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Blutiges Schweigen

Blutiges Schweigen

Titel: Blutiges Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Weaver
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trat von einem Fuß auf den anderen und sah wieder zwischen dem Türspalt und mir hin und her. »Ich rufe Sie an. Wir müssen uns an einem sichereren Ort treffen.«

    »Das ist doch Schwachsinn, Healy. Wir hatten eine Abmachung.«
    Er machte die Tür auf und hielt inne.
    Und dann ging er.
     
    Etwa fünfzig Minuten später wartete ich auf der Vortreppe des Reviers auf ein Taxi. Kaitlin hatte mich nicht enttäuscht und ausgesagt, Megan habe sich im Jugendclub mit einem Mann angefreundet, aber mehr wisse sie auch nicht. Ich war auf Kaution und ohne Anklage entlassen worden. Genau genommen hätte es besser »vor der Anklage« heißen müssen, denn wenn die Kriminaltechnik alles untersucht hatte und die Polizei den Hinweisen im Jugendclub nachgegangen war, würde man sich wieder mit mir befassen. Healy hatte recht: Ich hatte nur ein paar Tage Zeit, um der Wahrheit auf den Grund zu kommen. Ansonsten würden sie mein ganzes Leben auseinandernehmen und mir die Hölle heißmachen.
    Ich rief Liz an. Sie saß auf der Schnellstraße etwa fünfzehn Kilometer entfernt von London fest. Als sie das Gespräch annahm, klang sie überrascht und verwirrt.
    »Ich bin entlassen worden«, verkündete ich.
    Sie hielt inne. »Wie das?«
    »Auf Kaution.«
    »Ja, aber warum?«
    »Wenn du zurück bist und ich einiges erledigt habe, lade ich dich auf einen Drink ein«, sagte ich zu ihr. »Und dann werde ich nichts auslassen.«
    Wieder antwortete sie nicht, doch ich spürte selbst durchs Telefon eine Veränderung. Sie hatte meinen letzten Satz ganz richtig gedeutet: als Geständnis. Ich hatte bei früherer Gelegenheit gelogen, ihr die Unwahrheit gesagt und ihr die Wahrheit verheimlicht. Und dennoch hatte sie mir zur Seite gestanden und mich gegen die Hüter des Gesetzes verteidigt, wohl
wissend, dass es in meinem Leben Dinge und Entscheidungen gab, die vielleicht immer im Verborgenen bleiben würden.
    Nun jedoch teilte ich ihr mit, dass ich daran arbeiten würde.
    Ich signalisierte ihr, dass Schluss mit den Heimlichkeiten war. Und möglicherweise auch, dass ich beim nächsten Mal keinen Rückzieher machen würde. Ich würde keine Zweifel mehr haben, sondern ihre Hand nehmen und über den Rand der Klippe treten.
    Ohne zurückzuschauen.

40
    Eine Stunde, nachdem ich zu Hause verhaftet worden war, hatte sich ein anderes Team mein Büro vorgenommen. Als ich aufschloss und eintrat, erkannte ich Schlamm auf dem Teppich und feuchte Fußabdrücke, wo die Detectives vor Aktenschränken gestanden und meine Schreibtischschubladen durchwühlt hatten. Meinen Computer hatten sie auch nicht abgeschaltet. Der Bildschirmschoner  – ein blauer Würfel  – hüpfte auf dem Monitor hin und her. Ich ging herum und versuchte herauszufinden, ob etwas mitgenommen worden war, doch nichts fehlte.
    Ich gab Wasser und Kaffeepulver in das Filtrierkännchen und setzte mich auf den Schreibtischstuhl. Während der Kaffee durch den Filter blubberte, dachte ich an die bei mir zu Hause gefundenen Gegenstände, an das Verhör und daran, dass Healy mich über den Tisch gezogen hatte.
    Ich hatte ihm Markham geliefert  – er mir gar nichts.
    So hatten wir nicht gewettet.
    Gleich nach Verlassen des Reviers hatte ich Spike angerufen und ihn gebeten, mir Healys Privatadresse und seine Mobilfunknummer
zu beschaffen. Eigentlich fand ich es nicht weiter wichtig, ob Healy mir nun half oder nicht. Es spielte keine Rolle. Doch er war mir noch etwas schuldig.
    Ich zog die Tastatur näher heran und rief Google auf. Megan war am dritten April verschwunden. Ich gab das Datum in das Suchfeld ein und betätigte die Return-Taste. Mehr als 1,7 Milliarden Treffer. Lexika, Blogs, Newsletter, Presseerklärungen, Facebook-Nachrichten, Flickr-Alben. Ich sah mir eine Seite nach der anderen an und suchte nach etwas, das auch nur entfernt mit dem Fall zusammenhing. Aber abgesehen von den Nachrichtenmeldungen im Anschluss an ihr Verschwinden fand ich nichts. Also blätterte ich zurück zur ersten Seite und klickte eine Webseite an, die sämtliche wichtigen historischen Ereignisse vom dritten April auflistete  – Geburten, Todesfälle und alles, was dazwischenlag. Ich hoffte, dass mir etwas ins Auge stechen würde, hoffte auf eine Erleuchtung. Doch das Ergebnis war dasselbe wie zuvor: nichts.
    Mein Blick wanderte vom Bildschirm zu den Papieren auf meinem Schreibtisch. Ausdrucke der Texte von der Webseite des London Conservation Trust, die ich gemacht hatte, um rasch etwas nachsehen zu können.

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