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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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entdeckte ich eine E-Mail von einer Wohltätigkeitsorganisation namens London Conservation Trust. Da sie mir inmitten der Modeboutiquen, Schnellrestaurants und Kinoprogramme, die Megans sonstigen Posteingang ausmachten, ein wenig merkwürdig erschien, klickte ich sie an. Es öffnete sich ein schlicht gehaltener Newsletter, aus dem hervorging, dass sich der LCT mit Stadtentwicklung und deren Folgen für die Wildtiere in Londons Parks befasste. Man dankte Megan für ihre Spende von zehn Pfund und sicherte ihr zu, das Geld dafür einzusetzen, dass die Fauna durch das stetige Wachsen der Stadt keinen Schaden nähme.

    Plötzlich klingelte mein Telefon.
    »David Raker.«
    »David, ich bin’s, Spike.«
    Spike war ein russischer Hacker, der in einer winzigen Wohnung in Camden Town hauste. Ich kannte ihn noch aus meinen Tagen bei der Zeitung. Damals hatte ich ihm häufig zu Aufträgen verholfen. Er konnte einem jede Adresse, jede Telefonnummer, jeden Kreditkartenauszug, ja, sogar Kontendaten besorgen — im Grunde genommen alles, was man wollte. Je riskanter der Einsatz war, desto teurer wurde es. Aber damals — als nur die Story zählte — hatte er mir zu einem großen Durchbruch verholfen. Ich war ihm erst ein Mal persönlich begegnet: Er war entsetzlich mager und so blass, als käme er nur selten mit Tageslicht in Berührung. Wahrscheinlich hatte das etwas damit zu tun, dass sein Studentenvisum seit fünf Jahren abgelaufen war, weshalb er sich nicht vor die Tür wagte.
    Ich hatte ihn am frühen Abend vor meinem Aufbruch ins Restaurant angerufen und ihn gebeten, mir die Einzelverbindungsnachweise von Megans Mobiltelefon für die letzten drei Monate vor und sechs Monate nach ihrem Verschwinden zu beschaffen.
    »Spike, danke für den Rückruf.«
    »Null Problem. Sorry, dass es schon so spät ist.« Ich hörte, dass er eine Tastatur bearbeitete. »Ich habe hier alles, was du brauchst. Das sind ziemlich viele Anrufe.«
    »Wie viele?«
    »Zweihundertvierundsiebzig plus vierhundertzweiundneunzig SMS.«
    »Das verspricht ein lustiger Abend zu Hause zu werden. Irgendwelche Eingänge nach dem dritten April dieses Jahres?«
    »Äh …« Er hielt inne. »Nein, nix. Wie das?«

    »Genau das will ich ja rausfinden.« Ich verließ Megans E-Mail-Konto und loggte mich in meines ein. »Besteht vielleicht die Möglichkeit, dass du mir die Infos mailst? Kannst du sie in eine PDF- oder JPEG-Datei verwandeln?«
    »Klar, ich mache eine PDF daraus. In ein paar Minuten hast du sie.«
    »Nett von dir, danke.«
    »Hast du meine neuen Übergabedaten?«
    Aus offensichtlichen Gründen nahm Spike nur Bares. Er hatte einen Spind in einem Fitnessstudio unweit seiner Wohnung und gab seinen Kunden den Zugangscode, den er jeden Tag änderte. Der Spind war seine Bank.
    »Hab ich. Kann sein, dass ich dich gleich noch mal brauche.«
    »Ja, kein Problem. Du weißt ja, dass ich keine festen Bürozeiten habe.«
    Ich legte auf. Als ich meinen Benutzernamen und mein Passwort für mein Yahoo-Konto eingetippt hatte, warteten E-Mail und PDF bereits auf mich. Ich klickte die PDF an und öffnete sie. Dreißig Einträge pro Seite. Fünfundzwanzigeinhalb Seiten.
    Ich ging in die Küche und schaltete die Kaffeemaschine ein.
     
    Zwei Stunden später, um kurz vor zwei Uhr morgens, hatte ich die Anruferliste auf achtzehn Nummern eingegrenzt. Einige erkannte ich auf Anhieb: Megans Festnetznummer, die Mobilfunknummern ihrer Eltern und einige andere aus ihrem Buch des Lebens. Den Rest hatte ich noch nie zuvor gesehen.
    Ich rief noch einmal Spike an. »Ich maile dir jetzt eine Liste von achtzehn Telefonnummern«, sagte ich, als er sich meldete. »Kannst du so viel wie möglich über jede rauskriegen?«
    »Logo.«
    »Ich brauche jeweils einen Namen und eine Adresse. Falls
du sonst noch was findest, kannst du es dazupacken. Ist im Preis inbegriffen.«
    »Das wird aber ein Weilchen dauern.«
    »Kein Problem. Tu einfach dein Möglichstes und gib mir Bescheid, wenn du so weit bist. Ich bin morgen« — ich schaute auf die Uhr — »heute immer wieder mal unterwegs. Also ruf mich mobil an, okay?«
    »Wird gemacht.«
    Ich legte auf und betrachtete noch einmal Megans Gesicht auf dem Bildschirm. Noch nie zuvor war ich an der Suche nach einem Vermissten gescheitert. Offenbar hatte ich ein Händchen dafür, eine Art Magnetismus, der mich zu ihnen hinzog, auch wenn nur noch eine Leiche übrig war. Ich musterte Megans Züge und hoffte wie bei jedem Fall, dass sie zu denen gehörte,

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