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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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und diese hatten sie an mich
weitergegeben. Doch falls sich dort etwas finden ließe, das im Zusammenhang mit den Ermittlungen sachdienlich war, hätte die Polizei die Daten sicher nicht herausgerückt. Nicht einmal an ihre Eltern. Allerdings war es — ebenso wie die Telefonunterlagen — etwas, das auf einer Liste abgehakt werden musste.
    In der Mitte des Buches stieß ich auf einen Namen, den ich erkannte. Kaitlin. Carver hatte ihn gestern beim Mittagessen erwähnt. Sie war das Mädchen, mit dem Megan sich vor dem Biologiekurs hatte treffen wollen. Nur, dass sie nie zu der Verabredung erschienen war. Kaitlins Name war mit einem großen Herz eingerahmt. Ebenso ein dritter Name — Lindsey Watson. Ich schrieb mir die Namen und Telefonnummern der beiden auf.
    Als ich gerade fertig war, erschien eine Kellnerin mit einem Gesichtsausdruck wie eine Gewitterfront und knallte wortlos den Teller vor mich hin. Nachdem sie fort war, biss ich in mein Sandwich und sah mir im Fernseher, der in einer Ecke des Diner stand, die Nachrichten an. Eine Kamerafahrt die Themse entlang. Es sah aus wie der London City Airport.
    »… wurde wegen Unterkühlung in die Notaufnahme eingeliefert. Ihr Zustand wurde ursprünglich als kritisch eingestuft, doch inzwischen geht es ihr besser, sodass das Krankenhauspersonal gegenüber Sky News verlauten ließ, sie könne morgen wieder entlassen werden. Die Polizei hat noch keine Informationen über die Frau herausgegeben, doch informierten Kreisen zufolge ist sie zwischen fünfundvierzig und fünfzig Jahre alt. Weitere Meldungen. Ein Farmer in …«
    Ich verspeiste mein Sandwich und blätterte dabei das Buch noch einmal von vorn bis hinten durch. Es waren sehr viele Namen. Schätzungsweise dreißig. Nur sechs davon waren von Männern. Ich fügte die Jungen zu meiner Liste hinzu, bezahlte und machte mich auf den Weg zu Megans Schule.

     
    Die Newcross-Oberschule war ein riesiges viktorianisches Gebäude aus rotem Backstein und stand auf halbem Weg zwischen Tufnell Park und Holloway Road. Ich ließ das Auto draußen stehen und steuerte auf den Eingang zu. Drinnen war alles menschenleer. Als ich an einigen Klassenzimmern vorbeikam, stellte ich fest, dass der Unterricht bereits begonnen hatte. Die Schüler wirkten nur mäßig interessiert. Das Sekretariat befand sich am Ende eines langen Flurs, der an einer Glasfront endete. Durch die Scheibe waren die Fußballplätze der Schule zu erkennen. Die Innenausstattung schickte mich auf eine Zeitreise ins Jahr 1974. Einige Schiebefenster aus dünnem Glas, aufgesetzt auf einen künstlichen Granitblock, schotteten drei Sekretärinnen gegen die Außenwelt ab. Sie saßen alle an Schreibtischen aus Teakholz. Die ausgeblichenen Stühle hatten das Grün von OP-Anzügen.
    Ich klopfte an die Scheibe. Die drei Frauen machten einen ziemlich gefährlichen Eindruck. Zwei zeigten mir die kalte Schulter, während die dritte in meine Richtung schaute und offenbar zu dem Schluss kam, dass ich es zumindest wert war, sich meinetwegen zu erheben. Sie schob das Fenster auf und warf einen Blick auf den Block in meinen Händen. Ihre Augen wanderten — so wie die von Carver gestern — über meine Fingernägel. Was niemand zu sehen bekam, waren die anderen, weitaus schlimmeren Narben, die ich mir bei demselben Fall zugezogen hatte. Inzwischen waren fast zehn Monate vergangen. Ich war zwar vollständig genesen, spürte an manchen Tagen jedoch trotzdem die Stellen, wo ich geschlagen und gefoltert worden war. Meinen Rücken. Meine Hände. Meine Füße. Vielleicht würde der dumpfe Schmerz immer bleiben, ein Relikt, das mich daran erinnerte, wie knapp ich dem Tod entronnen war. Damit ich auch sicher darauf achtete, dass sich so etwas nicht wiederholte.
    Ich holte eine Visitenkarte heraus und legte sie vor die Frau
auf die Theke. »Mein Name ist David Raker. Ich arbeite für die Eltern von Megan Carver.«
    Der Name zeigte sofort Wirkung. Die beiden anderen Frauen hinter ihr blickten auf.
    »Was meinen Sie mit arbeiten ?«
    »Dass ich versuche herauszufinden, wo sie abgeblieben ist.«
    Die drei nickten im Gleichtakt. Nun hatte ich ihre Aufmerksamkeit.
    »Ist der Direktor da?«
    »Haben Sie einen Termin?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Sie machte zwar ein finsteres Gesicht, doch dass ich wegen Megan hier war, schien sie umzustimmen. Sie fuhr mit dem Finger einen Terminkalender entlang.
    »Nehmen Sie Platz, während ich ihn anpiepse.«
    Mit einem dankbaren Lächeln setzte ich

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