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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Verbrechensbekämpfung war. Denn sobald die V-Leute herausfanden, dass ihre vertraulichen Informationen irgendwo festgehalten wurden oder nachzulesen waren, trockneten die Quellen schlagartig aus. Deshalb nannte der Großteil der Detectives nur die Namen der zwei oder drei Informanten, die sie ohnehin nie einsetzten, und verschwiegen ihre besten Leute. Und Radar gehörte zu den Besten.
    »Machst du viel für die?«
    »Ja, ziemlich«, erwiderte er schulterzuckend. »Muss sein. Entweder das, oder die blauen Jungs kreuzen bei mir auf und legen mich in Ketten. Und ich hab keine Lust auf eine flotte Nummer in Pentonville.«
    »Echt nicht?«
    Er verzog das Gesicht. »Willst du damit sagen, dass ich schwul bin?«
    Ich lachte und versuchte, das Ganze scherzhaft zu betrachten. Obwohl Ray noch nie jemanden umgebracht hatte, hielt er sich an einen strengen Ehrenkodex, als wäre er der gefährlichste Profikiller der Welt. Und wie bei den meisten Gangstern war dieser Ehrenkodex ziemlich verdreht. Keine Frauen. Keine Kinder. Alles, was mit Drogen zu tun hatte, war
in Ordnung, solange die Ware nicht in den Händen von Jugendlichen unter sechzehn Jahren landete. Pistolen waren out, Messer in. Und Witze darüber, er könnte absichtlich in der Dusche die Seife fallen lassen, waren absolut tabu, da Homosexualität gegen die göttlichen Gebote verstieß.
    »Ich brauche deine Hilfe.«
    Er nickte und machte einen Schritt auf mich zu.
    »Ich bin ein Importeur und versuche, unauffällig Chemikalien ins Land zu schmuggeln. Nichts, womit man eine Stadt plattmachen könnte, aber so giftig, dass es in Großbritannien schwierig aufzutreiben ist.«
    »Von welcher Chemikalie reden wir?«
    »Formaldehyd.«
    »Was für ein Mist soll das denn sein?«
    »Damit schmieren sie dich ein, wenn du tot bist.«
    »Also für Leichen und so?«
    »Richtig.«
    »Da klingelt bei mir nichts.«
    »Wahrscheinlich wurde es in flüssiger Form eingeführt. Unter dem Namen Formalin.«
    Kurz hörte Ray auf zu zappeln. Er starrte mich an. Im nächsten Moment fing er wieder an, machte aber keine Anstalten, mir zu antworten.
    »Was ist, Ray?«
    Wieder eine dramatische Pause. »Da gibt es so einen Typen, der ein Haus in Beckton in der Nähe des Flughafens hat. Er ist aus dem Norden. Manchester. Oder aus dieser Gegend.«
    »Und wovon lebt er?«
    »Importiert alle mögliche Scheiße. Neunundneunzig Prozent ist legal. Er betreibt in seinem Haus eine offizielle Firma. Ich glaube, er beliefert Restaurants. Es sind Lebensmittel dabei, aber hauptsächlich sind es Teller, gravierte Schüsseln und solcher Mist.«

    »Und was ist mit dem restlichen Prozent?«
    »Soweit ich weiß, hat er ein paar gute Beziehungen. Er ist so was wie ein Vermittler. Man sagt ihm, was man braucht, und er führt es mit den Schüsseln und den Tellern ein.«
    »Ich warte noch immer auf die Pointe.«
    Er verdrehte die Augen. »Hörst du mir überhaupt richtig zu? Schließlich drückt mir der Typ nicht jede Woche eine bescheuerte Bestandsliste in die Hand. Ich bin nicht persönlich mit ihm befreundet. Aber wenn Chemikalien in der Stadt geschmuggelt wurden, kannst du deinen Arsch drauf verwetten, dass er dahintersteckt.«
    Ich erwiderte nichts. Er blickte mich an. Seine Miene wirkte ehrlich, kein Muskelzucken, kein offensichtlicher Hinweis darauf, dass er mir etwas verheimlichte.
    »Okay«, sagte ich. »Wie heißt denn die Firma?«
    »Drayton Imports.«
    »Ist das auch der Name des Typen?«
    »Ja, Derrick Drayton.«
    Ich nahm einen Stift aus der Tasche und notierte mir den Namen auf dem Handrücken. »Und wer hat ihn beauftragt?«
    »Keine Ahnung.«
    Seufzend sah ich ihn an. »Hör auf, mir Scheiße zu erzählen, Ray.«
    »Mach ich doch gar nicht.«
    »Ich glaube dir kein Wort.«
    »Ich rede keinen Quatsch.«
    »Ich glaube dir nicht«, wiederholte ich.
    Diesmal waren da ein kurzes Zögern und das Zucken im Gesicht, auf das ich gewartet hatte. Er wusste etwas.
    »Ray?«
    Wieder eine Pause. »Okay, ich sollte dir das jetzt nicht sagen.«
    »Was?«

    »Die Polizei hat mich vor ein paar Monaten dieselbe Scheiße gefragt.«
    »Moment mal. Die Polizei?«
    »Ja.«
    »Und was genau haben die gefragt?«
    »Ob ich ihnen was über diesen Drayton erzählen kann.«
    »Haben sie dir einen Grund genannt?«
    »Nein.«
    »Was dann?«
    »Gar nichts. Sie wollten nur wissen, ob ich etwas über diesen Drayton gehört hätte, der Inhaber des Ladens ist. Nachdem ich ihnen alles erklärt hatte, hieß es, ich sollte die Klappe halten,

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