Blutiges Schweigen
auf meinen Block. Dann kreiste ich einen Bereich in der Mitte ein, der mir sofort aufgefallen war: 125126127 und 132133134. Einhundertfünfundzwanzig bis einhundertsiebenundzwanzig und einhundertzweiunddreißig bis einhundertvierunddreißig.
Es waren alles Sequenzen.
Ich kehrte zum Anfang zurück und ging nach derselben Logik vor. Wenn es sich bei der Liste um eine lange, schrittweise ansteigende Serie von Zahlen handelte, wurde aus fünfzig plötzlich achtzehn: 2 11 12 30 36 66 85 99 100 125 126 127 132 133 134 142 144 148. Allerdings schummelte ich, weil am Ende noch 03206 stand und ich nicht wusste, wie das hineinpasste. Selbst wenn ich jede Zahl separat betrachtete oder sie zu Paaren anordnete, ergab sich kein erkennbares Muster.
Ich klinkte mich wieder in Megans Posteingang ein und las noch einmal den Newsletter.
Die Nachricht enthielt keine Zahlen und auch sonst nichts, was einen Zusammenhang zwischen Sequenz und Webseite herstellte. Auch nicht den winzigsten Hinweis darauf, dass die Zahlen eine Bedeutung hatten. Warum stehen sie dann da? Auf der Suche nach einer Inspiration ließ ich den Blick durchs Büro schweifen. Meine Augen streiften die Bilder an den Wänden, Fotos, die Titelseiten mit Artikeln von mir und Berichte, die ich verfasst hatte. Was übersiehst du? Da mir Benutzername und Passwort fehlten, würde ich Spike um Hilfe bitten müssen, damit er für mich die Sicherheitssperre überwand. Und das würde Zeit kosten. Stunden, die ich müßig herumsitzen würde. Vergeudete Tage.
Wieder betrachtete ich die Zahlen auf dem Block, dann die E-Mail in Megans Posteingang und zu guter Letzt wieder die Zahlenkolonne. Warum, verdammt noch mal …
Und da fiel es mir wie Schuppen von den Augen.
Ich kopierte die Mail und fügte sie in ein Word-Dokument ein. Danach ging ich den Text noch einmal durch. Die erste Zahl in der Sequenz war eine Zwei. Also verwandelte ich das zweite Wort in der Mail in Großbuchstaben und stellte es fett. Die zweite Zahl war eine Elf. Ich wiederholte die Prozedur beim elften Wort. Anschließend mit dem zwölften, dreißigsten, sechsunddreißigsten, sechsundsechzigsten und so weiter.
Zwei Minuten später hatte sich alles geändert.
26
Ich beugte mich zum Bildschirm vor und las die Mail Zeile für Zeile. Die fettgedruckten Wörter erwachten plötzlich zum Leben. Vor drei Minuten war der Text noch der Newsletter einer Wohltätigkeitsorganisation gewesen.
Nun war er der Grund für Megans Verschwinden.
Liebe MEGAN ,
vielen Dank für Ihre Spende von 10 Pfund. WIR WOLLEN die Parks in dieser Stadt schützen und etwas bewirken. Wir wollen eine Welt, in der die Tiere DIE FREIHEIT genießen, und sie tatsächlich ERLEBEN !
Derzeit sind wir in zehn verschiedenen Projekten engagiert, und jedes Pfund, das Sie uns zukommen lassen, hilft uns, die Parks und Grünflächen in unserer Hauptstadt zu bewahren und den KONTAKT zwischen Flora, Fauna und Mensch zu ermöglichen.
Um an vorderster Front schon AM MONTAG dabei zu sein, schließen Sie sich unserer Demonstration vor dem Parlament an, wo wir die Minister überzeugen wollen. Weitere Details stehen auf unserer WEBSEITE , wo Sie auch Ihre
E-MAIL-ADRESSE ANGEBEN können, um unseren Newsletter zu erhalten und jeden TAG neue INFORMATIONEN direkt in Ihrem POSTEINGANG vorzufinden!
Mit freundlichen Grüßen
G. A. James
Ich bekam ein flaues Gefühl. Megan hatte am kommenden Montag die Freiheit erleben wollen ? Sie hatte Anweisung, sich die Webseite anzusehen und ihre E-Mail-Adresse anzugeben?
Ich klickte noch einmal die Webseite von LCT und dort SPENDEN an und gab Megans volle E-Mail-Adresse als Benutzernamen ein. Tag? Welcher Tag? Das heutige Datum? Das Datum, an dem die Mail verschickt worden war? Das Datum ihres Verschwindens? Ich versuchte es mit allen dreien. Jedes Mal erschauderte das Eingabefenster und schloss sich. Kein Tag war richtig.
Du fischst im Trüben .
Der Tag. Der Tag. Der Tag . Ich ließ die letzten Wochen Revue passieren und versuchte, mich an etwas zu erinnern, das mir vielleicht einen Hinweis geben konnte: Megan, ihre Eltern, ihre Schule, ihre Freunde, der Jugendclub, Charlie Bryant, der Mann im Tiko’s, seine Ähnlichkeit mit Sykes … und dann fiel der Groschen.
Sykes.
Die letzten fünf Zahlen der Kolonne. 03206. Bis jetzt hatte ich nicht verstanden, wie sie ins Bild passten. Doch nun wusste ich es.
03 2 06: 3. Februar 1906.
Ich blätterte einige Seiten auf meinem Block zurück, bis ich bei meinen
Weitere Kostenlose Bücher