplatz Ost, dann nach links, in den Mitarbeiterlift, vierzehnter Stock, dann rechts und dann den Gang runter die sechste Tür rechts.«
    Der beißend ironische Ton von Cherelles Stimme schnitt sich tief in Mirandas Hirn ein. Gerade wie die andere Stimme, die vielen Beleidigungen, die nicht einmal der Wodka mildern konnte, die sie von Tims Vater gehört hatte und die immer dasselbe besagten: wie völlig nutzlos sie war. Jetzt war noch etwas dazugekommen, weitere Echos ihrer eigenen Nutzlosigkeit, die in ihrem Hirn steckten.
    »Ach, wie schlau wir doch sind«, sagte Miranda mit falscher Bewunderung. »Zu dumm, dass du ohne die Karte da gar nicht reinkommst.«
    Bevor Cherelle ihr sagen konnte, wohin sie sich die Karte schieben sollte, die ihr offenbar so am Herzen lag, hörten beide Frauen das blubbernde, furzende Auspuffgeräusch von Socks lila Auto, das vor dem Haus am Rinnstein anhielt. Wie eins rannten beide Frauen zur Eingangstür. Da Cherelle größer und schneller war, erreichte sie die Tür zuerst und riss sie auf.
    Socks krabbelte aus seinem tiefergelegten Auto und kam breitbeinig den Weg zu dem Häuschen herauf.
    Von Tim keine Spur.
    »Das Küken versteckt sich wahrscheinlich hinter dem Vordersitz«, murmelte Cherelle vor sich hin.
    »Was?«, fragte Miranda.
    Cherelle

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