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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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diesem Zusammenhang geahnt habe.«
    Ihre Stimme war mein einziger Anhaltspunkt. Die winzigen Schwankungen, die Betonung der Wörter. Entweder sagte sie die Wahrheit, oder sie war eine begnadete Lügnerin.
    »Ich versuche, wieder auf die Beine zu kommen«, fuhr sie fort. »Deshalb war ich bei der Gruppe. Obwohl es jetzt fast ein Jahr her ist, wird es einfach nicht besser. Ich dachte, die Gruppe könnte mir helfen.«
    »Wusstest du, dass ich Mitglied der Gruppe bin?«
    »Nein.«
    »Hattest du je von mir gehört?«
    »Wirklich nicht.«
    Ich schwieg einen Moment. »Okay.«
    »Das ist die Wahrheit. Ehrenwort.«
    »Ich glaube dir«, erwiderte ich, obwohl ich nicht sicher war, ob ich das wirklich so meinte. Selbst wenn es die Wahrheit war, stimmte irgendetwas nicht. »Ich musste auf Nummer sicher gehen.«
    »Ich verstehe.«
    Nun klang sie, als ob sie log. Ich hatte sie mit meiner Andeutung, sie könnte sich mit Hintergedanken oder heimlichen Absichten an die Gruppe gewandt haben, gekränkt.
    Als wir uns verabschiedeten, hörte sich ihre Stimme leise und abweisend an. Ich wandte mich wieder der Akte zu und blätterte zum Anfang zurück. Diesmal studierte ich sie gründlich: jeden Eintrag, jedes Detail. Aber auch nach zwölf Seiten erbrachte die zweite Lektüre kein neues Ergebnis. Keine Zusammenhänge. Nicht mit Menschen, nicht mit Ereignissen. Und vor allem nicht mit dem Mädchen, das ich finden wollte.
    Und dann, auf Seite dreizehn, machte ich eine Entdeckung.
    Auf der Mitte der Seite hatte ein Kriminaltechniker einige graue Haare vermerkt. DNA-Tests hatten ergeben, dass sie von keiner der am Tatort anwesenden Personen stammten  – weil es sich nicht um Menschenhaare handelte. Es waren Hundehaare.
    Von einem Windhund.

    Niemand konnte sich erinnern, einen Hund am Tatort gesehen zu haben. Und da das Lagerhaus stets abgeschlossen wurde, hatten sich sicherlich keine Streuner dort eingenistet. Und das bedeutete, dass jemand die Hundehaare eingeschleppt hatte. Die Polizei hatte vermutlich angenommen, dass sie aus einem Wohnzimmer oder aus einer Küche stammten. Doch ich wusste sofort, dass kein Haus im Spiel war.
    Es waren Haare aus dem Todeswald.

35
    Als ich in meine Straße einbog, bemerkte ich sofort, dass da etwas faul war. Die Nachbarn standen im strömenden Regen auf der Straße und starrten auf mein Haus. Blaulicht tauchte die Gebäude in einen unwirklichen Schein und spiegelte sich in den Fensterscheiben. Absperrband flatterte im Wind. Gleich hinter dem Absperrband stand ein Polizist. Er beobachtete, wie ich näher kam, und musterte mich argwöhnisch, als frage er sich, wer ich sei und was ich hier wollen könnte. Als ich weiterfuhr, verriet seine Miene, dass er mir gleich die Anweisung zum Umkehren geben würde. Dann jedoch erhaschte er einen Blick auf mein Gesicht, und Erkennen blitzte in seinen Augen auf. Er sah sich um. Vor dem Haus standen ein Transporter der Spurensicherung und drei weitere Autos. Zwei davon waren Streifenwagen. Der eine, ein Volvo, war ein Zivilfahrzeug, hatte jedoch ein blinkendes Blaulicht auf dem Armaturenbrett. Als ich vor dem Absperrband stoppte, rief der Polizist etwas, und zwei Männer erschienen in meiner Auffahrt.
    Phillips und Davidson.
    Ich stieg aus. »Was, zum Teufel, ist hier los?«
    Niemand antwortete. Phillips marschierte voraus. Sein langer
schwarzer Mantel wehte wie ein Umhang hinter ihm her. Davidson folgte, einen Kaffeebecher in der Hand und den Anflug eines Lächelns auf den Lippen.
    »David«, sagte Phillips.
    Zwischen uns spannte sich das Absperrband. Phillips schaute zurück zum Haus. Ein Kriminaltechniker kam gerade heraus. Er hatte eine Aufbewahrungsbox in der Hand. Es war eine von denen, die ich in den Schränken im Gästezimmer gestapelt hatte. Sie waren voll mit Derryns Sachen, die ich noch nicht aussortiert hatte. Der Karton steckte in einem Asservatenbeutel.
    »Wo will er damit hin?«
    Phillips antwortete nicht. Davidson zuckte die Schultern.
    Ich sah Phillips finster an. »Alles da drin gehörte meiner Frau.«
    »Beruhigen Sie sich, David«, entgegnete er.
    »Ich soll mich beruhigen?«
    » Beruhigen Sie sich.«
    »Ich will diesen Karton sofort zurück.«
    » Hören Sie«, sagte Phillips. Sein Blick wanderte zu der Menschenmenge am Ende der Straße. Automatisch drehte ich mich zu Liz’ Haus um. Es war dunkel. Niemand da. Ich wollte nicht, dass sie Zeugin dieser Szene wurde. »Beruhigen Sie sich einfach«, wiederholte er, »bevor Sie sich noch weiter

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