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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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Hintergrundmusik von vorhin abgeschaltet. Es war auch kein Tastaturgeklapper zu hören. Keine Scherze. Spike war voll konzentriert.
    Er kam sofort auf den Punkt. »Du hattest recht. Das Symbol, das wie ein Pi aussieht, ist die Zahl achtzig. Und der Rest …« Er hielt inne. »Hast du einen Stift zur Hand?«
    »Ja, schieß los.«

    »Die Lichtverhältnisse sind miserabel, aber soweit ich es feststellen kann …« Wieder verstummte er, und ich hörte Bewegungen und dann einige Mausklicks. »Okay, die Überschrift und noch eine Zeile darunter. Die untere … Mann, ich weiß nicht mal, wie man das ausspricht.« Weitere Mausklicks. »K-A-R-Z-I-N-O…«
    »Karzinogen?«
    »Ja, könnte sein. Was heißt das?«
    »Dass man davon Krebs kriegt.«
    »Scheiße«, sagte Spike leise.
    Ich musterte das Foto. Spike hatte den einfachsten und klarsten Teil übersetzt. Doch die erste Zeile war schwieriger zu entziffern.
    »Hast du eine Ahnung, was der Rest bedeutet?«
    »Schwer festzustellen. Vielleicht ein Firmenname. Sieht wie ein F aus. Dann vielleicht ein O. Ein R. Ein M. Beim fünften und sechsten Buchstaben bin ich nicht sicher. Der siebte ist ganz bestimmt ein I.«
    Ich notierte es. F-O-R-M-?-?-I.
    »David?«
    Ich legte den Stift neben den Block und lehnte mich zurück.
    »David?«
    »Das ist kein Firmenname«, stellte ich fest.
    »Nein?«
    »Sondern der einer Chemikalie.«
    »Form…«
    »Formalin.«
    »Was ist das?«
    »Flüssiges Formaldehyd.«
    Spike schwieg einen Moment. »Das benützt man doch zum Einbalsamieren, richtig?«
    »Richtig.« Ich kreiste das Wort einige Male ein. »Und zur Konservierung von Leichenteilen.«

32
    Um halb zehn fuhr ich auf der Whitechapel Road in Richtung Mile End. Die Heizung lief auf Hochtouren. Bei Adrian Carlisle in Seven Sisters war ich bereits gewesen. Er war nicht zu Hause. Als ich seine Festnetz- und seine Mobilfunknummer anrief, ging niemand ran. Eine Stunde lang hatte ich vor seinem Haus, einem dreistöckigen Reihenmittelhaus, wo er die oberste Etage bewohnte, gewartet. Doch es fehlte jede Spur von ihm. Inzwischen in Mile End angekommen, konnte ich die Sandsteinmauern und das bleigraue Dach des Hauses erkennen, in dem Daniel Markham lebte.
    Es war der erste von sechs identischen, fünfstöckigen Wohnblocks, die alle parallel zueinander standen und nach Westen zeigten, sodass die Mieter mit einer Wohnung auf der östlichen Seite des Gebäudes ihr Leben ohne Sonne fristen mussten. Einer sicherlich ironischen Stimmung folgend, waren die Häuser nach verschiedenen Rosensorten benannt. Markham wohnte in Haus Alba, Erdgeschoss. Die Eingangstür aus Glas war beschlagen. Zwei mit Mänteln und Schals vermummte Frauen standen da und unterhielten sich. Ich parkte und ging auf sie zu.
    Etwa drei Meter von der Tür entfernt fiel bei mir endlich der Groschen.
    Die Tür.
    Das war der Wohnblock von Megans Foto. Sie hatte an derselben Stelle gestanden wie die Frauen jetzt, in die Kamera ihres Begleiters geschaut und gelächelt. Markham . War er der Mann, mit dem sie sich getroffen hatte? Der Mann, von dem sie schwanger geworden war? Ihr Entführer? Rasch trat ich durch die Flurtüren in einen engen, schmalen Korridor und steuerte auf Wohnung Nummer acht zu.

    Ich klopfte zweimal an. Überall auf dem Flur waren gedämpfte Fernsehgeräusche zu hören. Gelächter. Babygeschrei. Doch in Markhams Wohnung blieb alles still.
    »Daniel?«
    Keine Antwort.
    »Daniel, mein Name ist David Raker.«
    Nichts.
    Ich machte einen Schritt vorwärts. In der Tür gab es keinen Spion. Ich legte das Ohr an die Tür und lauschte. Nach einigen Sekunden hörte ich etwas.
    »Daniel, ich muss mit Ihnen reden.«
    Als ich das Ohr weiter an die Tür presste, war da wieder ein Geräusch. Dasselbe: ein Knarzen, vielleicht auch ein Klicken. Als es noch einmal ertönte, klang es eindeutig eher wie ein Klicken.
    »Daniel?«
    Ich spitzte weiter die Ohren und versuchte, die Geräusche voneinander zu trennen. Da war ein stetes Surren, möglicherweise ein Kühlschrank. Einige Hintergrundgeräusche, die von außerhalb der Wohnung kamen. Und dazu war da dieses Klicken, nur dass diesmal ein leises Surren vorausging.
    »Daniel?«
    Klick .
    In der Ferne gellten Polizeisirenen. Ich trat zurück und wartete, bis sie näher kamen und die anderen Geräusche im Gebäude übertönten. Dann machte ich noch einen Schritt rückwärts  – und trat mit dem Fuß gegen die Tür.
    Sie schwang mit einem Knacken auf, prallte gegen die Wand und schwang wieder

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